"Wir ziehen um!"
Das sind die Worte, die Kylies Leben komplett veränderten.
Neue Schule, neue Freunde, einfach alles neu.
Das wäre gar nicht so schlimm, wenn nicht auch noch Dylan, der Anführer der Badboys ihrer Schule, auf sie aufmerksam werden wü...
Wütend verließ ich das Haus. Wieder hatte Kylie es geschafft eine Ausrede zu finden, obwohl ich dachte, ihr alle Möglichkeiten genommen zu haben. Aber nein, sie hat trotzdem eine gefunden. Wahrscheinlich hatte sie irgendeinen Bekannten angerufen, von dem sie wusste, dass er sie decken würde.
Doch eins musste ich ihr lassen: Sie konnte ziemlich gut lügen, was mir sagte, dass das nicht das erste Mal und wohl auch nicht das letzte Mal gewesen war.
Was ist nur dein Geheimnis, Kylie Hall? Ist es so wichtig, dass du alle in deiner Umgebung anlügen musst und ihnen Sorgen bereiten musst? Ist es das wert?
Für sie anscheinend schon.
Trotzdem werde ich nicht aufgeben. Irgendwie werde ich einen Weg finden, dass sie es mir sagt oder ich es irgendwie anders erfahre.
Eigentlich müsste ich deshalb alle meine Möglichkeiten nutzen, doch das hatte ich nicht getan. Ich hatte Lukas nicht gesagt, dass ihre Nase nicht die erste Verletzung war, die ich bemerkt hatte.
Warum? Ich wusste es nicht. Irgendwie hatte ich den Drang gehabt, Kylie zu beschützen. Doch schützte ich sie damit wirklich oder machte ich damit den Weg frei für noch mehr Geheimnisse und Verletzungen? Was auch immer sie verheimlichte, konnte nicht ungefährlich sein, wenn sie jetzt schön öfters verletzt wurde... Was wäre wenn sie deshalb sterben würde? Hätte ich dann nicht eine Mitschuld, weil ich Lukas nicht die Wahrheit gesagt hatte?
Ich hatte das Gefühl, dass mein Kopf gleich platzen würde bei so viele Fragen, die dort herumschwirrten.
Zum Glück klingelte in diesem Moment mein Handy. Ich nahm schnell ab, da ich eine Ablenkung wirklich gut gebrauchen konnte.
"Hallo", meldete ich mich. "Hi, Dylan. Ich bin's Ethan. Hättest du Zeit vorbei zu kommen? Wir müssen mal wieder Informationen austauschen", kam es aus meinem Handy. "Klar. Ich bin in 15 Minuten bei dir." "Gut. Bis gleich", verabschiedete er sich.
Ich schwang mich auf mein Motorrad und fuhr zu Ethans Haus. Dort angekommen musste ich gar nicht erst klingeln, da Ethan mir sofort die Tür öffnete, als ich davor stand.
"Rein spaziert", begrüßte er mich und machte mir Platz, damit ich eintreten konnte. Dann ging er an mir vorbei und führte mich in sein Wohnzimmer, wo wir es uns auf dem Sofa bequem machten.
"Willst du ein Bier?", fragte mich Ethan. "Gerne." Als hätte er nur darauf gewartet, zauberte er hinter seinem Rücken 2 Bier hervor und warf mir eines zu. Geschickt fing ich es auf und öffnete es.
"So. Jetzt schieß los. Was gibt es Neues?", wollte ich wissen.
Nervös ruschte Ethan auf seinem Sitzplatz herum, während er seine Hände knetete.
Was ist denn jetzt schon wieder?
Wenn Ethan unruhig war, konnte das nur bedeuten, dass er schlechte Nachrichten für mich hatte. Als hätte ich nicht auch schon so wegen Kylie schlechte Laune....
Kraftlos seufzte ich: "Was ist es dieses Mal?"
"Um genau zu sein sind es 2 Nachrichten. Beide nicht erfreulich."
Ich schenkte ihn einen genervten Blick. Konnte nicht einmal etwas gut laufen? Was hätte ich dafür gegeben, wenn er gesagt hätte: 'Hey, ich hab 2 super Neuigkeiten, die dich sicher aufmuntern werden!' Tja, aber so war mein Leben nun mal nicht.
Ich gab ihn ein Handzeichen, dass er weitersprechen sollte. "Ähm.. ja.. Wo soll ich anfangen? Oh man. Wieso muss eigentlich immer ich schlechte Nachrichten überbringen? Ok, egal. Ich sage es jetzt einfach kurz und schmerzlos. Hoffentlich. Die erste Neuigkeit ist, dass ich gerade erfahren haben, dass Snakebites Hooded Person angegriffen hat. Leider habe ich dazu aber keine näheren Informationen. Alles was ich weiß ist, dass sie ihr gestern aufgelauert haben und seit dem Hooded Person auch nicht mehr gesehen wurde. Das muss aber nichts bedeuten, da Hooded Person sowieso nur alle paar Tage oder Wochen mal auftaucht. ABER -und das macht mir Sorgen- es geht das Gerücht herum, dass die Schlange persönlich bei dieser Aktion anwesend war. Wir wissen beide was das bedeuten würde..."
Dann wäre sie tot. Dieser Satz stand im Raum, doch keiner von uns beiden traute sich ihn laut auszusprechen.
Noch nie hatte es jemand geschafft zu entkommen, wenn die Schlange anwesend war. Deshalb hatten wir auch überhaupt keine Informationen über den Anführer der Snakebites.
Aber Hooded Person hat uns schon öfters überrascht. Vielleicht hat sie doch überlebt. Hoffentlich...
Auch wenn die Chance gering war, war sie da und das zählte. Solange mir keiner ihre Leiche zeigen würde, würde ich fest daran glauben, dass sie noch am Leben war. Sie hatte oft genug bewiesen, dass wir sie nicht unterschätzen durften.
"Ok, scheiße. Aber da können wir nichts machen außer abwarten, ob Hooded Person wieder auftaucht. So hart es auch klingt: Das ist unsere einzige Möglichkeit. Was wolltest du noch sagen?"
"Wir haben das Gebäude für den Deal, den die Snakebites mit dem Dragon Clan geplant haben, zwischen vollständig auszukundschaftet. Das Problem ist, dass das Gelände sehr weitläufig ist. Wir brächten deutlich mehr Männer, um alles abzudecken, als wir haben."
Scheiße.
Das Ganze ist sowieso schon enorm riskant, doch mit zu wenigen Männern konnten wir es vergessen.
"Wie viele?", wollte ich wissen.
"Mindestens 20. Es tut mir leid, Dylan, aber ich weiß nicht, wo wir so viele Männer innerhalb weniger Tage auftreiben sollen. Schließlich können wir nicht irgendwelche nehmen. Sie müssen vertrauenswürdig und vorallem gut ausgebildet sein, damit die Mission gelingt."
Das musste er mir nicht sagen. Wenn es jemand wusste, dann ich. Schließlich kümmerte ich mich jedes mal persönlich um die neuen Mitglieder. Jeder der in Frage kam, dass er als Mitglied taugte, nahm ich persönlich genauestens unter die Lupe, damit ich auch wirklich sicher gehen konnte, dass er kein Spitzel der Polizei oder einer anderen Gang war. Aber noch wichtiger, dass er das hier überleben konnte. Was wir machten, war nicht einfach und man musste starke Nerven und Kampferfahrung haben, um das zu schaffen, sowohl körperlich als auch seelisch.
Aber es gab vielleicht eine Möglichkeit, wie wir die Männer doch noch auftreiben konnten: "Vielleicht gibt es doch noch eine Lösung... Kayleb und ich haben vor kurzen erst einen neue Kandidaten gesucht. Wir sind auf 18 potenzielle Anwärter gestoßen. Natürlich müssten wir sie erst einmal fragen, ob sie dabei wären, doch es könnte klappen."
"Selbst wenn tatsächlich ALLE -was wirklich unwahrscheinlich ist- mitmachen würden, hätten wir doch erst 18. Wir brauchen aber mindestens 20. Das werden wir nicht schaffen", meinte Ethan und nahm mir den Wind aus den Segeln.
Nein, nein und nochmal nein! Wir hatten soviel Arbeit in dieses Projekt gesteckt, als wir Informationen gesammelt hatten und das Gelände ausgekundschaftet hatten. Da konnte es doch nicht nur daran scheitern, dass uns 2 Männer fehlten.
"Fragen wir erst einmal die 18. Dann schauen wir weiter. Es kann ja wohl nicht so schwer sein, die Restlichen aufzutreiben", bestimmte ich.
Zumindest hoffe ich das...
☆☆☆
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