𝘤𝘩𝘢𝘱𝘵𝘦𝘳 25

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Mit Juliets Hilfe grenzt es an ein Kinderspiel, sich mitten in der Nacht unbemerkt aus dem Haus zu schleichen. Binnen weniger Minuten haben wir uns umgezogen, das Haus verlassen und uns durch den Wald gekämpft. Ich kann mir nicht vorstellen, dass James und Finn uns irgendwie gehört haben. Die beiden sitzen immer noch nichtsahnend in der Hütte, während Juliet und ich in den Audi einsteigen und die Schwarzhaarige wortlos den Motor startet.

Seit wir aufgebrochen sind, hat sie nicht mehr gesprochen. Sie ist offenbar damit beschäftigt, sich einen Plan für unsere Rettungsaktion auszudenken. Ihr Blick ist starr auf die Straße gerichtet, mit ihren Händen umklammert sie das Lenkrad. Ich schaue inzwischen aus dem Fenster und beobachte, wie wir langsam den Wald verlassen und wieder in die Stadt fahren. Die Stille ist mir unangenehm, doch jetzt ein Gespräch anzufangen oder sogar das Radio anzuschalten kommt mir falsch vor.

Wir fahren genau zu den Menschen, vor denen ich mich schon seit Wochen fürchte. Die seit Monaten an nichts anderes denken als an meine Ermordung. Und anstatt wegzurennen bewege ich mich genau auf sie zu. Wir hätten das zu viert machen können. Doch offensichtlich haben nur Juliet und ich den Mut dazu.

„Forchester Lagerhalle hast du gesagt? Wo ist die?" Juliets Worte haben mich so überrascht, dass ich erschrocken zusammenzucke. Das scheint ihr jedoch nicht aufgefallen zu sein, denn sie sieht mich nicht an.

„Am anderen Ende der Stadt. In der Nähe vom Diner.", antworte ich leise. Mein Herz klopft wild gegen meine Brust, mir ist kalt und gleichzeitig schwitze ich. Ich vergrabe meine Hände in der Bauchtasche des schwarzen Pullis, den mir Juliet geliehen hat und schaue weiter aus dem Fenster in die Dunkelheit.

Die Forchester Lagerhalle. Seit ich lebe ist es ein baufälliges Gebäude einer Baufirma, die schon vor Ewigkeiten bankrottgegangen ist. Es ist eine große Halle mit ein paar Büros, die jedoch niemand mehr benutzt. Da sie am Rande der Stadt liegt, wo sowieso niemand mehr wohnt, um die Polizei zu rufen, ist sie der perfekte Platz in Diaville, für alles, was illegal ist. Dass die Hexenjäger genau dort sind, wundert mich nicht. Das ist ein furchtbarer Ort.

„Sollten wir das Ganze überleben, bringt James uns um.", murmle ich, um mich selbst ein bisschen abzulenken. Juliet zieht die Augenbrauen zusammen, ihr Griff um das Lenkrad verstärkt sich:

„Das soll er ruhig einmal versuchen."

Nach diesem Satz wird mir eines klar: Was auch immer gleich in dieser Lagerhalle passieren wird: Juliet wird es den Hexenjägern nicht einfach machen. Doch ich habe genaus o wenig vor, tatenlos daneben zu stehen. Wir retten Ave. Gemeinsam.

Die Autofahrt vergeht viel zu schnell. Ein paar Minuten später haben wir den Parkplatz in der Nähe der Halle schon erreicht. Hier ist es stockdunkel.

„Mach mal das Handschuhfach auf.", kommandiert Juliet, während sie den Motor abstellt und mich ansieht. Ich tue wie mir geheißen und öffne es. Sofort stechen mir zwei Pistolen mit Magazin in die Augen und ich zucke ein weiteres Mal zusammen. Die Waffen zeigen mir, wie ernst die Situation gerade ist. Mit zitternden Händen gebe ich der Schwarzhaarigen eine in die Hand und will das Fach schon wieder schließen, da unterbricht sie mich:

„Du brauchst auch eine. Die haben es auf dich und nicht auf mich abgesehen."

„Aber... Ich kann nicht schießen."

Sie seufzt und streckt mir die Hand hin, damit ich ihr auch die zweite Pistole gebe. Schweigend lege ich sie ihr in die Hand, sie führt das Magazin ein und lädt die Waffe.

„Dann hoffen wir, dass du es heute nicht lernen musst. Sie ist jetzt geladen, also pass auf."

Ich nicke stumm und nehme mir mit zitternden Fingern die Pistole. Habe ich schon einmal erwähnt, dass ich Waffen über alles hasse? Juliet nimmt darauf keine Rücksicht und steigt aus dem Auto aus. Ich folge ihr und gemeinsam stapfen wir durch den Schnee auf die Lagerhalle zu. Man hört nichts, außer unsere leisen Schritte und den Lärm von der weit entfernten Autobahn.

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