7.7 - Isla

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Vorsichtig lächelnd lege ich eine Hand in Junas Taille. Entgegen meiner Erwartungen springt sie nicht rückwärts, sondern kommt einen Schritt näher. Ich halte für einen Augenblick den Atem an, als sie ihre Hände auf meinem oberen Rücken ablegt. Während ich meine zweite Hand auf ihrer Schulter ablege, blicke ich tief in ihre Augen. Das bunte Licht macht es mir nicht leicht, das Grün zu erkennen, doch ihre Körpersprache sagt sowieso viel mehr. Es scheint, als wäre sie so deutlich, wie sie es bisher nie mit Worten war.

Wir tanzen sicherlich minutenlang miteinander, ohne unseren Blick- oder Körperkontakt zu lösen. Mein Herz rast wie verrückt, als ihre Hände nach zwei Liedern zögerlich auf meine Hüfte wandern. Ihre Augen schauen mich fragend an, weshalb ich leicht nicke. Oh ja, und wie okay es für mich ist.

Ich platziere nun beide Unterarme auf ihren Schultern, verschränke meine Hände hinter ihrem Kopf. Spiele mit ihren hellbraunen Haaren. Verlangsame meine Schritte, bis wir schließlich beide stehen bleiben. Mein Blick huscht von ihren Augen zu ihren Lippen, doch nichts kann mich dazu bringen, ihr Gesicht nicht mehr anzustarren. Eigentlich glaube ich nicht, dass Juna betrunken ist, sodass eventuell zumindest eine minimale Chance existent ist, dass wir uns noch einmal so nahe sein werden. Doch ich genieße diesen Augenblick lieber in vollen Zügen, als mich durch irgendetwas ablenken zu lassen.

Juna zieht mich an meinen Hüften noch näher zu ihr, sodass wir unsere Füße nebeneinander stellen müssen und uns beinahe überall berühren. An den Oberschenkeln, am Bauch, an der Brust. Oh Gott. Vorsichtig beginne ich, ihr mit meinen Fingern durch den Haaransatz im Nacken zu streichen, drücke mich ein bisschen näher an sie – und plötzlich liegen unsere Lippen aufeinander.

Ich kann nicht sagen, wer wen geküsst hat, aber es ist mir absolut egal. Meine Augen fallen wie von selbst zu, meine Hände umgreifen ihren Nacken ebenso wie die ihren meine Hüfte fester, und ich küsse sie und küsse sie und küsse sie. Ich will niemals wieder aufhören.

Juna scheint da nicht viel gegen zu haben, denn statt sich irgendwann wieder von mir zu lösen, vertieft sie den Kuss, schiebt ihre Zunge in meinen Mund und eine Hand auf meinen Hintern. Ich streiche mit einer Hand ihren Rücken hinab, denn unterhalb ihres Croptops kann ich ihre bloße Haut spüren. Sie ist warm und weich und ich will mehr von ihr. So viel mehr.

Juna drückt mich an meinem noch Arsch näher zu sich, als sie ihren Mund von meinem löst und sich meinem Hals widmet. Ich beiße meine Zähne zusammen, kann ein leises Stöhnen jedoch nicht zurückhalten. Da sie ihre Finger fester in meiner Hüfte und meinem Hintern vergräbt, bin ich mir sicher, dass sie mich trotzdem gehört hat. Als Antwort beuge ich mich vor, um vorsichtig in ihr Ohrläppchen zu beißen, ehe ich sanft die weiche Haut hinter ihrem Kieferknochen küsse.

Der restliche Abend vergeht wie ein Rausch. Juna und ich trinken beide nichts mehr, da wir viel zu beschäftigt damit sind, miteinander zu tanzen und zu knutschen. Aus diesem Grund fühle ich mich irgendwann wieder ziemlich nüchtern, was mich die Berührungen meiner attraktiven Kommilitonin noch intensiver spüren lässt. Wir reden kein Wort miteinander, doch Juna zeigt mir immer wieder, dass sie mich genauso begehrt, wie es andersherum der Fall ist.

Es ist bestimmt schon nach ein Uhr, als in unserer Nähe jemand anfeuernd zu grölen beginnt. Ich lasse das hübsche Schlüsselbein vor mir in Ruhe und hebe meinen Kopf, um über die Schulter meines Gegenübers blicken zu können. „Uhh, mach weiter, ihr seid sooo heiß", lallt ein Typ innerhalb einer Gruppe Jungs, welche augenblicklich alle zustimmend zu blöken beginnen. Junas Körper spannt sich an, weshalb ich ihren Blick suche. Selbst im Dämmerlicht kann ich ihre Augen wütend funkeln sehen, doch meine Bemühungen, sie an ihrer Schulter zurückzuhalten, nützen nichts.

Mit zwei großen Schritten ist meine Kommilitonin bei der Jungsgruppe, welche nun nicht mehr amüsiert aussehen. Mir fällt auf, dass einige von ihnen diejenigen waren, welche Juna in der einen Vorlesung derartig objektifiziert haben, dass mir schlecht geworden ist. Scheinbar hatte sie auch schon das Vergnügen mit deren sexistischen Aussagen, da der gleiche Typ wie eben erschrocken hickst. „Shit, du bist eine Kampflesbe!", nuschelt er. Mittlerweile sind auch meine Freunde auf die Gruppe aufmerksam geworden. „Hey, sag mal, gehts noch?", ruft Gabriel entsetzt, doch im gleichen Augenblick hat Juna dem Respektlosen eine gescheuert. Nur Sekunden vergehen, in welchen sie mir noch einmal in die Augen blickt, bevor sie sich zu den Garderoben durchdrängelt.

Ich bin nicht schnell genug, um sie aufzuhalten. Als ich an meinem Fahrrad ankomme, ist ihres schon weg. Kurz schließe ich meine Augen, bis ich die Stimmen meiner Freunde wahrnehme. Froh, die beiden zu haben, lasse ich mich in eine Gruppenumarmung ziehen. „Reg dich nicht auf, das lohnt sich nicht", murmelt Cara in mein Ohr, indessen einer von beiden mir unaufhörlich über den Rücken streicht. Ich seufze leise. „Ich weiß", murmel ich. „Ich hoffe, sie fährt einfach nur nach Hause", sorge ich mich dann um Juna. „Das glaube ich schon", versucht Gabriel, mich zu beruhigen. Eigentlich bin ich auch selbst überzeugt, dass sie keinen Scheiß baut, aber ich habe sie auch noch nie so aufgebracht erlebt.

„Komm, das wird schon. Vielleicht hat sie sich morgen beruhigt, wenn du Arlo abholst und ihr könnt reden", muntert meine beste Freundin mich auf. Ich bin mir nicht so sicher, ob wir wirklich reden werden, nicke aber. „Und bis dahin kannst du uns ja erzählen, wie es war. Oh, und wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass ihr rumgemacht habt! Das haben wir nämlich irgendwie verpasst", grinst Gabs. „Vielleicht, weil ihr euch selbst gegenseitig die Zungen in den Hals gesteckt habt?", schlage ich vor, schon wieder ein bisschen besser gelaunt. Die beiden haben recht, Juna wird bis morgen runtergekommen sein und dann werden wir sehen, wie es mit uns weitergeht. Ich versuche, mir nicht allzu viele Hoffnungen zu machen, denn immerhin kann es auch sein, dass sie doch betrunkener war, als ich dachte, und morgen wieder ihre übliche abweisende Haltung annimmt. Zumindest weiß ich jetzt ganz sicher, dass sie ebenfalls nicht hetero ist. Es wäre also rein theoretisch möglich, dass ich Chancen bei ihr habe. 

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