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Zayn

"Mr Bones sagte mir, er würde Ihnen die Einzelheiten zu unserem gemeinsamen Projekt per Post schicken lassen."

Monoton starrte ich auf meinen Papierbecher, welcher gerade geräuschvoll von einer Maschine mit Kaffee gefüllt wurde, und hörte dabei nur mit halbem Ohr zu, was Miss Prentiss mir zu sagen hatte.

Hier in der Cafeteria unseres Unternehmens war es ungewöhnlich still, obwohl sie gut gefüllt war, und ich spürte wie der Großteil der Aufmerksamkeit auf meiner neuen Kollegin und mir lag.

Als der Becher fertig gefüllt war schnappte ich ihn mir und machte mich, nachdem ich Miss Prentiss zugenickt hatte, schnell auf dem Weg zu einem der Stühle, um mich hinzusetzen.

Miss Prentiss jedoch folgte mir und schon hörte ich ein leises Kichern und Flüstern hinter mir:

"So einfach scheinst du die Alte nicht loszuwerden, Malik."

Genervt fuhr ich mir durch die Haare, ehe ich mich an Miss Prentiss wendete:

"Wie lange haben wir insgesamt Zeit für diesen Auftrag?"

"Fragen sie Mr Bones, er ist schließlich der Chef und nicht ich."

Auf ihren zickigen Ton hin hob ich nur abwehrend die Hände, doch sie beobachtete nur mit kaltem Blick scheinbar gelangweilt den Regen, der auf die Fensterscheiben prasselte, anstatt weiterhin auf mich zu achten.

Ihre Finger trommelten ebenso leise wie die Regentropfen gegen die Fenster auf die Tischplatte vor uns, bis der Mann hinter uns irgendwann schnaubte:

"Du nervst, Oma, klar?!"

Auf Miss Prentiss' erschrockenen Gesichtsausdruck hin fing er an kehlig  zu lachen und sofort trat ihre monotone Mimik wieder ein, mit dem Unterschied, dass ihre Finger nun stumm miteinander in ihrem Schoß verknotet waren.

"Wann wollen wir uns zum Arbeiten treffen?", fragte ich weiter, doch sie zuckte lediglich mit den Schultern.

"Sagen Sie mir einfach, wann Sie Zeit haben."

Ich nickte und kratzte mir gedankenverloren am Kinn, während ich meinen innerlichen Terminplan durchging, welcher ehrlich gesagt ziemlich leer war.

"Haben Sie morgen Zeit?", meinte ich schließlich und versuchte mich nicht allzu sehr davon irritieren zu lassen, dass ich eine Frau ungefähr in meinem Alter siezte.

Doch nicht nur die Art und Weise, wie sie mit mir und generell anderen Personen umging, war verwunderlich, sondern auch ihre Mimik. In ihren Augen lag stetig etwas Kühles, unantastbares, und ihr Gesichtsausdruck zeigte kaum an Emotionen, sodass es beinahe unmöglich war herauszufinden, was in ihr vorging.

Ich kannte Leute, die ihre Launen durch Anziehsachen ausdrückten, indem sie sich bunt und chaotisch anzogen, wenn sie glücklich waren, und sich düster und unscheinbar kleideten, wenn sie einen schlechten Tag hatten.

Die Kleidung von Miss Prentiss allerdings passte überhaupt nicht zu ihrem Alter und machte es mir somit schwierig, sie als unscheinbar oder doch auffällig einzustufen. Unter mehreren Frauen in den Wechseljahren oder gar noch älter würde sie mit ihren weit geschnitten, tristen Kleidungsstücken und der strengen, altmodischen Frisur vermutlich eher nicht auffallen, doch wenn ich sie mit anderen Frauen in unserem Aler verglich, war sie wiederum das komplette Gegenteil. Man konnte sie einfach in keine Schublade einordnen, da man sie nicht einschätzen konnte. Sie schaffte es, dass man anhand ihrem bloßen Verhalten und Aussehen nichts über sie erfahren konnte.

Nach einer Weile nickte Miss Prentiss schließlich und wir machten noch schnell Datum und dass wir uns bei ihr treffen wollten aus, ehe sie mir zu guter letzt noch ihre Adresse aufschrieb und wir uns von unseren Plätzen erhoben.

The Girl On The CanvasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt