Teil 9

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Ein heller Sonnenstrahl weckte mich am nächsten Morgen. Noch mit Schlaf in den Augenblickte ich mich verwirrt um. Dann fiel mir jedoch wieder ein, wo ich mich befand: Ich warbei Silke und Moritz, die mir nach dem Abendessen gestern ein gemütliches Strohlager indem ersten Raum ihres Hauses errichtet hatten. Nach der unglaublich leckeren Suppe amAbend, war ich trotz meines kurzen Nickerchens zuvor, sofort in einen tiefen Schlaf gefallen. 

Das erste Mal, seit ich von zuhause weg war, stand ich ausgeruht auf und reckte michgenüsslich. Ein Blick aus dem kleinen Fenster verriet mir, dass es noch früh am Morgen war.Die Sonne war gerade erst aufgegangen. Ich vermutete, dass Silke und Moritz ebenfalls baldaufstehen würden. Jedoch wollte ich sie nicht stören und verließ leise die Hütte. 

Nach einem kleinen Abstecher, ging ich zu der Kochstelle. Ich nahm etwas von dem Holz,was neben der Feuerstelle aufgestapelt war und platzierte es geschickt in der Mitte des mitSteinen umrandeten Kreises. Mit den beiden Feuersteinen, die ich auf der Bank fandversuchte ich das Feuer anzuzünden. Nach drei Versuchen gelang es und ich beobachtete wiedas Feuer sich ausbreitete und die Holzscheite verschlang. Als ich sicher war, dass es nichtwieder ausgehen würde, nahm ich mir einen der Töpfe und ging in die Richtung, in der ichden Bach vermutete. 

Hinter einer kleinen Hecke hatte jemand ein schmales Flussbett geschaffen. Das Wasser kamvermutlich von dem großen Fluss und wurde so fast direkt vor die Haustür gebracht. Wiepraktisch, dachte ich. Zuhause mussten die Männer immer 10 Minuten zum nächsten Brunnenlaufen, sich dort in die Reihe der anderen einreihen und dann mit vollen Eimern den Wegwieder zurück. Das war immer das erste, was sie jeden Morgen machten. Zur Mittagszeit undzum Abend mussten immer die Frauen los. Ich weiß noch, wie ich jeden Mittag zum Brunnengerannt bin um möglichst die erste zu sein und dann mit dem halbvollen Eimer, den ichgerade so tragen konnte wieder zurück. Das ganze musste ich immer zweimal machen solangeMutter schwanger war. Sonst waren wir immer zu zweit gegangen, sie mit einem vollen undich mit einem halbvollen Eimer. Inzwischen schaffte ich schon einen vollen Eimer und warnun immer nur einmal alleine zum Brunnen gegangen. 

Schnell war mein Topf mit Wasser gefüllt und ich ging wieder zurück zum Feuer. DerSteinkreis war so angeordnet, dass man zwei lange und ziemlich flache Steine über das Feuerlegen konnte. Auf diesen Steinen konnte man hervorragend backen. Ich klemmte jedoch, wieSilke es am Abend zuvor auch getan hatte, den Topf zwischen die Steine, sodass er mehrHitze bekam. Während das Wasser erhitzte, ging ich um die Bank herum, an dessen Rückseiteverschiedene Kräuter zum Trocknen hingen. Schnell suchte ich mir eine Handvoll Stängelund einige Blätter zusammen und ging wieder zu dem Topf. Das Wasser fing schon langsaman zu blubbern. Ich beobachtete es noch etwas und warf dann die Kräuter ins Wasser. 

Suchend blickte ich mich um, bis ich die mit Stroh gepolsterten Lappen fand. Sie sahen auswie kleine Kissen, auf die jemand kunstvolle Blumen gestickt hatte. Mit den Lappen nahm ichden Topf aus seiner Halterung und stellte ihn auf einen der flachen Steine, jedoch nichtmehrdirekt über dem Feuer. Mit einem geschnitzten Holzstock rührte ich die Kräuter in demblubbernden Wasser um. 

Ein Knirschen auf dem Kiesweg ließ mich aufblicken und ich sah Silke und Moritz mitallerlei Sachen beladen auf mich zukommen. Kurze Zeit später aßen wir gemütlich hartesBrot mit Ziegenkäse und tranken meinen Tee. Fröhlich scherzten Silke und Moritz und ichfühlte mich richtig wohl bei ihnen. 

Nach dem Essen verabschiedete sich Moritz überschwänglich von mir, da er seiner Arbeitnachgehen musste. Ich musste ihm dreimal versichern, dass ich auf mich aufpassen würde.Dann gab er Silke einen langen Kuss und flüsterte ihr was ins Ohr. Mit der Axt über derSchulter und einem Päckchen Proviant dabei winkte er noch kurz, bevor er im Waldverschwand. 

„Du vermisst ihn oder?" mitfühlend sah ich Silke an. Sie lächelte mich traurig an: „Ja, wennich nur nicht immer alleine hier bleiben müsste." „Wartet es nur ab, bald wirst du vonKindern nur so umringt sein, dass du dir ein bisschen Zeit alleine nur noch erträumen kannst."Silke lachte „Ich bin mir sicher, dass der Liebe Gott viele Kinder für euch vorgesehen hat."„Danke Leika. Du bist ein Schatz. Bitte versprich auch mir, dass du auf dich aufpasst. Ichkann den Gedanken fast nicht ertragen dich alleine losziehen zu lassen." „Ich komme schonklar. Sorgt euch nicht um mich." 

Die Zeit des Abschieds war gekommen und so drehte ich mich zu Silke. „Ich danke euchvielmals für eure Gastfreundschaft. Ihr habt viel für mich getan. Aber nun muss ich michwieder auf den Weg machen." Silke schien den Tränen nahe zu sein und nahm mich sostürmisch in den Arm, dass ich beinahe das Gleichgewicht verloren hätte.

Die Güte des Menschen ist meine WährungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt