Teil 48

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Die Sonne lachte freundlich im Zimmer während nur das Kratzen meiner Feder zu hören war. Sorgfältig beendete ich den Schwung des letzten Buchstabens. Ich wartete kurz bis die Tinte getrocknet war dann hob ich das Blatt hoch und betrachtete den Text. Auch wenn sich meine Fähigkeiten im Schreiben und Lesen in den letzten zweieinhalb Jahren enorm gesteigert hatten, so war ich dennoch immer wieder überrascht einen kompletten Text Zustande zu bringen. Die Zeilen die das Blatt füllten waren ein Brief an meine Familie. Jahrelang hatte ich mich gescheut ihnen zu schreiben, doch nun hatte ich endlich die Entscheidung getroffen. Sie würden sich jemanden im Dorf suchen müssen der ihnen diesen Brief vorlesen konnte. In diesem Brief würden sie nun endlich erfahren, dass es mir gut ging und dass ich Arbeit gefunden hatte. Was sie jedoch auch erfahren würden war, dass sich diese Arbeiten und wieder verlassen würde.

Seufzend faltete ich den Brief zusammen und steckte ihn in einen Briefumschlag. Mit ein paar weiteren Schwüngen der Feder schrieb ich Name und Adresse meine Familie auf den Brief. Schließlich stand ich auf und strich mein Kleid glatt. Der grüne Stoff meines Kleides war für den beginnenden Frühling schon fast zu warm, doch ich hatte mir diesen Stoff selbst gekauft und war noch nicht bereit ihn gegen einen neuen auszutauschen. Vorsichtig steckte ich den Brief in eine meiner Taschen und hängte sie mir über. Ich würde den Brief nachher, wenn ich ins Dorf ging, mitnehmen und dort von der Postkutsche mitnehmen lassen. Ich hatte im geographieunterricht der Schule gelernt, dass mein Zuhause etwa 8 Wochen zu Fuß von dem Haus der Bauers lag. Die Postkutsche würde mit mehreren Zwischenhalten länger brauchen.

Mit der Tasche über der Schulter ging ich nach unten. Vor dem Kamin saßen Margarete und Hubert leise ins Gespräch vertieft. Sobald sie nicht bemerkten verstummten sie und Margarete stand auf. "Ach, Leika? Gehst du heute noch ins Dorf? Ich hätte noch einige Aufträge für dich." "Ja, ich wollte nur schnell etwas fürs Abendessen vorbereiten, dann gehe ich ins Dorf. Du kannst mir eine Liste schreiben, dann besorge ich dir deine Sachen." Margarete nickte und wandte sich bereits wieder Hubert zu. "Margarete, Hubert? Könnte ich euch bitten heute Abend nach dem Abendessen etwas Zeit für mich einzuplanen? Ich hätte etwas sehr wichtiges mit euch zu bereden." Verdutzt schaut in die beiden mich an, nickten dann jedoch. formell bedanke ich mich mit einem Nicken bei ihnen und ging in die Küche. dort bereitete ich das Abendessen vor, schnitt das Gemüse und das Fleisch und legte alles bereit. Ich würde spät erst vom Dorf zurück kommen, musste jedoch pünktlich das Essen auf den Tisch bringen. Als alles zu meiner Zufriedenheit vorbereitet war machte ich mich auf den Weg ins Dorf.

Margaretes Liste führte mich mitten ins Getümmel auf dem Marktplatz. Jetzt im Frühling kamen immer mehr fahrende Händler, die mit unterschiedlichen Akzenten ihre Waren anboten. immer wieder hatte ich mit einigen von ihnen geredet und von den unterschiedlichen Regionen des Landes erfahren. Mit dem Wissen aus dem Unterricht konnte ich nun auch die Informationen geographisch einordnen. Doch je mehr ich mit den Händlern sprach, desto mehr zog es mich in deren unbekannte Fernen. Lange hatte ich mit mir gehadert ob ich diesem Drängen nachgeben sollte. Doch nun war mein Entschluss gefallen. ich werde mich wieder auf Reisen begeben. War es vor zweieinhalb Jahren mein Wunsch gewesen eine feste Arbeitsstelle zu finden, so war es jetzt mein Wunsch das unbekümmerte Leben einer Reisenden zu genießen.

Sorgsam hatte ich mein Gehalt ausgegeben und hatte nun genug Reserven um mich bis zum Winter über Wasser zu halten. Über den Winter hoffte ich dann erneut auf eine Arbeit oder wenigstens ein Dach über dem Kopf. Alles war genau geplant. Das Einzige, worüber ich mir noch nicht so sicher war, war in welche Richtung ich meine Reise starten würde. Anhand der Karten, die mir ein Lehrer ausgeliehen hatte, hatte ich meinen Weg, seit ich von Zuhause losgegangen war nachverfolgt. Diese Richtung schied schonmal aus. Zurück nach Hause würde ich auch nicht gehen. Ich war nun 17 Jahre alt und unverheiratet. Ich würde meiner Familie die gleichen Probleme bereiten, vor denen ich sie damals hatte befreien wollen. Also konnte ich einfach dem Weg, dem ich ursprünglich ins Dorf gefolgt war weiter folgen und mich damit in die entgegengesetzte Richtung zu meinem Zuhause bewegen, der nächsten Abzweigung nach rechts folgen und nur unweit der Stadt vorbeikommen in der Erik und Timo mich verkaufen wollten oder der Abzweigung nach links folgen und damit die Grenze zu einem anderen Herzogtum überschreiten. Dieses neue Herzogtum lockte mich schon sehr, jedoch hatte ich noch nicht endgültig meine Entscheidung getroffen.

Nachdem ich den Brief zur Poststelle gegeben hatte, wo er in der nächsten Woche abgeholt werden würde, machte ich mich auf den Weg zurück. Während ich die staubige Straße zum Hof der Bauers ging, versuchte ich mir die Worte zurecht zu legen, mir denen ich sie überzeugen wollte, dass es für mich Zeit war weiterzuziehen. Ich hatte keine Ahnung, wie sie reagieren würden und versuchte vor meinem inneren Auge alle Szenarien durchzuspielen. Ein Gedanke, der mir bei der Abgabe meines Briefes gekommen war, musste ich ihnen jedoch auf jeden Fall mitteilen und ich hoffte ich würde es bis heute Abend nicht vergessen. Sobald der Brief bei meiner Familie ankommen würde, würden sie über die Postkutsche erfahren von wo er gekommen war und auch wenn ich geschrieben hatte, dass ich weiterziehen wollte, so hatte ich doch die Ahnung, dass mindestens einer meiner Brüder bei den Bauers aufschlagen würde und nach mir fragen würde. Demnach dürfte ich den Bauers nicht verraten in welche Richtung ich mich wenden wollte.

Das Abendessen verlief wie an jedem Tag mit Gesprächen, die durcheinander geführt wurden und mit viel Gelächter. Ich räumte den Tisch ab und säuberte das Geschirr, während die Kinder sich auf ihre Zimmer verzogen und Margarethe und Hubert es sich wieder vor dem Kamin bequem gemacht hatten. Nun war die Zeit für mein Gespräch gekommen. Ich bat sie mich erst komplett ausreden zu lassen, bevor sie etwas sagten. Sie taten mir den Gefallen und hörten aufmerksam und ernst zu. Als ich geendet hatte, herrschte einen Moment lang Schweigen. Dann stand Margarethe auf und nahm mich in den Arm. "Mein Liebes, du warst eine treue und liebevolle Haushälterin und ich hätte mir keine bessere wünschen können. Aber wir verstehen, dass es dich in die Ferne zieht. Ihr jungen Leute sollt die Welt sehen, bevor ihr euch niederlasst. Uns bleibt nun nichts anderes zu tun, als dir alles Gute zu wünschen und zu hoffen, dass du uns vielleicht nochmal besuchen kommst." Mit Tränen in den Augen umarmte ich Margarete erneut. "Vielen Dank, dass ihr mich hier aufgenommen habt, mir obwohl ich euch fremd war Vertrauen geschenkt habt und mich wie ein Mitglied eurer Familie behandelt habt." Nun hatte auch Margarete Tränen in den Augen und wir umarmten uns erneut. Schließlich stand auch Hubert auf und nahm mich einmal fest in den Arm.

Vier Tage später war es nun soweit. Ich stand vor dem Haus und schaute in die Gesichter der Familie, die für mich zu einer Ersatzfamilie geworden waren. Mit erneuten Tränen bei Margarethe, Maria und mir und festem Händedruck bei Jakob, Anton und Hubert. Nahm ich Abschied von den Bauers und wandte mich zunächst in Richtung des Dorfes um dann bei nächster Gelegenheit in Richtung des benachbarten Herzogtums abzubiegen.

Die Güte des Menschen ist meine WährungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt