Teil 46

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Ich schlug die Augen auf. Dem Licht nach zu urteilen war es bereits früh am Morgen. Schnell zog ich mich an und huschte aus dem Raum. Mit eiligen Schritten ging ich den Flur entlang und klopfte lautstark an die drei Türen. "Aufstehen!" Rief ich bei jeder Tür. Dahinter konnte ich undeutliches Gemurmel hören. Sie waren also wach. Dann ging ich nach unten und setzte einen großen und einen kleinen Topf mit Wasser auf. Aus dem Hühnerstall holte ich frische Eier und pflückte einige Kräuter aus dem Garten. Wieder zurück in der Küche guckte ich kurz zum Wasser, welches noch nicht kochte, dann ging ich schnellen Schrittes wieder nach oben.

Dort klopfte ich an die erste Tür. Auf ein erneutes undeutliches Gemurmel öffnete ich sie. Jakob lag unbeweglich im Bett, die Decke über den Kopf gezogen. "Los, nun raus aus den Federn." sagte ich und zog die Decke ein Stück runter. Jakob blinzelte mich verschlafen und missmutig an. "Auf, auf! Du hast nicht ewig Zeit." Jakob brummte und wollte sich die Decke wieder hochziehen. Ich packte sie und zog sie ganz weg. Mit der plötzlichen Kälte des Zimmers konfrontiert und der Wut auf mich im Bauch sprang Jakob auf um mir die Decke wegzuschnappen. "Wo du jetzt schon mal stehst, kannst du dich doch auch gleich anziehen." sagte ich, übergab ihm die Decke und ging zum nächsten Zimmer.

Anton war ebenso missmutig wie sein Bruder. Bei ihm musste ich jedoch nicht zu so radikalen Maßnahmen greifen. Als ich die Tür zu Marias Zimmer öffnete saß sie bereits auf dem Boden neben dem Bett und spielte mit ihrer Puppe. "Magst du mir beim Frühstück helfen?" Sie nickte und folgte mir in die Küche. In beiden Töpfen kochte bereits das Wasser. Die Eier ließ ich vorsichtig in den kleineren Topf fallen und Maria beauftragte ich die Kräuter zu schneiden und dann in den größeren Topf zu geben.

Zusammen deckten wir den Tisch und ich hatte gerade die Eier verteilt, als die Jungs die Treppe, in einer imaginären Schlacht vertieft, herunterpolterten. Ich klatschte einmal in die Hände um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen: "Setzt euch und fangt an zu essen." Sie gehorchten während ich den Tee, der inzwischen lange genug gezogen hatte, in Becher goss und sie mit auf den Tisch stellte.

Die Jungs verschlangen ihr Frühstück als würden sie Hunger leiden. Maria bestrich dagegen jede Scheibe Brot mit großer Sorgfalt. Ich setzte mich zu ihnen und bestrich ein Pausenbrot nach dem anderen. Sobald die drei mit Essen fertig waren, scheuchte ich sie auch schon mit ihren Pausenbroten aus der Tür. Der Weg zur Schule war lang und sie durften nicht zu spät kommen. Mit den Worten: "Habt einen schönen Tag und lernt ordentlich was." winkte ich ihnen nach. Die Jungs stöhnten nur über die Aussicht was lernen zu müssen, während Maria sich nochmal umdrehte um mir zurück zu winken.

Lächelnd schloss ich die Tür genau in dem Augenblick, als Hubert die Treppe runter kam. Pünktlich wie jeden Morgen dachte ich und räumte die Teller der Kinder ab, während Hubert frühstückte. Es war wirklich kaum zu glauben, aber ich war schon volle vier Wochen im Hause der Bauers. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, war ich nun wirklich zufrieden mit mir. Doch bald war meine Zeit hier um. Jeden Tag wurde Magarethe zurück erwartet.

Traurig spülte ich das Geschirr ab. Ich hatte mich wirklich dran gewöhnt hier arbeiten zu können. Jeden Tag was zu tun zu haben, mich allmählich mit Maria anzufreunden und meine gewonnene Macht über die Jungs jeden Tag aufs neue beweisen zu müssen. Und vor allem die regelmäßigen und reichhaltigen Mahlzeiten. In diesen vier Wochen hatte ich deutlich an Gewicht gewonnen und fand, dass ich langsam nicht mehr wie ein Strich in der Landschaft aussah. Doch das Ende meiner Arbeit rückte näher. Ich hatte bereits angefangen mich im Dorf nach Arbeit zu erkundigen, doch niemand brauchte eine junge Haushälterin. Die einzige Arbeit, die es gab war auf den Feldern und keiner traute mir diese zu.

Also würde ich weiterziehen müssen. Wieder im Wald und von gesammelten Kräutern leben müssen. Nach all dem guten Essen kam mir das fast unmöglich vor. Innerhalb von nur vier Wochen war ich verwöhnt geworden. Als mir dies auffiel fing ich an erst eine, dann zwei Mahlzeiten wegzulassen und bei der einzigen noch verbleibenden Mahlzeit immer weniger zu essen. Ich musste mich wieder darauf trainieren weniger zu essen.

Zwei Tage später war es soweit. Ein Bote kündigte an, dass Magarethe in drei Tagen zurück sein würde. Mir blieben also noch drei Tage mich auf den Wald vorzubereiten und die verbleibende Zeit mit der Familie zu genießen.

Die Güte des Menschen ist meine WährungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt