𝘤𝘩𝘢𝘱𝘵𝘦𝘳 36

16 2 2
                                    

„Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und wir hoffen, dass euch unser Projekt gefallen hat!", schließe ich den Vortrag höchst kreativ ab und lasse meine Karteikarten sinken.

Finn tut dasselbe, während die Klasse applaudiert und Mister Roberts nickt. Ich würde mich gerne sofort wieder auf meinem Platz verkriechen, doch wahrscheinlich hat unser Geschichtslehrer noch ein paar Sachen an unserer Präsentation über die Hexenverfolgungen auszusetzen. Also sehen Finn und ich ihn geduldig an, bis er sich schließlich räuspert und von seinen Notizzetteln aufsieht:

„Hat die Klasse noch Fragen?"

Sofort schießen ein paar Hände nach oben. Charlie und Maddie wollen etwas sagen, doch zu meinem Pech auch Alison. Ohne auf die anderen beiden zu warten, beginnt sie auch schon, mich zu kritisieren:

„Finn war ganz okay, aber Florence hat manchmal gestottert und zu schnell geredet. Außerdem habe ich das Gefühl, dass sie das Thema nicht richtig verstanden hat."

Ich hebe die Augenbrauen und gebe trocken zurück:

„Offensichtlich hast du Mister Roberts nicht ganz verstanden, denn das war Feedback und keine Frage."

Die Augen der Blonden verformen sich zu Schlitzen und sie umklammert den Bleistift so stark, dass ich Angst habe, dass er gleich bricht. Doch es hat sich gelohnt, denn aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich Finn angestrengt ein Schmunzeln verkneift. Charlie hingegen grinst unverschämt:

„Komisch, Alison, mir ging es genau anders.", sagt sie gespielt verwundert. „Ich finde ja: Die beiden haben das Thema so gut rübergebracht, dass man das Gefühl hat, sie hätten die Hexenjagd selbst erlebt."

In der hintersten Reihe sehe ich James, der Charlie einen Blick zuwirft, der wahrscheinlich so viel wie Halt deine verdammte Klappe bedeuten soll. Juliet würde wahrscheinlich anders reagieren und lachen, doch ihr Platz neben meinem ist leer.

Seit Elijah sich selbst von den Fesseln befreit hat und uns fast entwischt ist, bleibt immer mindestens einer der Zwillinge zuhause und passt auf, dass er nicht abhaut. Heute ist die Dämonin an der Reihe, doch ich sehe sie sowieso nachher beim Training. Ich darf sogar zum ersten Mal Ave mitnehmen, weshalb ich schon den ganzen Tag ein wenig aufgeregt bin.

„Wieso habt ihr euch für dieses Thema entschieden?", fragt Maddie und schneidet somit absichtlich Alison das Wort ab, die gerade Charlie anfauchen wollte.

Ihre Hand ballt sich zu einer Faust, was mich dazu bringt, schadenfroh zu grinsen. Doch leider kann ich mich nicht auf dem Gefühl dieser Genugtuung ausruhen. Stattdessen muss ich mir panisch eine improvisierte Antwort auf die Frage ausdenken, denn die Wahrheit kann ich ihnen wohl kaum erzählen. Das zeigt mir auch James' vielsagender Gesichtsausdruck. Offenbar weiß er, wie schlecht ich im Lügen bin.

„Das Thema interessiert doch jeden, oder nicht?", antwortet Finn statt mir schulterzuckend. Die Antwort ist ihm so leicht über die Lippen gegangen, dass ich ihn erstaunt ansehe. Finn wirkt manchmal so harmlos, dass man fast vergisst, was er eigentlich alles drauf hat.

„Genau, Anderson. Aber die Stunde ist jetzt sowieso vorbei. Einen schönen Tag wünsche ich euch noch.", beendet Roberts seinen Unterricht und somit auf die letzte Schulstunde heute.

Sofort springen die ersten auf und verlassen das Klassenzimmer. Ich atme erleichtert auf und klatsche mit Finn ein, der mich triumphierend anlächelt. Es war so toll, die Präsentation mit ihm gemeinsam auszuarbeiten.

„Du warst echt gut!", meint er, während wir auf unsere Plätze zuschlendern, um unsere Bücher zu holen. Ich grinse in mich hinein und murmle als Antwort:

how to survive modern witchcraftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt