4.4 - Juna

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Mit einem kleinen Seufzen wische ich mir die leicht zittrigen Hände an meiner Jogginghose ab, dann öffne ich die Haustür. „Hey", mache ich kratzig. Isla lächelt mich vorsichtig, aber warm an. „Hallo." Sie macht keine Anstalten, hereinzukommen, weshalb ich unbeholfen einen Schritt beiseite trete. „Willst du nicht-" mache ich unsicher. Isla wird ein wenig rot, wobei sie schnell nickt. „Oh, wenn ich darf, ja, danke", plappert sie. Insgeheim bin ich froh, dass ich nicht die einzige bin, die keinen vernünftigen Satz formulieren kann.

„Die Jungs sind im Wohnzimmer", erkläre ich ihr schließlich etwas zackig. Dank der Zeit, in der sie ihre Schuhe ausgezogen hat und ich den Satz in meinem Kopf geübt habe, schaffe ich ihn zumindest grammatikalisch einwandfrei. „Danke nochmal, der Nachmittag war echt super für mich", murmelt meine Kommilitonin auf den paar Schritten zum Wohnzimmer. „Äh, ja, gern", bringe ich hervor. Glücklicherweise sind wir dann an der offenen Zimmertür angekommen, sodass unser Gespräch fürs erste beendet ist.

„Isla!", ruft Silas begeistert. Auch Arlo schaut auf, ehe er auf seine Schwester zuläuft, welche sich zu ihm herunter hockt und ihn liebevoll in den Arm nimmt. „Hast du das Glitzer dabei?", erkundigt sich mein kleiner Bruder etwas ungeduldig. Isla streicht ihrem Bruder noch einmal über den Kopf, bevor sie sich wieder aufrichtet. „Hab ich", zwinkert sie ihm verschwörerisch zu, weshalb Silas glücklich quietscht.

„Kannst du mir was drauf machen? Bitte!", bettelt er. Islas Blick wandert fragend zu mir. „Ist das okay? Sollen wir das lieber im Bad machen, oder so?", schlägt sie vor. Ich zucke mit den Schultern. In einem Haushalt mit so vielen Kindern krümelt öfter mal so einiges auf den Boden, weshalb wir das Ganze nicht so eng sehen. „Ist egal, solang nicht ewig viel überall landet..." Erst einen Augenblick später fällt mir auf, dass diese Aussage gar nicht so schwierig für mich war und meine Mundwinkel eventuell sogar ein kleines bisschen erhoben sind.

„Okay", macht Meadow, nachdem sie mich ein paar Sekunden mit einem leichten Lächeln im Gesicht betrachtet hat. „Dann wollen wir mal." Sie kramt in ihrer Hosentasche und bringt eine fettige Creme und drei verschiedene Farben Glitzer hervor – pink, blau und dunkelgrün. „Welche möchtest du, Silas?"

Zehn Minuten später hat mein kleiner Bruder alle drei Farben im Gesicht und auch Arlos Glitzer wurde aufgefrischt. Das auf Meadows Wangen sieht noch ziemlich gut aus, weshalb ich mich frage, ob sie es am Nachmittag noch einmal erneuert hat.

Während die beiden Jungs sich staunend vor dem Spiegel im Flur betrachten, lächelt Isla mich fragend an. „Willst du auch?", erkundigt sie sich leise. „Äh... ich?!", mache ich überfordert. „Ja? Das Grün würde dir bestimmt super stehen, weil es gut zu deinen Augen passt... glaub ich", murmelt sie. „Okay?" Ich mache ein seltsames Geräusch, halb nervöses Lachen, hab Schnauben. „Ja?" Sie tritt einen Schritt näher an mich heran. „Ja, meinetwegen", mache ich heiser.

Ihre Finger streifen sanft über meine Wangen, als sie erst die Creme und dann das Glitzer behutsam aufträgt. Einen Augenblick betrachtet sie mich noch aus der Nähe, dann tritt sie einen Schritt zurück, wobei sie sich verlegen räuspert. „Sieht... gut aus", berichtet sie mit einem vorsichtigen Lächeln. „D-danke", mache ich rau. Ihr Blick wendet sich dabei nicht aus meinen Augen ab.

Eine Sekunde später ist der Moment vorbei. Vivica platzt ins Wohnzimmer und kräht laut, dass sie auch Glitzer haben will, da sie die Jungs im Flur gesehen hat. Keanu scheint aufgrund des Lärms ebenfalls aus seinem Raum gekommen zu sein, denn er taucht nun auch im Wohnzimmer auf. „Kann ich auch Glitzer haben?", grinst er verschmitzt. In diesem Augenblick ähnelt sein Gesichtsausdruck sehr dem des lausbübischen Grinsen meines Vaters.

Scheinbar haben sich all meine Familienmitglieder verschworen, Isla zu verwirren, denn nicht nur die Kleinen, sondern auch Kian und Papa, der gerade von der Arbeit gekommen zu sein scheint, tummeln sich mit einem Mal um uns herum. Meadow scheint kurzzeitig überfordert, doch dann lacht und quatscht sie mit allen, sodass ich ein wenig neidisch auf sie werde, da sie überhaupt keine kommunikativen Schwierigkeiten zu haben scheint. Durch den Lärm, den meine Familie veranstaltet, abgeschreckt, stehe ich stumm in sicherer Entfernung und beobachte, wie sich wirklich jeder von ihr Glitzer auf die Wangen schmieren lässt.

„Jetzt müssen wir aber ein Foto von uns machen!", findet mein Vater schließlich. Mittlerweile habe ich schon ein kleines schlechtes Gewissen, denn immerhin wollten wir Meadow ja Arbeit abnehmen und sie nicht länger als nötig aufhalten. Allerdings scheint sie das, ihrem fröhlichen Gesichtsausdruck nach, nicht wirklich zu stören.

„Möchtet ihr noch zum Abendessen bleiben?", bietet Kian ihr nach der Fotosession an. Ich muss zugeben, dass ich dabei ein kleines Lächeln nicht verbergen konnte, da alle um mich herum so glücklich und aufgedreht gelacht haben. Etwas erstaunt bin ich davon allerdings schon, denn normalerweise ist das ein Zeichen dafür, dass ich mich wohlfühle. Meadows Anwesenheit scheint mich nicht mehr ganz so sehr in Stress zu versetzen wie zu Beginn.

„Oh, nein danke, ich hab eure Großzügigkeit schon viel zu sehr in Anspruch genommen", lächelt sie entschuldigend. „Ach, Quatsch. Das war doch kein Problem, oder, Juna?" Papa lächelt mich aufmunternd an. Doch da nun alle Aufmerksamkeit auf mir liegt, schüttel ich, die Arme verschränkend, nur wortlos mit dem Kopf. „Ich fands auch entspannt", hilft Kian mir aus, weshalb ich heimlich erleichtert ausatme. Zum Glück scheint dies nur Keanu neben mir bemerkt zu haben, denn dieser legt mir einen Arm um die Schultern und drückt mich kurz an sich. Dankbar lasse ich meinen Kopf einen Moment auf seine Schulter und meine Arme wieder nach unten fallen.

„Wann passt es dir denn nächste Woche? Montag und Donnerstag oder sowas in der Art?", schlägt Kian jetzt vor. „Oh, mir ist das egal, ich richte mich ganz nach euch", beeilt sich Isla zu sagen. „Okay. Aber die Tage sind ganz gut, oder?" Mein bester Freund sieht mich fragend an, weshalb ich kurz überlege und dann nicke. „Perfekt, dann machen wir das so. Vielen Dank noch mal", lächelt Isla. „Alles gut. Dann bis Montag!"

Einen Augenblick später hat Isla Arlo eingesammelt und die beiden sind aus der Tür. Erleichtert seufzend, da nun doch eine gewissen Anspannung von mir abfällt, lehne ich mich komplett gegen Keanu, welcher mich mit beiden Armen umschlingt. „Bist du okay?", murmelt er mir liebevoll ins Ohr, woraufhin ich an seiner Schulter nicke. „Gut", macht er leise. Anstatt mich loszulassen, fährt er mit seinen Händen sanft über meinen Rücken.

„Danke", mache ich irgendwann leise, nachdem ich mich wieder beruhigt habe, und löse mich wieder von meinem bunthaarigen Bruder. „Jederzeit gern", versichert er mir mit einem warmen Lächeln. In meinem Bauch breitet sich ein warmes Gefühl aus. In solchen Momenten wird mir wieder einmal bewusst, was für ein riesiges Glück ich mit meiner Familie habe. 


das hier war das letzte vorgeschriebene kapitel. ich wollte euch die minimale isla-juna-action nicht mehr vorenthalten xd jetzt kann ich aber auf die updates bezogen nichts mehr versprechen, da uni wirklich stresst. ich geb mein bestes, will aber den spaß an der sache behalten, also, ja, kann es vielleicht etwas länger als sonst dauern. 

adore youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt