Chloe Prentiss
Zayn hatte sich über Nacht tatsächlich erkältet, wobei ich das aufgrund der Hitze in unserem Bett nie für möglich gehalten hätte, doch nichts desto trotz bestand er darauf, dass wir in die Stadt fahren würden, um einen Pass für ihn zu beantragen. Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir uns fertig für den Tag, er im Bad und ich in meinem Zimmer.
Zuvor hatte ich festgestellt, dass sich auch nach letzter Nacht nichts zwischen uns verändert hatte, und dies entspannte mich deutlich. Was er für mich getan hatte mochte vielleicht für ihn nichts Besonderes gewesen sein, doch für mich bedeutete dies, dass ich ihm wirklich vollkommen vertraute, und zwar ohne jegliche Hintergedanken. Doch die letzten drei Worte, die er geflüstert hatte, waren garantiert nicht nur für mich, sondern auch für den wunderschönen Mann, den ich stolz meinen Freund nennen konnte, bedeutend.
Ich liebe dich - zwei Personen - du und ich - verbunden durch das klitzekleine Wort "liebe". Die Worte konnten auf den ersten Blick womöglich unscheinbar wirken, vielleicht sogar übersehen werden, aber dennoch spielten sie eine große Rolle. Es gab Leute, die alles, an was sie Gefallen gefunden hatten, mit dem Wort "Liebe" in Verbindung brachten. Oft hörte man Sätze wie "Ich liebe Nudeln" oder "Ich liebe diesen Song", doch wie viel Liebe steckte wirklich dahinter? War nicht alles irgendwie vergänglich? Es war schwer zu unterscheiden, was wirklich Liebe war und was einfach nur gefiehl, wenn das Wort "Liebe" so oft und in jedem erdenklichen Zusammenhang in den Mund genommen wurde, doch ich glaubte Zayn, wenn er sagte, er würde mich lieben. Der kurze Satz aus seinem Mund, geformt von seinen vollen, weichen Lippen, die mir am besten gefielen, wenn sie auf meinen lagen, wirkte eigenartig auf mich; ich konnte nicht glauben, dass er die drei Worte tatsächlich gesagt hatte, doch irgendwas an der Art, wie er sie gesagt hatte, ließ mich ihm glauben.
Ich war nicht mehr so naiv, wie ich es früher mal gewesen war. Auch Edward hatte ich diese Worte geglaubt, doch damals dachte ich auch, dass ich seine Liebe erwiedern würde. Es war mir nicht möglich, zwischen Liebe und Hass zu unterscheiden, denn zwischen diesen beiden Gefühlen lag nur ein schmaler Spalt, und manchmal hatte ich das Gefühl, von den beiden total unterschiedlichen Fronten erdrückt zu werden. Ich hatte Edward gehasst, vermutlich tat ich dies auch immer noch, doch richtige Liebe hatte ich ihm gegenüber nicht verspürt. Ich hatte unendlich viel Gefallen an ihm gefunden, doch wenn ich an die Zeit zurückdachte, die ich mit Edward verbracht hatte, wurde mir etwas Wichtiges bewusst. Edward war für die Gegenwart gewesen, es war in meinen Augen eine kleine Romanze zwischen zwei Jugendlichen gewesen, wobei ich ziemlich naiv gewesen war, und auch wenn ich damals geglaubt hatte, ihn zu lieben, wusste ich es nun besser. Jedenfalls hatte es sich nicht annähernd so angefühlt wie mit Zayn. Ich konnte nicht über die Lippen bringen, dass ich Zayn liebte, ich hatte Angst, es mir selbst einzugestehen, aber es war mir bewusst, dass seine Gefühle nicht unerwidert bleiben würden. Edward war für die Gegenwart bestimmt gewesen, eine Lovestory, die zum Scheitern verdammt worden war, doch das mit Zayn hatte eine Zukunft. Und vielleicht war es das, was mir Angst machte. Ich hatte keine Kontrolle über das, was noch geschehen würde.
"Zieh du das für mich an?" Zayn war neben mir erschienen und stand vor meinem Kleiderschrank, während er auf einen roten Regenmantel, den ich seit Jahren nicht mehr getragen hatte, zeigte.
"Wieso? Er sieht grauenhaft aus.", sagte ich, griff jedoch trotzdem nach dem Kleidungsstück und fuhr mit meinem Daumen über den weichen Stoff.
"Du siehst bestimmt süß darin aus."
Zayn griff entschlossen nach dem Bügel mit dem Mantel und reichte ihn mir, ehe er sich wieder aus dem Staub machte, nachdem er angekündigt hatte, dass er noch schnell seine Zähne putzen würde.
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Es regnete wie aus Eimern, als Zayn und ich ein paar Minuten später durch London liefen, und vielleicht war es doch keine allzu schlechte Idee gewesen, auf Zayn zu hören und tatsächlich den roten Regenmantel zu tragen, denn dieser war wenigstens wasserfest und hatte eine Kapuze. Ich fühlte mich wohl, während Zayns Daumen immer wieder Kreise über meinen Handrücken fuhr und wir Hand in Hand durch die verregneten Straßen liefen, so unglaublich wohl, dass ich fast nicht die Blicke von Fremden beachtete, die auf mir lagen.
"Da können wir Passfotos von dir machen lassen.", murmelte ich und zeigte auf ein kleines Fotogeschäft auf der gegenüberliegenden Straßenseite, das wir kurz darauf betraten.
Eine angenehme Wärme begrüßte uns und sofort lief ein junger Angestellter auf uns zu, der - nachdem wir ihm mitteilten, was wir benötigten - uns sofort mit sich in eine kleinere Stube mitnahm. Zayn wurde angewiesen, sich auf einen kleinen Stuhl, der von weißen Wänden eingekästelt wurde, zu setzten und bescheiden zu lächeln, doch ich konnte es mir nicht verkneifen, hinter dem Rücken des Fotografs eine Grimasse zu ziehen, weshalb auch Zayn lachen musste.
"Mr Malik, nur ein bisschen lächeln bitte.", mahnte er und ich war mir hunderprozentig sicher, dass er wusste, dass ich der Grund für Zayns Lachen war.
Letzendlich wurden dennoch ein paar Passfotos geknippst und ich bestand darauf, eins extra für mich auszudrucken, da ich auch ein Exemplar wollte. Ich bekam jedoch nur das Foto ab, auf dem Zayn auflachte, doch das freut mich nur noch sehr, da seine Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen waren und seine Nase aufgrund seiner Erkältung rot leuchtete. Er sah unglaublich süß aus und erinnerte mich - warum auch immer - an Rudolph, das Rentier mit der roten Nase.
"Ich würde sagen, unserer Reise nach Paris steht nun nichts mehr im Weg.", grinste Zayn und griff erneut nach meiner Hand, während ich noch schnell sein Foto in meine Tasche gleiten ließ. Ich würde es aufhängen, beschloss ich heimlich und ein Lächeln trat auf meine Lippen.
"Ich freue mich schon so sehr darauf.", entgegnete ich und blickte ihm in die Augen, während ich den Gedanken an meine Mutter, die bestimmt überhaupt nicht erfreut über Zayn sein würde, versuchte in den hintersten Winkel meines Kopfes zu rücken.
"Und weißt du was? Ich werde dich unter dem Eifelturm küssen und vermutlich werden uns zehn Japaner dabei fotografieren."
Er lachte leise und ich schüttelte ebenfalls grinsend meinen Kopf, ehe ich ihm einen kleinen Kuss auf die Wange drückte.
"Das wäre toll, Zayn."
Es regnete immer noch und langsam kroch die Feuchtigkeit durch meine Schuhe, doch Zayn schien es nicht eilig zu haben wieder ins Trockene zu kommen. Stattdessen blieb er lieber mit mir auf dem Bürgersteig stehen, sodass seine Haare ihm bereits in nassen Strähnen im Gesicht klebten.
"Chloe?"
"Hm?"
"Ich", begann er wieder in leiserer Stimme zu reden, als würde er mir anschließend ein wichtiges Geheimnis zuflüstern, das niemand anderes hören sollte, "Ich bin mir sicher, dass du mich gestern Abend noch gehört hast, aber ich wollte nur noch einmal sagen, dass ich die Wahrheit gesagt habe. Ich liebe dich wirklich, Chloe."
"Ich...", setzte ich an, doch mein Kopf war leer. Ich konnte nicht damit umgehen, dass Zayn sich mir so öffnete, ich brauchte noch Zeit. Deshalb hob ich einfach nur eine Hand, strich ihm die nassen Haare aus dem Gesicht und schmiegte mich schließlich an ihn, um meine Lippen auf seine zu legen.
Ich liebe dich auch, Zayn.
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Ich hoffe, ihr hattet alle ein schönes Weihnachten mit euren Liebsten und dass auch das ein oder andere Geschenk für euch unterm Baum lag c: Und natürlich wünsche ich euch auch einen guten Rutsch ins neue Jahr, wenn wir vorher nichts mehr von einander hören, kommt gut rein :D
Gefällt euch das neue Cover? ^^
Alles Liebe, Hannah xxx
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The Girl On The Canvas
Fiksi PenggemarWie von selbst fuhr der Bleistift in Zayns Hand über das Blatt Papier und zeichnete behutsam die ersten Umrisse, an die er sich noch aus seinem Traum erinnern konnte. Die Müdigkeit der Nacht, die ihn vor einem Moment noch geplagt hatte, war nun wie...