15. Der Tag danach

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Als ich am nächsten Tag aufwachte, lag ich in dem Hotelbett. Die Stelle auf der Chrollo gelegen hatte, war noch warm, aber von Chrollo war nichts zu sehen.
Nach unserem „Date" auf dem Dach waren wir rein gegangen und Arm in Arm eingeschlafen. Da war es schon ziemlich spät gewesen... Ich musste also lange geschlafen haben. Es musste schon Mittag sein. Nach und nach bewegte ich mich aus dem Bett, als ich einen Zettel auf dem Nachttisch bemerkte. War der von Chrollo? Gedankenverloren laß ich die gekritzelten Worte:

Ich bin in der Stadt. Muss noch ein paar Sachen erledigen. Wir sehen uns später.
Chrollo

Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen. Chrollo... Das was ich gestern zu ihm gesagt hatte, war nicht gelogen gewesen. Aber irgendetwas in mir bereitete mir ein schlechtes Gewissen.
Schließlich legte ich den Zettel wieder auf den Nachtisch und schlenderte in das kleine Hotelbadezimmer. Ich wusch mir das Gesicht und sah meinem Spiegelbild über dem Waschbecken dann tief in die Augen.

Komisch... Meine Wunden, die ich an dem Abend des Massakers davon getragen hatte, taten gar nicht mehr weh... Das hatten Machi und Hisoka echt gut hinbekommen. Hisoka... Ich würde ihn echt gerne wieder sehen... War das falsch? Fühlte ich mich deshalb so schlecht? Ich seufzte und ließ meinen Kopf sinken. Hatte ich etwa Gefühle für diesen Clown entwickelt?
Ich zwang mich diesen Gedanken schnell aus meinem Kopf zu streichen. Darüber wollte ich mir jetzt keine Gedanken machen.

♤ ♤ ♤

Ich wurde von dem Klicken des Türschlosses geweckt. War ich wieder eingeschlafen? Verschlafen sah ich Chrollo an, der mit einem Beutel in der Hand im Türrahmen stand.
„Guten Morgen", sagte ich und streckte mich.
Chrollo lachte, während er die Tür hinter sich schloss.
„Es ist 17:50 Uhr", antwortete er.
„Ach so". Ich erhob mich von dem Bett und ging zu Chrollo. Er stellte den Beutel ab und zog mich in eine warme Umarmung. Ich legte meine Arme um seinen Rücken und schloss für einen Moment die Augen.
„Ich hab dich vermisst", hauchte er in mein Haar.
Ich brummte als Antwort nur kurz. Ich wollte jetzt nicht groß reden. Vor Allem, weil ich schon wieder an Hisoka denken musste. Gott...
Schließlich lösten wir uns voneinander und Chrollo hob den Beutel wieder hoch und hielt ihn mir hin.
„Hier. Ich hab dir ein Kleid für den Ball gekauft. Wir müssen dann langsam los".
Stimmt ja... Das hatte ich ganz vergessen. Ich schaute mir den Inhalt des Beutels an. Es war ein rotes Kleid, dass mir ungefähr bis zu den Knien gehen würde. Der Stoff fühlte sich ziemlich teuer an aber Chrollo schaute mich so an, als wäre es keine große Sache.
„Äh..." Ich war ein bisschen überfordert. Mir hatte noch nie jemand etwas geschenkt und ich wusste nicht genau wie ich reagieren sollte.
„Danke", sagte ich ein bisschen zurückhaltend. „Weißt du, ich bekomme nicht so viele Geschenke. Deswegen... äh... also..."
„Kein Problem", sagte Chrollo, ein bisschen belustigt über meine Überforderung.

♤ ♤ ♤

Hand in Hand gingen wir schließlich aus dem Hotel. Chrollo in einem Anzug, ich in dem Kleid. Der Ort, an dem der Ball statt finden würde, war wohl nicht weit von hier. Deshalb brauchten wir kein Taxi. Allerdings wäre es vielleicht besser gewesen, hätten wir eins genommen...
Schon nach ein paar Minuten spürte ich Gefahr. Chrollo schien auch ein komisches Gefühl zu haben. Kaum merklich ging er schneller und seine Hand spannte sich an.
„Wir werden verfolgt", flüsterte ich ihm zu.
„Ja, ich weiß. Das können wir jetzt echt nicht gebrauchen".

Augenblicklich wechselte er die Richtung und zog mich in eine kleine, dunkle Gasse hinein. Wir liefen schneller. Doch plötzlich tauchten vor uns zwei große Gestalten auf.
„Das ist ja wirklich Chrollo Lucilfer", sagte einer der Männer.
Ich wollte umdrehen, aber hinter uns tauchten zwei weitere Typen auf.
„Der Anführer der legendären Phantomtruppe? Wie ich hörte hat er sein Nen verloren". Die Typen lachten. Chrollo schwieg.
„Und er hat jemanden mitgebracht. Hallo, Kleine", sagte ein Anderer und schaute zu mir, mit einem widerlichen Grinsen. Ich biss die Zähne zusammen.
„Das gibt ein gutes Lösegeld, wenn wir den töten".

„Kommt ihm nicht zu nahe!", warnte ich sie.
Die Bastarde lachten nur. Chrollo sagte immer noch nichts. Was sollte ich tun?
Die Typen ließen mir nicht viel Zeit darüber nachzudenken. Einer von ihnen zog ein Messer, dann rannten sie auf Chrollo zu. Chrollo bewegte sich nicht. Was sollte ich nur tun?!
Sie kamen immer näher. Ich bekam Panik. Ich musste Chrollo doch beschützen!
Meine Augen wurden schwarz. Ich musste wohl oder übel mein Nen einsetzen. Wie in Zeitlupe richteten sich meine Hände auf die Angreifer. Im Dämonenzustand konnte ich mehrerer Angreifer gleichzeitig töten. Meine Hände verkrampfte sich... und drückte dann zu.

Diese Idioten klappten schreiend zusammen und dort wo einmal ein funktionierendes Herz gewesen war, quoll Blut.
Meine Nen-Fähigkeiten „heart breaker" hatte ihre Aufgabe erfüllt...
Meine Lippen bebten und ich starrte mit ausdrucksloser Miene auf die Leichen. Das war das erste Mal, dass ich jemanden aufgrund von persönlichen Gefühlen getötet hatte und nicht wegen Geld. Das durfte nicht nochmal passieren. Ich durfte das Töten nicht mit meinen eigenen Gefühlen verbinden. Das fühlte sich falsch an.

Bevor ich die Leichen noch länger anstarren konnte, packte Chrollo meinen Arm und zog mich hinter sich her. Erst nach ein paar weiteren Gassen, stoppte er und schaute mich lächelnd an.
„Das hast du gut gemacht, Erenu", sagte er glücklich. Mit seinem Ärmel wischte er etwas aus meinem Gesicht.
„Da ist ein bisschen Blut". Ich schwieg. Meine Gedanken rasten. Ich hatte vier Leben für das eines einzelnen geopfert ohne lange zu zögern.
Aber...Chrollo hatte viel für mich getan. Es war nur fair, dass ich ihn gerettet hatte. Doch wäre es nötig gewesen, sie alle umzubringen?
Chrollo zog mich an sich.
„Shh. Du zitterst ja", sagte er mit beruhigender Stimme. „Alles ist gut. Du und ich... wir leben. Das ist die Hauptsache".
In diesem Moment wurde mir klar, das Chrollo, möge er auch charismatisch und höflich sein, ein ziemlicher Egoist war. Er sah andere Menschen wohl nicht als gleichwertig an, sondern benutzte sie nur als Werkzeuge für seine großen Pläne.

Das war die erste Erkenntnis die ich an diesem Abend hatte...

———
Das Kapitel war eine schwere Geburt und ich bin immer noch nicht wirklich zufrieden, weil irgendwie find ich's schon cringe, aber naja...
Das nächste Kapitel wird besser. Da passiert auch mehr und es wird auch bisschen traurig, aber das seht ihr ja dann selbst.
Ciao ihr Süßen.
Wir sehen uns beim nächsten Kapitel. ❤️

𝒑𝒐𝒌𝒆𝒓 𝒈𝒂𝒎𝒆 | chrollo x oc x hisokaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt