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LOUIS

An schlafen war nicht zu denken, nicht solange ich keine Antwort von Abbie bekam. Ich rauchte eine Zigarette nach der anderen und lief rastlos durch die Wohnung.

Was, wenn Harry etwas passierte? Bei Gott, wenn er es nicht überlebte?

Erneut wählte ich Abbies Nummer und wieder kam ich sofort in die Sprachbox.

Erst um halb sechs Uhr morgens meldete sie sich.

„Louis, es ist so schrecklich.“ „Harry… Ist Harry… Ist er tot?“ „Nein, du Dummerchen, natürlich ist er nicht tot! Aber es geht ihm nicht gut, Eric hat ihm eine Waffe an den Kopf gehalten.“ „Und was ist mit Eric?“ „Der ist tot. Liam hat ihn erschossen.“ „Oh mein Gott!“ Liam hatte ein Menschenleben ausgelöscht, auch wenn es „nur“ Eric gewesen war, so nahm es Liam sicher mit. „Wo seid ihr jetzt?“ „Liam und ich sind gerade nach Hause gekommen. Mia ist bei Harry im Krankenhaus.“ „Okay.“, antwortete ich fast tonlos und Abbie fuhr fort: „Falls du ihn sehen willst…“ „Nein, nein, ist schon okay.“ „Louis, es geht ihm nicht gut.“ „Mir schon, deshalb ist es besser, wenn ich ihn nicht besuche.“ „Sei doch nicht so stur!“ „Bin ich nicht, wir sind schliesslich nicht mehr zusammen.“ „Eric hat sich erledigt, ihr könntet wieder zusammen kommen.“ „Nein, dafür ist zuviel passiert.“, beharrte ich.

Abbie gab es auf und ich ging schlafen. Aber lange hielt ich es im Bett nicht aus und fuhr schliesslich doch zum Krankenhaus. Dort lief ich gefühlte zwölftausend Mal vom Auto zum Eingang und wieder zurück, konnte mich aber nicht überwinden, hinein zu gehen.

Was, wenn er mich gar nicht sehen wollte? Eine Zurückweisung hätte ich nicht ertragen.

Als ich gerade mal wieder an meinem Wagen ankam, erreichte mich ein Anruf von Anne. „Louis, ich brauchte dich heute, Abbie und Mia fallen aus.“ „Okay, ich mache mich sofort auf den Weg.“ Das tat ich dann auch und war heute für die Bar und das Kellnern verantwortlich.

Das hielt mich auf Trab und ich kam nicht zum nachdenken. Nach dem Mittagsansturm kam Anne aus der Küche und setzte sich ein paar Minuten hin.

„Weisst du, Louis, ich mag dich wirklich gerne. Aber du tust Harry Unrecht. Er wollte das nicht tun, er hatte einfach Angst.“ „Trotzdem hätte er ehrlich zu mir sein können.“ „Es war ihm peinlich.“ „Wenn man jemanden liebt, dann gibt es nichts mehr, was einem peinlich sein sollte.“ „Ach Louis…“ „Er hat mich wirklich verletzt.“, sagte ich und Anne nickte. „Ich versteh dich ja, aber jetzt ist alles anders.“ „Nein, nicht für mich.“, antwortete ich und Tränen stiegen mir in die Augen. „Ich wünschte, ich könnte anders, aber es geht nicht.“ „Geht es nicht oder willst du nicht?“ „Es geht nicht.“, behauptete ich obwohl es anders war. Und das wusste sie auch, aber sie ließ es gut sein und ging wieder in die Küche.

Abends kamen Mia und Abbie und Liam zum Essen.

HARRY

Gottseidank durfte ich das Krankenhaus heute schon wieder verlassen, denn ich wollte einfach nur noch nachhause. Nachhause ... Ich hatte gar kein richtiges Zuhause. Ich hatte gar nichts.

Okay, das stimmte nicht, aber für mich war die Welt heute dunkel und negativ. Eric sterben zu sehen, hatte nicht dazu geführt, dass ich mich jetzt gut fühlte. Ich war erleichtert darüber, dass ich ihn endgültig los war, aber dafür hätte er nicht sterben müssen. Ich wäre damit zufrieden gewesen, wenn er ins Gefängnis gemusst hätte.

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