Teil 53

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Schnell sprang ich zur Seite und ließ das Pferd an mir vorbei galoppieren. Fast streifte es mich und ich fiel hinten über. Schmerzhaft landete ich mit dem Rücken auf dem harten Boden und die Luft entwich mir. Das Klappern der Hufe verhallte und ich kam langsam wieder zu Atem. Als ich genug Kraft aufbringen konnte stand ich auf und schleppte mich vornübergebeut zu der Stelle wo das Pferd zuletzt gestanden hatte. Ein Wimmern zeigte mir den Weg zu einer zierlichen Gestalt, die sich vor Schmerzen auf dem Boden krümmte. "Ganz....ruhig" keuchte ich. Das Wimmern wurde leiser und das Mädchen regte sich nicht mehr. "Ich werde...dir helfen." meine Atmung normalisierte sich allmählich. Ich gestattete mir eine kurze Verschnaufpause in der mein Atem wieder regelmäßig ging.

Auf Knien rutschte ich zum Kopf des Mädchens. Ihre blonden Haare lagen wild zerzaust um ihren Kopf und bedeckten Teile ihres Gesichtes. Sanft strich ich ihr die Haare aus dem Gesicht. "Ich bin Leika, wie heißt du?" "Ros" kam die leise Antwort "Hallo Ros, kannst du mir sagen wo es weh tut?" "Mein Fuß" Ich sah mir ihren Fuß an ohne ihn zu berühren. Tatsächlich, der Knöchel fing schon jetzt an anzuschwellen und die Haut darum war gerötet. "Ich fürchte dein Knöchel ist ordentlich verstaucht. Wenn wir Glück haben jedoch nicht gebrochen. Fehlt dir sonst noch was?" Das Mädchen hielt mir ihre Hände hin. Beide Handflächen waren blutig. Vermutlich hatten die Zügel ihre Haut aufgerissen, als sie vom Pferd gefallen war. "Die Hände bekommen wir schnell wieder hin." beruhigte ich sie.

Nun sah ich mich zum ersten Mal in der Umgebung um. Wir saßen mitten im hohen Gras eines wohl schon lange nicht mehr bestellten Feldes. Der Weg von dem ich gekommen war, war nicht mehr zu erkennen und durch das Chaos mit dem Pferd war ich mir auch nicht mehr so sicher, wo er war. Aber ich entdeckte eine Gruppe von Bäumen nicht sehr weit entfernt. Dieses bisschen Schutz war definitiv besser als mitten im Nirgendwo zu sitzen. "Am Besten wir gehen zu der Baumgruppe dort drüben. Können wir versuchen, ob du dich auf das heile Bein stellen kannst?" Ros nickte und ich griff ihr unter die Arme um ihr aufzuhelfen.

"Au!!" schrie sie mit einem Mal und ich hielt sofort in der bewegung inne. "Was ist los?" "Mein Rücken, der tut so weh." "Das wird vom Aufprall gekommen sein. Das ist bestimmt nur eine Prellung, die geht bald vorbei, aber jetzt musst du tapfer sein. Ich werde versuchen dich zu tragen, das wird aber lange dauern und deinen Rücken erschüttern. Meinst du du kannst das aushalten." Mit riesigen grünen Augen sah sie mich an, doch dann nickte sie einmal. Ich ging in die Knie, sie schlang einen Arm um meinen Hals und dann hob ich sie hoch. Sie war zwar zierlich und klein, jedoch traf das auch auf mich zu. Dennoch schaffte ich es sie einige Schritte zu tragen, dann setzte ich sie halb ab um zu verschnaufen und wiederholte die Prozedur. Nach drei Stopps waren wir bei der Baumgruppe angekommen. Vorsichtig setzte ich sie ab und half ihr sich mit dem Rücken und dem Fuß bequem hinzusetzen.

Keuchend saßen wir nebeneinander und versuchten unsern Herzschlag etwas zu beruhigen. Nach einer Weile fiel mir auf, dass meine Tasche immer noch da lag, wo sie mir heruntergefallen war und das Pferd erschreckt hatte. "Ich hole nur schnell meine Tasche, ich bin nicht lange weg." informierte ich Ros und ging dann zu der Stelle, an der ich meine Tasche vermutete. Leider täuschte mich meine Erinnerung und ich suchte einige Minuten, bis ich sie fand. Da ich bei dem Sprung nur mich in Sicherheit gebraucht hatte, war meine Tasche den Hufen des Pferdes ausgeliefert gewesen. Seufzend betrachtete ich die zerissene Tasche und das teilweise zerfetzte Kleid darin. Meine Kräuter waren auf dem ganzen Boden verstreut und zum Teil so zerkleinert worden, dass es sich nicht mehr lohnte sie zu retten. Nach dem ich eine halbe Ewigkeit damit zugebracht hatte den Inhalt meiner Tasche zusammenzusuchen und ihn in der zerstörten Tasche unterzubringen kam ich schließlich wieder zu Ros zurück.

Als ich im näherkommen einen Ast zerbrach sah ich wie Ros vor Schreck zusammenzuckte. "Ich bin es nur." sagte ich sanft. Sie sah mich scheu und misstrauisch an. "Ich dachte Sie kommen nicht mehr wieder." sagte sie leise. "Es tut mir leid, dein Pferd hat meine Tasche auf dem Gewissen. Ich habe versucht meine Kräuter zu retten, damit ich dir helfen kann." Nun lächelte sie mich leicht an. "Er heißt Felix" Ich lächelte zurück "Glück also. Na, du hattest Glück dass ich da war." "Kann ich nach Hause?" fragte sie, plötzlich mit Tränen in den Augen. "Es tut mir leid Ros, aber ich kann dich nicht lange tragen, dein Pferd ist verschwunden und du kannst erstmal nicht laufen. Du ruhst dich hier aus und ich helfe dir wieder gesund zu werden und dann bringe ich dich nach Hause." Nun war das Lächeln der kleinen Ros traurig, aber sie vertraute sich mir an.

Die Güte des Menschen ist meine WährungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt