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POV Dylan:

Erschrocken wachte ich auf.

Scheiße. Wie viel Uhr ist es?

Schnell schaltete ich mein Handy an: 4:12 Uhr

Was?!
Ich habe doch nur kurz meine Augen zu gemacht....

Kurz waren dann wohl über drei Stunden.

Als ich mich umschaute, bemerkte ich, dass auch Kayleb und Lukas  schlafend auf dem Sofa lagen.
Gut, dann konnten sich die Beiden wenigstens ein bisschen ausruhen.

Bis 1 Uhr waren wir mit den anderen Jungs draußen gewesen und hatte probiert Kylie irgendwo zu finden. Vergebens. Es gab NICHTS, was darauf hindeuten könnte, wo sie sich aufhalten könnte.

Um halb eins hatte Ethan mir dann klar gemacht, dass das nichts mehr bringen würde und wir bis morgen warten müssten. Davon hatte ich aber nichts hören wollen und noch eine weitere halbe Stunde alle rumgescheucht, in der Hoffnung doch noch etwas zu finden. Erfolglos.
Dann musste selbst ich zugeben, dass das nichts mehr brachte und hatte die Gangmitglieder in ihre Betten geschickt.

Kayleb und ich waren mit zu Lakas gefahren, in der Hoffnung dass Kylie inzwischen nach Hause gekommen kommen wäre, was nicht der Fall gewesen war. Dann hatten wir nochmal bei allen Freunden von Kylie angerufen, ob sie nun bei ihnen aufgekreuzt wäre, was aber ebenfalls nicht passiert war.

Kylie blieb weiterhin verschwunden.

Plötzlich hörte ich das leise Knarren wieder, dass mich vorhin auch schon geweckt hatte.

Was ist das?

Leise stand ich auf und achtete darauf die anderen Beiden nicht zu wecken. Dann machte ich mich auf den Weg in den Flur, da meiner Meinung nach die Geräusche von dort kamen.

Da war eindeutig jemand.
Die Geräusche traten nämlich viel zu regelmäßig auf, als dass es nur das knackende Holz des Bodens sein konnte.

Vorsichtig schlich ich mich näher heran und erkannte eine schwarze Silhouette, die gerade dabei war die Haustüre leise zu zu ziehen.

Als hätte mich die Person gehört, obwohl ich eigentlich keinen Laut von mir gegeben hatte, wirbelte sie herum und fixierte mich.
Endlich konnte ich dank dem Mondlicht, das durch das Fenster schien, das Gesicht der Person erkennen.

"Kylie?", flüsterte ich ungläubig.
"Dylan? Was zur Hölle machst du in meinem Haus?", fragte Kylie mindestens genauso geschockt.

Es war tatsächlich Kylie.

Schnell knipste ich das Licht an, damit wir uns besser sehen konnten.

Sofort zog ich scharf die Luft ein.

Schnell versteckte Kylie ihre rechte Gesichtshälfte hinter einer Wand aus Haaren, doch es war bereits zu spät.
Ich hatte alles gesehen.

Auf Kylies rechter Wange pragte ein großer roter Handabdruck und die Wange war auch schon deutlich dicker als sonst.

Mit schnellen Schritten überbrückt ich die letzten Meter, die zwischen uns lagen und strich sanft Kylies Haare hinter ihr Ohr, damit ich ihre Wange nochmals genauer betrachten konnte.

Erst zuckte sie zurück, doch dann ließ sie mich einfach machen.

Ich konnte dunkle Augenringe unter ihren leicht geschwollenen Augen sehen, die zeigten, wie erschöpft sie war.
Auch hatte sie eine Beule am Hinterkopf, als wäre sie nach dem Schlag in ihr Gesicht, gegen irgendetwas geknallt.

Unglaubliche Wut stieg in mir auf und mein kompletter Körper spannte sich an.
Trotzdem beherrschte ich mich. Wenn ich jetzt durchdrehte, würde Kylie sich nicht mehr von mir helfen lassen und es war jetzt erstmal am wichtigsten ihre Verletzungen zu versorgen.

Langsam öffnete ich meine geballten Fäuste wieder und nahm sanft aber bestimmt Kylies Hand und zog sie mit mir mit ins Bad, wo ich einen ersten Hilfe Kasten vermutete.

Fragen wie wer das war oder wie das passiert ist, konnte ich auch später noch stellen, wenn ich nicht das Gefühl hatte, dass sie jeden Moment umkippen würde.

Schon allein dass Kylie sich ohne Protest von mir mitziehen ließ, zeigte mir, wie fertig sie war. Wenn sie noch nicht einmal dafür mehr Kraft hatte, dann auch nicht für ein Verhör.

Vorsichtig bugsierte ich sie zum Rand der Badewanne, damit sie sich dort hinsetzen konnte. Anscheinend keine Sekunde zu früh, denn genau in diesem Augenblick gaben ihre Beine nach und sie sank in sich zusammen. Wenn ich sie nicht gehalten hätte, wäre sie wahrscheinlich auch noch rückwärts in die Badewanne gerutscht.

"Halt noch ein bisschen durch. Dann kannst du ins Bett", versicherte ich ihr fast schon lautlos. Ich konnte jetzt nicht reden, weil sonst tausend andere Sachen meinen Mund verlassen hätten, für die jetzt gerade nicht der richtige Augenblick war.

Wo verdammt nochmal bist du gewesen?
Wieso hat es keine Spuren gegeben, die uns verraten hätten, wo du hingegangen bist?
Wieso bist du verletzt? Wer ist das gewesen?
Was hast du dir dabei gedacht einfach so zu verschwinden? Weißt du denn gar nicht, was für Sorgen wir uns gemacht haben?
...
Was läuft da mit Leo?

Okay. Manche Fragen waren vielleicht wichtiger als andere...

Während ich mich zusammenriss, um meine Gedanken nicht auszusprechen, hatte Kylie noch ein letztes Mal ihre Kräfte zusammengekratzt, sodass sie jetzt wenigstens etwas aufrechter und aus eigener Kraft auf dem Wannenrand sitzen konnte.

Immer noch unsicher, ob sie nicht doch noch umkippen könnte, ließ ich sie nicht aus meinem Blick, während ich die Badschränke nach einem Waschlappen und Verbandszeug absuchte.

Den Waschlappen hatte ich schnell gefunden, doch meine Suche nach einem Verbandskasten oder ähnlichem blieb erfolglos.

"Man.... Wo ist denn nur der verdammter Verbandskasten?", murmelte ich leise vor mich hin.
"Hier wirst du keinen finden", hörte ich so leise Kylies schwache Stimme, dass ich im ersten Moment dachte, ich hätte sie mir nur eingebildet. Doch da sprach sie weiter: "Du musst dich nicht um mich kümmern. Das schaffe ich alleine."

Ist das ihr ernst?

"Das ist ein Scherz oder?
Du wärst gerade fast in die Badewanne gefallen, wenn ich dich nicht gehalten hätte, weil du so geschwächt bist und jetzt willst du mir erzählen, dass du das ALLEINE schaffst?", fragte ich ungläubig.

Im ersten Moment dachte ich, dass sie mir widersprechen würde, da in ihren Augen Trotz aufblitzte. Doch kurze Zeit später wurde diese Empfindung von unglaublicher Erschöpfung überlagert, sodass sie fast schon wieder rückwärts umgekippt wäre. Im letzten Moment konnte sie sich glücklicherweise noch am Wannenrand festkrallen.

Nun schien auch ihr klar zu werden, dass es keinen Sinn hatte, mich davon überzeugen zu wollen, dass sie alleine klar käme.
Erschöpft ließ sie ihre Schultern hängen und murmelte irgendetwas so leise vor sich hin, dass ich es nicht verstehen konnte, bevor sie ergeben seufzte: "Okay. Kannst du mir dann bitte in mein Zimmer helfen?"

Während sie das sagte, verzog sie ihr Gesicht und sprach so angestrengt, dass ich, wäre die Situation eine andere, bestimmt aufgelacht hätte. So konnte ich mir aber nur ein kleines müdes Lächeln abringen.
Dieses Mädchen war wirklich unglaublich. Sogar in absoluten Notsituationen war sie fast zu stur Hilfe anzunehmen.

Trotzdem sagte ich nichts, sondern hob sie kurzer Hand im Brautstyle hoch, um ihr gar nicht erst die Chance zu geben, ihre Meinung wieder zu ändern.

Badboys never love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt