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Zayn Malik

Mit der Zeit stellte ich fest, dass meine Träume von Chloe Prentiss sich immer realer anfühlten. Es war, alles würde all das, was sich in meinen Schlaf schlich, in Wirklichkeit passieren, obwohl mir bewusst war, dass das nie passieren würde.

Doch gleichzeitig wurde ich auch viel entspannter. Sonst war ich sofort zu meinen Kunstuntensilien geeilt, nachdem ich aufgewacht war, damit ich noch schnell ein wenig an ihrem Portrait weiter zeichnen konnte, bevor meine Erinnerungen an ihr Gesicht verblassten, doch das musste ich nun nicht mehr.

Ich wusste wie sie aussah, weshalb ich ohne Probleme nachdem ich aufgewacht war erstmal gemütlich im Bett liegen bleiben konnte und dabei Chloes hübsches Gesicht vor Augen haben, denn Gott, sie war so wunderschön. Und wenn ich dann irgendwann halbwegs wach war, fing ich an zu malen, sodass nach jeder Nacht, die ich halb durchgearbeitet hatte, das Portrait von ihr auf der großen Leinwand fortgeschrittener war.

***

Wieder einmal saß ich in dem großen, leerem Raum, doch ungewöhnlicherweise schienen mich dieses Mal die kahlen Wände einzuengen. Ich fröstelte ein wenig und schlang meine Arme um meinen Oberkröper, um mich somit ein wenig zu wärmen, als auf einmal eine schwere Tür offen fiel und ich Chloe erblickte. Sie hatte ihre Lippen fest auf einander gepresst und ihre Schritte hallten aufgrund ihrer Absätze laut als Echo wider, während ich mich automatisch hinstellte, um sie zu begrüßen, doch sie blieb abrupt um die zwei Meter vor mir stehen.

Niemand von uns beiden brachte ein Wort über die Lippen und die angespannte Stimmung war kaum zu verleugnen, als sich Chloe auf einmal die Hand vor den Mund schlug, um ein Schluchzen zu vertuschen, das ich aber trotzdem gehört hatte.

"Chloe, was...-", fing ich an behutsam nach ihrem Wohlbefinden zu fragen, doch sie ließ mich gar nicht ausreden, sondern schrie:

"Tu das was, Zayn!"

"Was meinst du dam-"

"Hilf mir, BITTE."

Ich wollte meine Arme um sie legen, um ihr Sicherheit zu geben, doch sie trat einen Schritt zurück, wobei ich bemerkte, wie sehr ihre Beine zitterten. Tränen liefen über ihre Wangen und ihre blauen Augen hatten an Glanz verloren.

"Mach irgendwas, bitte. BITTE ZAYN."

Überfordert und mit schmerzender Brust ließ ich meinen Blick über ihre zerbrechliche Persöhnlichkeit fahren, doch als ich das nächste Mal blinzelte, war sie urplötzlich verschwunden.

 

Mein Atem ging unregelmäßig und vereinzelte Strähnen klebten auf meiner Stirn, als ich wieder aufwachte. Hektisch schlug ich meine Bettdecke zur Seite, da es auf einmal ziemlich heiß war, und ich schloss für einen kurzen Moment meine Augen, um mich bestmöglich zu beruhigen.

Dieser Traum erweckte Panik in mir. Einerseits, weil ich nicht wusste, ob Chloe wirklich Hilfe brauchte oder ob es nur ein schlechter Scherz meines Unterbewussteins war, und andererseits, weil ich Angst hatte, ihn wieder zu vergessen und Chloe deswegen nicht helfen würde, wenn sie denn wirklich Hilfe brauchte.

Vermutlich war es, weil ich es einfach nicht wahrhaben konnte, aber ich glaubte nicht, dass Chloe geholfen werden musste. Es war schließlich auch quasi unmöglich, dass ich träumte, was in einem anderen Menschen vorging. Doch trotzdem musste ich mir eingestehen, dass es Chloe nicht gut ging. Sie weinte oft, hatte Vertrauensdefizite und war mit großer Wahrscheinlichkeit zerbrochen.

Umso länger ich über den Traum nachdachte, desto mehr Kopfschmerzen und Sehnsucht nach Chloe bekam ich. Ich wollte sie in meinen Armen halten und sie so lange fragen, wie es ihr ging, bis sie endlich mit der Wahrheit herausrückte, doch es war mitten in der Nacht. Malen konnte ich nicht mehr, dafür war ich zu aufgewühlt, und schlafen erst recht nicht.

Chloe brauchte jemanden, der ihr sagte, wie wunderschön und toll sie war, doch ich wusste, dass es ihr unangenehm war Komplimente zu bekommen. Es musste also einen anderen Weg geben...

***

Am nächsten Morgen fuhr ich zu Chloe, um sie zu einem Termin abzuholen, und ich spürte deutlich die Müdigkeit in meinen Knochen, die man mir auch deutlich ansah. "Sexy, sieht aus als hättest du 'ne heiße Nacht gehabt.", hatte Jackson meine Augenringe und blasse Haut kommentiert, wofür er allerdings auch einen leichten Schlag auf den Hinterkopf kassieren musste.

Vor dem Haus meiner blonden Kollegin angekommen öffnete ich von innen die Beifahrertür, sodass Chloe, die bereits bereit stand, einsteigen konnte. Kaum saß sie reichte ich ihr einen Kaffee, den ich zuvor für sie gekauft hatte, und beobachtete, wie sie mir erst lächelnd dankte und dann den Strohhalm zwischen ihre Lippen klemmte und einen Schluck nahm.

"Ist irgendwas?", fragte sie mich anschließend, als sie meinen Blick auf sich bemerkte, und ich schüttelte schnell den Kopf, ehe ich meinen Blick auf den Becher in ihren Händen richtete.

Mit gerunzelter Stirn folgte sie meinem Blick und drehte den Becher nervös zwischen ihren Finger, als sie auf einmal ihre Bewegungen stoppte.

Sie hat es entdeckt.

Auf den Becher hatte ich zuvor eine kleine Notiz geklebt, auf der Folgendes stand:

"Vergiss nicht, dass du wunderschön bist."

Ich bemerkte, wie ihre Wangen sich ein wenig röteten und ihr Blick unruhig schwankte, ehe sie leise fragte:

"Willst du nicht losfahren?"

Ich nickte und biss mir leicht auf die Lippen, damit mein Grinsen aufgrund von ihrer Schüchternheit nicht allzu offensichtlich wurde, doch auch auf ihrem Gesicht erkannte ich ein kleines Lächeln.

Die Fahrt bis zu dem Unternehmen unserer Kunden, dem Kundenservice für Haushaltsgeräte, verlief ziemlich ruhig, lediglich das Radio trällerte vor sich hin und meine Finger trommelten im Takt der Songs auf gegen das Lenkrad.

"Z-Zayn?"

"Hm?", machte ich und parkte direkt vor der großen Eingangstür auf einem gerade erst freigewordenem Parkplatz.

"Ich, ich will da nicht noch einmal rein."

Mein Blick traf auf ihren und sie biss sich leicht auf ihre Unterlippe, während sie fest und mit beiden Händen ihren Kaffeebecher umklammerte.

"Wieso?"

"Weil..."

Sie antwortete nicht, ließ ihren Kopf in den Nacken fallen und kniff die Augen zusammen.

"Du kannst mir alles sagen, okay? Ich bin für dich da, du kannst mir vertrauen.", flüsterte ich und nahm ihr den Becher ab, den ich daraufhin auf das Amaturenbrett des Wagens stellte, sodass ich ihre kalten Hände in meine nehmen konnte.

Meine Daumen zeichneten Kreise auf ihre zarte Haut und ich versuchte das nervöse Zittern ihrer Hände zu ignorieren, damit ich mich nicht auch noch verrückt machte.

"Er ist da.", hauchte sie beinahe tonlos, doch ich hatte es trotzdem gehört, weshalb ich nachfragte:

"Wer?"

"Eddy - Edward Cole."

The Girl On The CanvasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt