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Jaemin und ich telefonieren während meiner Zugfahrt, und ich rede eigentlich hauptsächlich darüber, dass Yangyangs Mutter netter zu mir war als er.

"Hat er sich so sehr verändert in den letzten drei Monaten?", fragt Jaemin leise, als ich meine Beschwerde beende.

"Keine Ahnung. Gefühlt nicht. Ich mich vielleicht. Oder wir sind einfach ...auseinandergewachsen." Meine Lungen sind kilometerweit unter der Wasseroberfläche. Atmen, atmen.

Jaemins Stimme macht es leichter, aber dafür mein Herz schwer. "Du siehst ihn bestimmt die Tage nochmal. Wenn es dann immer noch so ist... Letztendlich kannst du nichts dagegen tun, und das ist scheiße, aber so ist das eben leider. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich dir helfen soll", flüstert er, "tut mir leid."

"Schon okay." Ich reibe mir die Augen. "Du fehlst mir."

"Du weinst jetzt aber nicht, oder? Sonst muss ich mitweinen."

"Nein, tu ich nicht." Hoffentlich. "Hast du Rae?"

"Nicht eine Sekunde losgelassen. Doch, als ich auf Toilette war. Ich hab mich aber extra beeilt."

Ich lache schwach auf. "Warte kurz." Ich hole Jae heraus und schlinge meinen freien Arm um ihn. Ich sollte wohl auf meine Kopfhörer umsteigen.

"Ich fühl mich gleich ganz fest von dir umarmt", sagt Jaemin leise.

"Ich dachte, ich soll nicht weinen."

"Tut mir leid, nein, sollst du auch nicht, äh, hm, hab ich dir schon gesagt, dass ich Muskelkater habe? Nein? Ich habe mordsmäßigen Muskelkater. In meinen scheiß Zehen, Jeno. Ich wusste nicht einmal, dass meine Muskeln da einen Kater haben können. Was soll das? Das hab ich mir nicht ausgesucht."

"Wie soll ich sagen", ich wische mir über die Augen, "genau das hast du, als du auf die Tanzschule gewechselt bist."

Er seufzt dramatisch. "Ich hätte es wohl lieber nicht tun sollen."

"Sag das nicht. Nicht einmal, wenn du es nicht ernst meinst."

"Okay. Mann, worüber soll ich mit dir reden, wenn du schon alles von meinem Tag weißt? Willst du von meinem letzten Auftritt wissen?"

"Ja."

Letztendlich muss ich dann auch nicht weinen, und ich fühle mich schon besser, als ich aus dem Zug steige.

"Ich schreib dir später nochmal, ja?"

"Ja. Grüß deine Schwester von mir und bis nachher."

"Bis später, Jaeminnie." Du fehlst mir.

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"Yah, das hat jetzt aber auch lange genug gedauert", begrüßt Yeeun mich.

"Ich kann auch nichts dafür, wenn der Bus so langsam ist."

"Ja ja. Komm, bring deine Sachen in mein Zimmer und dann stell ich dich den anderen vor. Wie geht's Opa?"

Ich biete ihr meinen Arm an, und sie hakt ihren hinein, stützt sich allerdings kaum auf mich. "Gut. Seine Netze gehen in letzter Zeit immer kaputt."

"Ich hab dir gesagt, das Meer ist unruhig." Sie tätschelt meinen Arm. "Warst du schwimmen?"

"Ja. Ich hab Yangyang getroffen."

"Wie geht's ihm und seinen Eltern?"

"Gut, schätze ich. Seine Ma hat mich nach Seoul ausgequetscht, mit ihm hab ich dementsprechend nicht so viel geredet."

black swan 𖣓 nominWo Geschichten leben. Entdecke jetzt