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Chloe Prentiss

Der Abend verlief schleppend. Nachdem wir uns die neue Ausstellung im Museum angeschaut hatten, wobei Zayn fasziniert die vielen Kunstwerke betrachtet hatte und ich mich mehr mit den Kollegen meiner Mutter beschäftigt hatte, wurde noch dazu eingeladen, ein paar Häppchen zu Champagner zu sich zu nehmen und ein wenig mit den unzähligen Männern in Designer-Anzügen, die sich für unglaublich wichtig hielten, zu plaudern. Ich hatte es soweit erfolgreich geschafft, meiner Mutter größtenteils aus dem Weg gesehen, dennoch bemerkte ich deutlich ihren Blick auf mir, als Zayn und ich uns zu dem kleinen Bufett begaben, weshalb ich mir unangenehm berührt auf die Unterlippe biss und auf das Essen verzichtete. Zayn hingegen konnte gar nicht genug kriegen von den vielen leckerein Kleinigkeiten und konnte es sich auch nicht verkneifen, mir ab und zu einen Tomate-Mozzarella-Spieß in den Mund zu schieben.

"Ms Prentiss?"

Erschrocken wandte ich mich von meinem Freund ab, der sich daraufhin erneut seinem Essen widmete, und suchte nach dem Urprung der tiefen Stimme, die mich zuvor angesprochen hatte. Es dauerte nicht lange, bis ich den älteren Herrn erblickte, dessen Augen neugierig auf mir ruhten. Auf seinem Nasenrücken war eine große, schwarze Brille platziert und seine Haare, oder besser gesagt was noch von ihnen übrig war, lagen ihm verstrubbelt in der Stirn. Sein Jacket war etwas zu groß, wobei es sonst vermutlich ziemlich gut ausgesehen hätte, und man konnte seine roten Socken sehen.

"Ja?"

"Es freut mich, Sie endlich kennen zu lernen. Ihre Mutter hat schon vieles von Ihnen erzählt." Freundlich lächelnd hielt er mir die Hand entgegen, ohne sich selbst vorzustellen. Dennoch schüttelte ich diese mit einem bescheidenen Lächeln auf den Lippen und nickte kurz.

"Ist das so?"

"Gewiss. Ich habe gehört, Sie studierten Kunst und Kultur?"

Verwirrt verblich mein Lächeln und ehe ich hätte verstehen können, worüber der Herr sprach, spürte ich eine kühle Hand, die sich auf meine Schulter legte.

"Oh ja, das hat mein Schatz." Meine Mutter.

"Mum..."

"Sie kann wirklich stolz auf sich sein.", unterbrach meine Mutter mich und schickte mir ein Lächeln, das keinesfalls ihre Augen erreichte. Dennoch schien der Mann ihr ihre Lüge abzukaufen, denn seine Augen weiteten sich begeistert.

"Das Gespür für die Kunst scheint wohl in der Familie zu liegen, alle Achtung!"

Anschließend unterhielten sich der mir immer noch fremde Mann und meine Mutter noch über irgendwas, das ich keinesfalls verstand - schließlich hatte ich nie Kunst studiert - ehe er sich wieder umdrehte und begann, die nächste Dame anzureden.

"Wer war das?" Mein Blick war immer noch auf den Rücken des Mannes geheftet, während die Frage meine Lippen verließ.

"Mein Chef. Er geht bald in Rente, hoffentlich bekomme ich anschließend seine Position."

"Und deshalb erzählst du ihm, dass deine Tochter Kunst und Kultur studiert hat? Mum, ich bin Werbedesignerin!"

"Und das ist eine Schande, mein Fräulein."

Meine Mutter rümpfte verärgert die Nase, als auf einmal wieder Zayn sich zu mir gesellte.

"Oh, Guten Abend, Mrs Prentiss.", begrüßtre er sie, doch seinem Gesichtsausdruck nach schien es, als hätte er uns schon länger beobachtet.

"Es ist keine Schande, es ist meine Leidenschaft."

Mein Blick senkte sich und gekränkt musterte ich den schwarz-weißen Fußboden, in der Hoffnung, ich könnte so den stechenden Schmerz in meinem Oberkörper vergessen.

The Girl On The CanvasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt