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Eomma hat es auch bald zu uns geschafft, hat Jageun bei den Lius gelassen, sodass wir noch eine Weile zu dritt sind, bevor sie und Yeeun wieder das Wasser verlassen.

"Sieh mal einer an!", höre ich Eomma noch, während ich wegtreibe, da Yeeun, wenn auch wackelig, alleine läuft. Mit einem Lächeln schwimme ich weiter, bis ich wieder mit ihr allein bin. Wo waren wir stehen geblieben?

Bei deinem Bernsteinjungen. Ihre Wellen sind aufgeregt, neugierig.

Ich dachte, du kennst meine Gedanken.

Tue ich. Seine aber nicht. Erzähl mir über ihn.

Er ist großartig. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich ihn beschreiben soll.

Was macht ihn aus?

Sein Tanzen. Himmel, sein Tanzen. Du müsstest ihn sehen, wie er schwebt, wenn er in Bewegung ist. Er ist dabei immer so glücklich. Und wenn ich ihm zusehe, dann, ich weiß auch nicht, dann ist alles andere so vollkommen egal. Er ist ein Traum.

Das klingt schön, adeul. Ihre Wellen sind Umarmungen, ihr sanfter Wind liebkost meine Wangen. Er macht dich glücklich, ja?

So dermaßen, manchmal denke ich, das passt alles überhaupt nicht in mich hinein. Er ist das Einzige, was ich an Seoul vermisse, wenn ich hier bin. Naja, Jageun vielleicht noch, der kleine Samoyed, weißt du? Sie ist auch so verdammt süß.

Du hast dich ja doch etwas eingelebt.

Du fehlst mir immer noch so sehr.

Du mir auch, Wasserjunge. Deine Mutter ruft.

Ich will nicht. Sie schiebt mich. Hör auf, ich will nicht.

Adeul.

Ich tauche unter. Nein, lass mich bleiben.

Sie braucht dich.

Und ich brauche dich! Ich reiße die Augen auf und für einen Moment fühlt es sich so an, als würde mein Blick erwidert.

Ich bin hier. Ich bin immer hier.

Hör auf. Bitte.

Deine Mutter braucht dich, adeul.

Dein Sohn braucht dich.

Sie antwortet nicht. Schiebt mich noch, aber spricht nicht mehr mit mir. Meine Tränen fallen in ihrem Wasser nicht auf.

Erst als mir fast schwarz vor den Augen wird, tauche ich wieder auf, spüle mein Gesicht ab und komme dann zu Eomma an den Strand.

"Yeeun hat gesagt, du bist schon länger als sie im Wasser. Ist dir überhaupt nicht kalt?" Sie mustert mich, obwohl ich sofort den Kopf schüttle. So ganz Unrecht hat sie vielleicht nicht; aber ich will noch nicht gehen, und wenn ich nicht auf mich aufpasse, tut das Meer das.

"Willst du vielleicht trotzdem langsam zu uns rauskommen?"

"Muss ich?"

"Eigentlich schon." Sie sieht mich viel zu ernst an. Hast du denn nichts aus den vergangenen achtzehn Jahren gelernt?

"Noch kurz", bitte ich leise, weshalb Eomma seufzt und nickt, wieder zu meiner Schwester zurückkehrt. Ich muss hinausschwimmen, bis ich das Meer wieder höre.

Weshalb bist du heute so hartnäckig, adeul?

Weil du mir unfassbar fehlst. Ich kriege keine Luft mehr, dabei bin ich über Wasser. Aber vielleicht ist das das Problem. Ich vermisse dich jede verdammte Sekunde, die ich nicht bei dir bin. Es wird mit jedem Tag schlimmer und mit jedem Mal, das ich dich wieder verlassen muss, tut es mehr weh.

black swan 𖣓 nominWo Geschichten leben. Entdecke jetzt