𝘤𝘩𝘢𝘱𝘵𝘦𝘳 1

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Ethan und dieser Fremde gestern haben mir prächtig Abend versaut. Wieso musste dieser Idiot unbedingt ein anderes Mädchen küssen? Und wovon zum Teufel hat der Fremde gesprochen? Ich bin es nicht gewohnt, dass mir so seltsame Dinge passieren. Vermutlich ist das niemand hier in Diaville.

„Und? Wie war es gestern?", reißt mich eine bekannte Stimme aus meinen Tagträumen. Ich fahre herum und stoße mir dabei den Kopf an meiner Spindtür. Es ist der nächste Morgen nach dem Vorfall. Leise vor mich hin fluchend reibe ich mir die schmerzende Stelle und sehe in die braunen Augen von Charlie.

Im Gegensatz zu mir- der man es ansieht, dass sie heute verdammt schlecht geschlafen hat- schaut meine beste Freundin wieder einmal super aus. Ihre roten Haare hat sie sich heute hochgesteckt und somit die gut sichtbaren Wangenknochen perfekt zur Geltung gebracht. Ihre helle Bluse passt zu ihrem weinroten Rock, doch man sieht sie kaum, denn sie drückt ein dickes Chemiebuch an sich.

Die meisten Mädchen in der Diaville-High sind so ähnlich angezogen wie sie. Wir haben zwar keine Schuluniform, trotzdem wird großer Wert daraufgelegt, dass wir uns stilvoll anziehen.

„Wie war was?", frage ich verwirrt.

Sie verdreht die Augen:

„Ja deine Überraschung für Ethan!"

Ich senke den Kopf und schaue auf den Boden. Charlie versteht es sofort und zieht kritisch die perfekt gezupften Augenbrauen zusammen:

„Was ist denn passiert?"

„Er hat beschlossen ein Arschloch zu sein und Alison Becker zu küssen."

„WAS?", entfährt er Charlie. „Ich bringe ihn um, warte, ich hole Ave und Maddie dann-"

Ich unterbreche sie, indem ich energisch den Kopf schüttle:

„Nein, ist schon gut. Ehrlich gesagt interessiert mich sowieso gerade etwas anderes."

In diesem Moment klingt die Schulglocke. Synchron seufzen Charlie und ich auf und ich knalle meinen Spind zu.

„Na gut, wie reden in der Mittagspause.", beschließt sie schließlich, als wir uns auf den Weg in die erste Stunde machen. Leider haben wir unterschiedliche Kurse belegt- denn im Gegensatz zu Charlie interessiere ich mich mehr für Kunst und Musik als für Wissenschaft. „Und geh' vielleicht davor noch ins Bad! Nimm es mir nicht übel, aber du siehst heute echt müde aus."

Mit diesen Worten verschwindet sie in ihrem Klassenzimmer und auch ich nehme die ersten Stunden in Angriff. Sie vergehen langsam und sie langweilig, doch die Vorfreude auf die Mittagspause gibt mir die nötige Energie, um nicht auf der Stelle einzuschlafen.

Zuerst aber mache ich einen Abstecher ins Badezimmer, wie Charlie es mir geraten hat. Ich bin ihre Ehrlichkeit gewohnt, deshalb überrascht mich mein Anblick im Spiegel nicht besonders:

Meine dunkelbraunen Locken reichen mir knapp bis zu den Schultern. Heute sind sie ganz zerzaust, weshalb ich sie schnell mit meinen Fingern durchkämme. Währenddessen begutachte ich mein Gesicht: Leichte Sommersprossen zieren meine Wange und meine Stupsnase und die Bräune, die ich über den Sommer bekommen habe, verblasst langsam. Die dunklen Ringe unter meinen hellblauen Augen verraten, dass ich nicht genug Schlaf abbekommen habe.

Doch damit muss ich wohl leben, als ich das Bad schließlich wieder verlasse, um in den Schulhof zu gehen. Obwohl draußen im Gegensatz zur Kantine immer genug freie Plätze sind, strebe ich einen ganz besonderen Tisch an. Doch nicht die harte Plastikbank ist mein eigentliches Ziel, sondern die beiden Mädchen, die daran sitzen. Avery und Madison.

„Und?", fragt Avery und streicht sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Dabei funkeln ihre braunen Augen warm, was einem im Zusammenspiel mit ihren Grübchen immer das Gefühl gibt, bei ihr willkommen zu sein. In der Schule trägt sie außerdem oft eine Brille, die auch jetzt gerade auf ihrer Nase sitzt.

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