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"Lass uns gehen!" stieß ich aus.
Marten schien sofort zu verstehen und legte eine Hand auf meinen Rücken und schob mich aus dem Zelt.
"Das war seine Schwester nicht wahr?" fragte er und sah zu mir.
Ich nickte nur, versuchte die Wut die in mir hoch kochte zu unterdrücken und setzte einen Fuss vor den anderen.

Sie war hier? Was wollte sie hier? Sie hatte sich nie für soetwas interessiert und nun stand sie da und klopfte meinen Tag mit einem Satz in die Tonne!
"Bleib stehen! Du feiges Miststück!" schrie sie und hechtete uns tatsächlich nach.
"Lass uns zu den Motorrädern. Ich muss hier weg sonst tuh ich vielleicht etwas das ich später bereuen werde." murmelte ich und bog direkt auf den Weg ein der zu einem der vielen Parkplätze führte.
"Beruhig dich..." murmelte Marten. Er konnte sehen wie sehr ich zitterte. Ich wusste nur selbst noch nicht so ganz wieso. Vor Wut? Vor Angst? Triggerte mich ihr plötzliches Auftauchen?

Es ging so schnell das ich selbst nicht genau wusste was ich da tat. Ich hatte gespürt wie sie mich am Arm packte, in diesem Moment hatte ich mich blitzartig umgedreht, ihr mit dem Handballen einen Schlag schräg gegen die Nase verpasst und sie dann schockiert angesehen. Sie war zurück getaumelt und dann gefallen.
Sie schrie spitz auf, hielt sich das Gesicht und kugelte etwas verzweifelt am Boden herum.
"Ich hab dir damals schon gesagt das du mich in Ruhe lassen sollst. Es gibt dieses Näherungsverbot nicht umsonst!" sagte ich laut, konnte jedoch selbst hören das meine Stimme wackelte.
In meinen Ohren rauschte es unerträglich laut, Marten zog mich weg von der Frau die mir die letzten Jahre meines Lebens zur Hölle gemacht hatte. Ich hätte noch viel mehr tun wollen aber dann würde ich vermutlich nie wieder einen Fuss in die Freiheit setzen.

"Gib deinen Schlüssel." murmelte Marten und kramte dann doch selbst in meiner Handtasche herum.
Ich zuckte zusammen als ich ihr Geschrei wieder wahr nahm. Wir waren weiter gelaufen und standen schon vor unseren Motorrädern.
Lennox, Sascha, Steven, der Typ dessen Name man nicht aussprechen konnte und Karl waren mittlerweile zu uns gestoßen und schienen nicht so recht zu wissen ob sie mir helfen sollten oder nicht.
Das erledigte sich jedoch von selbst den sie stürmte auf mich zu, ich wich jedoch aus und so stolperte sie über einen Bordstein und machte sich lang.
"Du kleine Nutte!" schrie sie und raffte sich wieder auf.

Ich war nicht dazu in der Lage zu sprechen, einen vollen Satz zu bilden oder irgendetwas zu tun denn ich musste mich bemühen ihr nicht einfach ihr dummes Mundwerk zu stopfen.
"Wie lange wird es dauern bis du den Nächsten unter die Erde bringst huh? Lässt du dir da auch so viel Zeit?!" schrie sie und krabbelte unbeholfen herum. Der Uhrzeit bedingt war der Grünstreifen, in welchem sie gerade versuchte wieder auf die Beine zu kommen, noch Taunass und leicht abschüssig so das sie immer wieder ausrutschte.
"Steig auf, Steven fährt dein Bike." murmelte Marten und drückte mir meinen Helm in die Hand.
"Ach... Jetzt versteh ich... Du bist jetzt eine kleine Hure!" schrie sie und rutschte direkt wieder aus.
Mittlerweile sahen einige Passanten dabei zu wie sie vollkommen eskalierte.

In mir wurde es still, so wie damals als ich das erste Mal seit ewigkeiten in eine Kirche gegangen war.

Es war still um mich, trotz der Motorengeräusche. Ich blendete sie aus und sah in den Himmel.

"Verzeihung..." flüsterte ich ging die wenigen Meter zu ihr und trat ihr mit Schwung ins Gesicht.
Dann war auch sie endlich still.

Vermutlich hätte ich meinen Job in Deutschland sowieso verloren, also war eine Vorstrafe auf oder ab wohl auch schon egal. Ich würde vermutlich ein bisschen Schmerzensgeld zahlen und wenns ganz blöd laufen sollte, dann würde ich eben ein paar Monate auf Bewährung bekommen. Es war mir egal denn ich hatte den Verdacht das durch die Verhaftung in Italien sowieso schon einiges anders sein würde wenn wir zurück nach Hause kommen würden.

"Steig jetzt auf verdammt!" riss mich Marten aus meinen Gedanken. Damit kam endlich wieder Bewegung in mich.

Wir fuhren nicht wie erwartet zurück ins Strandhaus sondern in die gesperrte Area81.
Von deren Existenz hatte ich bis dato noch nichtmal gewusst, umso faszinierter war ich als ich sie sah.

"Was machen wir hier?" fragte ich als ich von Martens Motorrad gestiegen war.
"Dir was zu Trinken organisieren und gucken das du runter kommst. Du zitterst ja immer noch wie ne gestörte!" warf Lennox ein und ließ mich so erschrocken zur Seite springen.
"Is ja jetzt nicht so als hätte sie es nicht verdient aber du bist mir lieber wenn du lieb bist." schmunzelte Sascha. Die Kerle schienen das alles völlig gelassen zu sehen, während ich nun doch damit zu kämpfen hatte.
Was hatte ich mir dabei gedacht?

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