Wir ritten nun schon eine ganze Weile. Noch vor Morgengrauen waren wir aufgebrochen, laut Elrond bräuchten wir mindestens vier Tage, also war jede zurückgelegte Meile ein Segen. Elond hatte mir eine Elbenrüstung für heranwachsende Elben geschenkt, weil ich schlichtweg zu klein für die normale Elbenstatur war. Dazu ein goldenes Elbenschwert, das so leicht war, dass es sich wie eine Verlängerung meines Armes anfühlte.
Elrond erzählte mir auf dem Weg einiges über die Geschichte Mittelerdes und die hier lebenden Völker. Manche Geschichten waren interessanter, manche weniger interessant. Dazu lehrte er mich ein paar Wörter Elbisch.
,,Salve amica - sei gegrüßt, Freundin. Auch wenn die meisten Elben inzwischen vermehrt die gemeine Zunge sprechen, so begrüßen wir uns dennoch mit diesem elbischen Gruß!" ,,Ich verstehe, also salve amicus wenn ich Euch anspräche?" fragte ich neugierig. Er nickte begeistert. ,,Ihr seid gut Saphir, sehr gut."
Oh, ich war nicht nur gut darin, glaubt mir.
,,Dankeschön. Ich seid eben ein guter Lehrer" erwiderte ich nervös und wandte meinen Blick von ihm ab. Nun ritten wir eine Weile stumm nebenher. Ob Elrond merkte, wie er mir die Sprache raubte? Ich erinnerte mich an Sams Worte, Elrond sei streng katholisch. Was die bedeutete wusste ich nicht, ich traute mich auch nicht zu fragen. Was wenn dies bedeutete, dass er keusch lebte? Oder sein Leben für irgendetwas verschrieben hatte?
,,Vorsicht, Urukhai!" riss Elrond mich aus meinen Gedanken. Urukhai? War das auch wieder etwas elbisches? Nun erblickte ich was er meinte. Ein nicht allzu schöner Ork stand am Wegesrand und starrte und grimmig an. Elrond zog sein Schwert, worauf ich ihn vorwurfsvoll ansah. ,,Warum wollt Ihr ihn töten? Er hat Euch doch nichts getan! Elrond seid ihr etwa ein Rassist?" ,,Hic non credo. Urukhai sind gefährlich, er wird uns töten wenn wir es nicht zu erst tun!" ,,Er greift uns doch gar nicht an, vielleicht braucht er Hilfe?"
Beim genaueren Hinsehen sah er schon ein wenig traurig aus, insofern man das an seiner unschönen Fratze ablesen konnte. Irgendwie sah er aus wie ein seit Jahren Skoomaabhängiger Elf, der zur Hälfte ein Ork war. ,,Saphir, ich warne Euch, er wird euch sofort töten. Ihr kennt Euch hier nicht aus. Non te perdere volo." Zwar verstand ich sein Elbisch nicht, aber es klang sehr besorgt.
Dennoch zog ich die Zügel an und stieg vom Pferd. Ich erinnerte mich nicht an vieles, aber woran ich mich erinnern konnte, war, dass ich schon gegen schlimmere Wesen gekämpft hatte als diesen Urukhai. Vorsichtig näherte ich mich ihm, er bewegte sich keinen Schritt, weder auf mich zu noch von mir weg.
,,Entschuldigt mein Herr, kann ich Euch helfen? Ihr seht etwas verloren aus" sprach ich ihn an. Er grunzte und sagte: ,,Seid gegrüßt Ihr Maden. Ich bin ein wenig traurig, hab meine Arbeit verloren, aber das schon vor vier Jahren. Ich verkaufe Knöpfe, aber ohne meinen Chef läuft die Firma nicht mehr" entgegnete der Ork mit scharfer Zunge. ,,Was ist denn mit eurem Chef, hat er Euch entlassen?" tastete ich mich vorsichtig voran. Im Hintergund hörte ich Elrond etwas murmeln, vermutlich ein elbisches Gebet:,,Pater noster, qui est in caelis, sanctifecetur nomen tuum. Adveniat regnum tuum...." er hörte sich noch immer besorgt an. ,,Die elende Made fiel vor vier Jahren von einem Turm und wurde aufgespießt. Nun bin ich bald am Ende." ,,Ihr könntet mit uns nach Gondor kommen und dort Knöpfe verkaufen." Entgegnete ich und versuchte ihn so aufzumuntern. ,,Deo mihi. Es reicht, Saphir, lasst ihn ziehen, wir verlieren wertvolle Zeit." Ich drehte mich kurz zu Elrond um und nickte. Dann schaute ich wieder den Ork an. ,,Ich komme mit Euch Ihr Maden, ein Pferd brauche ich nicht, meine Ausdauer ist unbegrenzt. Ich würde etwas Gesellschaft gut gebrauchen können. Der große Elb mag mich nicht, aber ist mir egal, die Made." Letzteres flüsterte er mir zu. Elrond schlug sich mit der flachen Hand gegen den Kopf, bevor wir wieder auf unsere Pferde stiegen.
Nun reisten wir zu dritt weiter. Elrond war nun wortkarg und sprach fast ausschließlich elbisch. Ich verstand tatsächlich ein wenig, aber nur so viel, dass ich wusste, dass er erzürnt war. Ich wollte ihn nicht enttäuschen, der Ork tat mir schlichtweg leid.
Am Abend schlugen wir ein Lager auf einem kleinen Hügel auf. Der Urukhai grummelte vor sich hin und wollte auch nicht mit uns am Feuer sitzen, er konnte das ,,madige Elbenbrot" nicht ertragen. Er bot sich als Nachtwache an, als Elrond und ich uns in elbische Schlafsäcke einkuschelten. Ich spürte, dass Elrond ihm nicht vertraute. Doch mir wurden nach und nach die Augen schwerer, bis ich in das Reich der Träume sank.
Ich wachte von einem Lauten Geräusch auf. ,,Endlich wieder Elbenfleisch!" schrie der Ork aggressiv. Noch ehe ich mich erheben konnte, stürzte der Urukhai bewaffnet und mit glühenden Augen auf mich zu. Ich sah mich schon dem Tode überlassen. Er war nur wenige Zentimeter von mir entfernt, als plötzlich eine silberne Klinge direkt vor meinem Gesicht aufblitzte. ELROND. Die Klingen der beiden trafen sich und der Kampf begann. Besorgt und panisch stand ich auf und zog mein Schwert, das ich im Schlafsack versteckt hatte. Ich stürzte mich ebenfalls auf den Ork. Wieso hatte ich nicht auf Elrond gehört? Hoffentlich würde es keinem von uns jetzt übel ergehen wegen meiner Naivität. Ich trat dem Angreifer fest in den Bauch und versetzte ihm einen heftigen Stoß mit meiner Klinge, sodass er zu Boden fiel. In einem unaufmerksamen Moment zog er mich am Unterschenkel ebenfalls zu Boden. Elrond stieß dem Ork in die Seite, sodass ich mich schnell wieder erheben konnte. ,,Non uxorem futuram mihi interfecit, contemnus animalus!" rief Elrond und schnitt dem Ork den Kopf ab. Mit einem letzten Schlag brachte der Urukhai mich zu Fall.
Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Rücken, das Mistvieh hatte mir seine Schwertspitze reingebohrt. Fast landete ich auf der Erde, als Elrond mich blitzschnell auffing. Er blickte mir tief in die Augen. ,,D-danke" stammelte ich ,,Es tut mir so leid, dass ich nicht auf Euch gehört habe amicus. Ich werde es irgendwie wieder gut machen." Elrond lächelte sanft und entgegnete:,,Ihr habt ein gutes Herz. Ihr wolltet ihm helfen, trotz seiner abscheulichen Gestalt. Das ist sehr katholisch. Aber bitte, gehorcht- ich meine vertraut mir nächstes Mal einfach." Ich nickte, der Schmerz in meinem Rücken durchfuhr mich wieder und ich verzog mein Gesicht. Langsam wurde Elronds Gesicht immer unschärfer. ,,Saphir quid fit?!" hörte ich seine Stimme wie am Ende eines langen Tunnels rufen, dann umgab mich Dunkelheit.
Als ich wieder erwachte dämmerte es schon. Elrond war über mich gebeugt und sprach irgendwelche elbischen Verse während er beide Hände über mir hielt. Mein Rücken schmerzte kaum noch, höchstens wie nach einem Schlag von einem Trunkenbold aus der Taverne, wenn man ihm keinen Met mehr kaufen wollte.
,,Saphir. Deo gratiam ago. Vita habes!" sagte Elrond erleichtert. ,,Ich wusste doch, dass meine elbischen Heilkünste Euch zum Leben erquicken würden. Trotzdem habe ich mich gesorgt." Vorsichtig richtete ich mich auf. Elrond legte eine Hand auf meine Wange und sagte: ,,Ich bin so erfreut, dass Ihr lebt!" Elrond würde nun vielleicht dafür sorgen, dass ich an einem Herzstillstand starb.
Ich zitterte am ganzen Körper, die Spannung die zwischen uns war, hätte man mit einem Beil nicht zertrennen können. Er kam mir näher, ich hielt mich bereit. Plötzlich ließ er mich fallen und führte seine Hand schnell von seinem Kopf zur Brust und dann von Schulter zu Schulter. Ich hätte auf der Stelle losheulen können, tat es aber nicht, weil ich ihn nicht meine Enttäuschung spüren lassen wollte. ,,Wir müssen weiter" sagte er knapp ,,Noch hat der Heilige Geist Gondor nicht verlassen."
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Unmögliche Liebe?~Elrond~
FanfictionDer Ringkrieg ist seit einigen Jahren vorbei und das letzte Schiff der Elben wird Mittelerde verlassen. Doch als sie in See stechen wollen, wird plötzlich eine fremde junge Frau angespült. Die junge Waldelfe aus Himmelsrand leidet an starker Amnesie...