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"Darf ich reinkommen?" Seine Stimme durchbohrt mich wie das Gebiss eines Hais. Atmen, atmen. Alles okay.

"Eigentlich nicht." Opas Stimme ist kalt. "Ich habe Besuch."

"Es ist wichtig."

"Kann das nicht warten?"

"Es dauert auch nicht lange."

Ein Seufzen. "Du lässt wohl nicht locker."

Sprich uns nicht an, flehe ich, und gleichzeitig wünsche ich es mir.

Ich weiß nicht, ob einer von ihnen noch etwas sagt, höre nur ihre Schritte und die Schlafzimmertür.

"Wer ist das?", flüstert Jaemin, und ich hätte ihn beinahe vergessen, läge meine Hand nicht noch immer zwischen seinen.

"Mein Vater", bringe ich irgendwie hervor, und Jaemin schnaubt.

"Erkennt er seinen eigenen Sohn nicht mehr oder was?" Ich zucke mit den Schultern. Sein Blick liegt auf mir, und er drückt einen Kuss auf meinen Handrücken. Es ist wie eine Welle über einem erstickenden Fisch.

"Hey, Neptun." Ich sehe auf. "Komm her." Er lehnt sich nach vorne, und ich verbinde unsere Lippen miteinander.

Alles okay, verspricht er mir, ich bin da. Ich werde wieder ins Meer gezogen.

Um mich abzulenken, sehe ich hinaus auf die Wellen, und sie kommen mir stürmischer vor als vorhin. Als wäre das Meer wütend. Ich kann es ihr nicht übelnehmen.

Jaemin und ich verbleiben in Stille, bis die Tür wieder aufgeht, und ich vernehme noch Opas harsche Stimme, aber ich kann nicht ausmachen, was er sagt. Dann folgen die hastigen Schritte meines Vaters, die immer so wirken, als müsste er ganz dringend irgendwo hin. Sie stoppen hinter mir, und ich kann seinen Blick spüren, aber ich traue mich nicht, mich umzudrehen. Ich sehe die erste Welle über den Steg schlagen.

"Sag bloß", seine Stimme schneidet wie ein Messer in mein Fleisch, "meine Enttäuschung von einem Sohn ist jetzt auch noch schwul."

"Joowon", donnert mein Großvater, und Jaemin steht auf, dreht sich aus meinem Blickfeld.

"Wie können Sie es wagen?" Seine Stimme ist voller Wut. "Wie können Sie es wagen, Ihren Sohn so zu behandeln? Sie haben sich nie bei ihm gemeldet, ihm zu seinem Geburtstag weder etwas geschenkt noch ihm gratuliert. Woher nehmen Sie sich das Recht, ihn jetzt so zu behandeln?"

"Jaemin", versuche ich es leise, aber lediglich sein Griff um meine Hand wird fester.

"Sie haben es nicht. Solche Dinge tun weh, und Sie haben Jeno schon genug weh getan. Wenn Sie ihn nicht lieben können, wie Sie es sollten, dann haben Sie sich aus seinem Leben und von ihm fernzuhalten. Niemand hat nach Ihrer Meinung gefragt. Und generell, Sie haben sich ewig nicht bei ihm gemeldet. Und Sie bilden sich jetzt ein, ihm nach Monaten solche Sachen an den Kopf werden zu dürfen? Schämen Sie sich nicht? Halten Sie sich aus seinem Leben raus, wenn Sie kein Interesse an ihm haben."

"Von dir lasse ich mir überhaupt nichts sagen", spottet mein Vater, voller Verachtung.

"Aber von mir lässt du dir etwas sagen", grollt Opa, "und du verlässt dieses Haus sofort und wagst es nie wieder, auch nur einen Fuß hineinzusetzen. Er ist dein Sohn, bei Gott, hast du deinen Verstand verloren?! Du hast ihn zu lieben und zu schätzen, und stattdessen missbrauchst du seine Liebe für dich!"

"Bin ich nicht auch deiner?"

"Jemanden, der meinen Enkel so behandelt, will ich nicht in meiner Familie haben."

black swan 𖣓 nominWo Geschichten leben. Entdecke jetzt