Chrollo führte mich eine Weile durch die endlos scheinenden Gänge bis wir, nachdem ich eine Treppe hoch humpelte, vor einer großen eisernen Tür standen. Chrollo lächelte mir kurz zu, bevor er sie öffnete.
Ich sah Licht hinter der Tür, Sonnenlicht. Als ich durch die Tür trat, wurde mir klar wohin er mich gebracht hatte: Wir befanden uns auf dem Dach des Gebäudes.
Mit einem Mal bekam ich Angst... Was war, wenn Chrollo mich nur hierhin gebracht hatte um mich vom Dach zu schubsen und es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen? Prüfend beobachtete ich ihn, doch er setzte sich einfach nur wortlos, auf die Dachschindeln. Als ich mich nicht rührte, klopfte er auf die Fläche neben sich und bedeutete mir damit mich zu setzen. Das tat ich dann auch und wir beobachteten einen Moment lang die untergehende Sonne. Ich musste ja echt lange geschlafen haben, wenn es schon der nächste Abend war.„Schön hier, nicht?", fragte Chrollo.
„Mhm". Ich nickte abwesend und genoss einfach den leichten Herbstwind, wie die Sonne mich blendete, die Kälte... Das alles waren Zeichen, dass ich noch am Leben war und das nur wegen Chrollo und Hisoka. Irgendwie komisch, dass ich gerade diesen Beiden mein Leben zu verdanken hatte...
„Die Wahrheit ist...", begann Chrollo. „Ich habe dich nicht einfach so am Leben gelassen".
Ich horchte auf. Wir schienen uns um das selbe Gedanken gemacht zu haben.„Erenu..." Er sagte meinen Namen als wären wir Freunde, als würden wir uns schon seit Ewigkeiten kennen.
„Du bist in Meteor City aufgewachsen. Genau wie ich".
Ich starrte ihn an.
„Das wurde mir klar als du gesagt hast, du wärst ein Niemand. Weil ich auch ein Niemand bin. Unsere Namen existieren in offiziellen Aufzeichnungen nicht. Diese Stadt und ihre Einwohner werden komplett aus der Geschichte und aus jeder Landkarte gestrichen". Er sah mir tief in die Augen. „Erenu, erinnerst du dich an mich?"♧ ♧ ♧
—-Flashback—-
3. April, vor acht Jahren
Meteor City
Gedankenverloren wanderte ich über die endlos scheinenden Müllberge. Meteor City war seit jeher eine Stadt gewesen, die ausschließlich für Müllablage genutzt wurde, und dafür Verbrecher zu verbannen und so ignorieren, damit sie kein Problem des Staates waren.
In Meteor City wohnten nur Verbrecher und deren Kinder. Warum ich hier war, wusste ich nicht. Ich hatte keine Eltern, keinen Nachnamen, nichts was auf eine Familie hindeutete.
„Hey, du da!" Ich schaute auf. Da stand ein Junge, ein bisschen älter als ich. Er hatte graue Augen und schwarzes Haar, das im Wind wehte. „Hilf mir mal. Da ist etwas, was ich brauche".
Ich rannte zu dem Jungen, der aufgeregt im Müll grub. Er schien etwas darunter zu suchen. Wortlos half ich ihm. Ich hatte ja sowieso nichts besseres zu tun.
Er lächelte und zog schließlich etwas unter dem Müll heraus. „Ha! Da ist es", freute er sich. Er hielt ein Buch in der Hand. Ein gewöhnliches schwarzes Notizbuch. Er wandte sich an mich. „Danke für's helfen".
„Kein Problem".
„Wie heißt du?" Ich stutzte. Noch nie hatte sich jemand für meinen Namen interessiert.
„Ist doch egal. Mein Name ist für niemanden wichtig. Sonst wäre ich ja nicht hier".
„Meinst du in Meteor City?", fragte der Junge. Ich nickte. „Weiß du, dass niemand deinen Namen weiß, hat auch Vorteile". Ich zog skeptisch eine Augenbraue hoch.
„Und welche?"
„Da dich niemand kennt, kannst du dir bestimmte Sachen erlauben, die sich andere Leute nicht erlauben können". Er schaute verträumt in den bewölkten Himmel.
„Weißt du, wenn ich groß bin, dann werde ich mich mit Leuten wie dir zusammen schließen und allen zeigen, wer wir sind, ohne das irgendjemand unsere Namen genau weiß. Wir werden nicht nach dem System gehen, sondern ganz und gar frei sein".
Ich schaute den Jungen bewundernd an. Seine Worte hatten mir tatsächlich etwas Mut gemacht.
„Wenn du so denkst, dann sag ich dir meinen Namen. Ich bin Erenu". Er lächelte.
„Ich bin Chrollo".♧ ♧ ♧
Wieso hatte ich das vergessen? Ich konnte mich kaum an meine Vergangenheit erinnern. Es fühlte sich an, wie ein weit entfernter Traum. Lag das an den Gehirnwäschen, die Illumi mit mir gemacht hatte? Oder hatte ich meine Vergangenheit aus irgendeinem Grund selbst versucht zu verdrängen?
„Ist alles okay?", fragte Chrollo nach einer Weile. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich angefangen hatte zu weinen, aber jetzt spürte ich wie mir eine Träne die Wange herunter lief. Ich wischte sie schnell weg.
„J-Ja", sagte ich mit zitternder Stimme. „Es ist nur... I-Ich kann mich kaum noch an meine Vergangenheit erinnern und immer wenn die Erinnerungen wieder hochkommen, fühlt es sich eher wie ein Albtraum an".Eine weitere Träne. Doch bevor ich sie verstecken konnte, nahm Chrollo mein Gesicht in seine Hände und wischte sie mit seinen Daumen weg. Dann zog er mich an sich und nahm mich in die Arme. Es war mir ein bisschen peinlich, aber gleichzeitig fühlte seine Umarmung sich warm und sicher an und so ließ ich es zu. Dass ich mich bei dem Anführer der Phantomtruppe mal so geborgen fühlen würde, hätte ich vor 3 Tagen noch nicht gedacht...
Ich schreckte auf, als Chrollos Handy klingelte, und löste damit die Umarmung auf. Chrollo warf mir einen entschuldigenden Blick zu, bevor er an's Telefon ging.
Ich hörte dem Telefonat nur mit halbem Ohr zu, aber anscheinend gab es gute Nachrichten für Chrollo, denn er wirkte mit jedem Wort, was der Typ am anderen Ende des Hörers sagte, mehr erfreut.
Ich wischte mir die letzten Tränen weg und atmete tief durch. Ich musste meinen kleinen emotionalen Ausbruch unter Kontrolle bekommen. Ich wollte schließlich auf keinen Fall vor den Anderen weinen, besonders nicht vor Hisoka...
Chrollo steckte das Telefon weg und strahlte mich an. „Wir wissen jetzt wo der Kettennutzer sich aufhält".♧ ♧ ♧
Chrollo und ich gingen wortlos die Gänge des Verstecks entlang, zurück zu dem Hauptraum.
Er mit erhobenem Kopf und einer zuversichtlichen Miene und ich mit gesenktem und nachdenklichen Blick. Der Kettentyp war mir ziemlich egal, aber ich bekam diese Flashbacks nicht mehr aus dem Kopf.
Als es nur noch ein paar Schritte bis zu den Anderen waren legte Chrollo mir die Hand auf meine Schulter und befahl mir damit stehen zu bleiben. „Erenu, bitte tu mir einen Gefallen". Fragend schaute ich ihn an. „Bitte halte dich von Hisoka fern. Als du geschlafen hast, ist etwas Seltsames passiert mit ihm".
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𝒑𝒐𝒌𝒆𝒓 𝒈𝒂𝒎𝒆 | chrollo x oc x hisoka
FanfictionErenu ist eine Auftragskillerin, die bis jetzt jeden Auftrag erfüllt hat. Doch sich mit der Phantom troupe, besonders mit deren Anführer Chrollo Lucilfer und einem Psychopathen namens Hisoka Morow anzulegen, war keine gute Idee gewesen... start: Sep...