Zenith Teil 1

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„Also, Bruderherz, was ist dein Plan? Wie gehen wir als Nächstes vor?"

Valtor unterdrückte ein genervtes Aufseufzen, während er eine weitere Seite in seinem Buch umblätterte. Alastair wich ihm kaum von der Seite und folgte ihm, wie sein persönlicher Schatten. Er war schlimmer, als die Trix. Die Hexen wussten wenigstens, was „Abstand" bedeutete und wann sie ihn am besten in Ruhe lassen sollten.

Jetzt zum Beispiel wäre ein guter Zeitpunkt. Aber Alastair missachtete seine Laune absichtlich.

„Mein Plan ist es, mir meine nächste Vorgehensweise sehr gut zu überlegen", antwortete er ruhig.

„Das klingt aber nicht sehr aufregend, oder was meint ihr, Ladies?"

Valtor beobachtete aus den Augenwinkeln, wie sich Alastair zu den Trix umdrehte, die nicht unweit von ihm entfernt standen.

„Das klingt eher wie das genaue Gegenteil", stimmte ihm Stormy zu.

„Nun, wir müssen eben vorsichtig sein, wenn wir den Feen keine weiteren Möglichkeiten geben wollen, gewisse Geschehnisse auf uns zurückführen zu lassen", gab Darcy zu bedenken.

„Das ist natürlich wahr", sprach Alastair mit gespielt bedauerlichem Ton, doch kurz darauf klang er wieder fast schon aufgeregt, „aber warum geben wir ihnen nicht noch eine weitere Ablenkung? Das Gift auf Lynphea konnte sonst wer verteilt haben, und obwohl sich mein Bruderherz hier weigert, noch mehr „Ressourcen zu verschwenden" um eine weitere Menge an Gift herzustellen, so haben wir schon genug Schaden hinterlassen, um die Feen für eine ganze Weile beschäftigt zu halten!"

„Und was für eine Ablenkung schlägst du vor?", fragte Icy mit verschränkten Armen.

„Einen weiteren Heimatplaneten, natürlich! Dann haben die Feen beide Hände voll zu tun mit zwei ihrer Planeten!", antwortete Alastair ohne zu zögern.

„Oh?" Die Eishexe versuchte zwar desinteressiert zu schauen, doch man merkte an ihrer Stimme, dass sie ganz Ohr war. „Welchen willst du dir diesmal vorknöpfen?"

Valtor klappte das Buch, das er in einer Hand hielt, so laut zu, dass es in der Höhle nachhallte. Alle Anwesenden wandten sich zu ihm um.

„Ja, genau, Alastair", sprach er mit einem kalten Lächeln, „gewähre uns einen Einblick in deine gut durchdachte, nächste Vorgehensweise."

Alastairs Blick verfinsterte sich kaum merklich, doch er behielt seine scheinbar gute Laune bei. „Wir nehmen das genaue Gegenteil von der Natur und somit von Lynphea. Zenith."

„Das ist doch Tecnas Planet, oder?", stellte Darcy fest.

Icy nickte nur.

Stormy grinste. „Den Feen eine weitere Abreibung verpassen? Da bin ich auf jeden Fall dabei!"

„Die Ladies haben gesprochen, Valtor", ergriff Alastair mit einem selbstgefälligem Lächeln wieder das Wort. „Was meinst du?"

Vier Augenpaare ruhten nun auf dem dunklen Magier.

So sieht also dein erster Zug aus, dachte er sich, mit einem flüchtigen Blick über die erwartungsvollen Gesichter der Trix.

„Von mir aus", sagte er schlicht.

„Ha! Dann würde ich sagen, auf nach Zenith!", rief Stormy erfreut. Die anderen beiden grinsten zufrieden.

„Ja, auf nach Zenith..."

Valtor spürte Alastairs stechenden Blickt auf sich, doch er schenkte ihm keine Beachtung. Mit einem fast schon gelangweilten Wink erschuf er ein Portal, das sie nach Zenith führen würde.

Und kurz darauf waren die fünf Bösewichte verschwunden.

○●○


„Oh man, nein! Durchgefallen!", jammerte Stella.

Vor ein paar Wochen hatten sie den Test in Miss Griseldas Fach geschrieben und der war natürlich wieder schwer gewesen.

„Du hättest ja auch den Tag vorher dafür nutzen sollen zu lernen anstatt zu schlafen", erwiderte Tecna.

„Du hast leicht reden, Klassenbeste. Außerdem war ich müde", schnappte die Fee.

Bloom seufzte. „Na ja, Stella, du bist immerhin nicht die Einzige, die durchgefallen ist."

„Ja, mehr als die Hälfte der Klasse soll durchgefallen sein", informierte sie Layla.

„Melanie hat, glaub ich, schlechter als du abgeschnitten", erzählte Musa Stella.

„Na, immerhin eine gute Nachricht", brummte die Blondine.

„Ja, aber ich habe mitbekommen, dass dieses Versagen nicht etwa am schlechten Lernen liegt... okay zum Teil schon... aber dass viele schlecht geschlafen hatten und sich deshalb kaum konzentrieren konnten! Außer Melanie. Die hat sich, glaube ich, mit einem Jungen getroffen anstatt zu lernen", erzählte Tecna.

„Der arme Teufel", meinte Stella kichernd.

Die Mädchen brachen in schallendes Gelächter aus. „Ja, da hast du recht!", stimmte Bloom zu.

Langsam beruhigten sie sich wieder. Sie gingen Richtung Bibliothek, da sie einige Bücher brauchten, mit deren Hilfe sie ihre Hausaufgaben erledigen sollten. Die Lehrer hatten ihnen extra die Namen der Bücher abschreiben lassen.

Layla öffnete die Tür. „Hatte eigentlich jemand von euch einen Alptraum?"

Die Feen schüttelten alle den Kopf.

„Ich auch nicht", bestätigte die Dunkelhaarige. „Ich frage mich aber, was hinter der Sache stecken könnte..."

„Also Miss Ofelia konnte keinen magischen Ursprung feststellen, habe ich gehört", erzählte Flora. „Vielleicht Stress?"

Stella rümpfte die Nase. „Bei den ganzen Hausaufgaben, die wir aufbekommen, kann ich mir das viel zu gut vorstellen!"

Sie gingen an der Bibliothekarin vorbei, grüßten sie und gingen dann weiter. Sie kamen endlich zu den richtigen Regalen und fingen an zu suchen.

„Hat Isabelle dir eigentlich noch einmal geschrieben?", fragte Musa Flora nach einiger Zeit.

Flora schüttelte den Kopf, während sie ein Buch aus dem Regal holte, es betrachtete und wieder hinstellte. „Nein, aber ich glaube eher nicht, dass sich irgendwas an dem Zustand Lynpheas verändert hat."

Musa nickte nur und fuhr mit den Fingern über die Bände.

Es dauerte nicht lange, bis sie alle Bücher fanden, die sie brauchten. Sie beschlossen die Hausaufgaben zusammen zu erledigen, da es so schneller und einfacher gehen sollte. Vor allem wenn Tecna und Flora, die besten Schülerinnen ihrer Klasse, mit dabei waren.

Still legten sich die Feen bäuchlings in einem Kreis auf den Boden und begannen zu schreiben. Kiko setzte sich zu Bloom und beobachtete fasziniert wie sie ihren Füller übers Papier führte. Eine Zeit lang hörte man nur das Kratzen der Füller über das Papier oder das Umblättern von Buchseiten.

Auf einmal machte Stella den Füller zu, stand auf und schmiss sich aufs Sofa.

„Bist du etwa schon fertig?", fragte Tecna erstaunt.

Anstatt einer Antwort, nahm Stella die Fernbedienung und machte den Fernseher an.

Musa machte bereits empört den Mund auf, hielt aber inne, als der Bildschirm ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.

Genau in diesem Moment liefen die Nachrichten. Es wurde von Lynpheas derzeitigem Zustand berichtet und es wurden dazu Aufnahmen gezeigt. Die Winx betrachteten das Ganze mit Entsetzten. Viele Leute berichteten voller Sorge, dass ihr gesamter Ertrag zugrunde gegangen war und dass sie, wenn das so weiterging, die darauffolgenden Monate sogar eine Nahrungsknappheit befürchteten. Die Königsfamilie schien ratlos gegenüber dieser Situation, denn die Ursache für das ganze Absterben der Pflanzen wurde immer noch nicht gefunden.

Musa runzelte verwirrt die Stirn. „Die haben doch viel bessere Ressourcen als wir! Warum haben die noch immer nichts herausgefunden?"

„Ich verstehe das auch nicht...", murmelte Flora beunruhigt.

„Wartet mal, ich analysiere nochmal die Probe, die ich mitgenommen habe!" Tecna nahm ein faustgroßes vertrocknetes Blatt aus einem dieser Geräte, in denen sie immer Proben transportierte, und scannte es mit einem anderen Gerät. Auf einmal weiteten sich ihre Augen. „Unmöglich."

„Was ist?", fragte Layla und lehnte sich zu ihr herüber um ebenfalls einen Blick auf das Ergebnis zu erhaschen.

„Was auch immer Valtor mit diesem Gift angestellt hat, er hat seine Sache verdammt gut gemacht! Jegliche Spuren des Gifts sind verschwunden! Jetzt sieht es so aus, als wäre das Blatt bloß vertrocknet! Keine Spur von dem pulverartigem Gemisch!", erklärte Tecna.

Flora erbleichte.

„Dieser hinterhältige Mistkerl!", knurrte Layla. „Der lässt auch gar nichts unüberlegt!"

„Sagt mal, wenn das Gift jetzt nicht mehr vorzufinden ist", fing Musa an, „heißt das, das Säckchen, das wir Miss Faragonda gegeben haben..."

Floras Augen weiteten sich, als sie verstand worauf ihre Freundin hinaus wollte. „Das müsste dementsprechend leer sein! Oh nein!"

„Das würde dann auch erklären, warum man auf Lynphea noch kein Gegengift gefunden hat. Sie können so keine weiteren Analysen mehr anstellen und müssen mit den wenigen Daten arbeiten, die sie bisher sammeln konnten. Außer, sie finden einen Weg, das Gift wieder zurückzuholen... aber ich kann mir nicht vorstellen, wie", stellte Tecna mit Bedauern fest.

Betroffenes Schweigen folgte.

Blooms Herz zog sich zusammen und sie ballte ihre Fäuste zusammen. „Scheint, als ob nur Valtor wüsste wie man das alles rückgängig machen kann." Sie wandte sich Flora zu. „Es tut mir so leid, Flora. Ich... ich wünschte, ich könnte dir irgendwie helfen, deinen Planeten zu retten..."

„Bloom...", setzte Flora an wurde aber von Stella unterbrochen: „Wow, seht euch das mal an!"

Alle Blicke richteten sich nun wieder auf den Fernseher. Diesmal wurde berichtet, dass im Laufe von zwei Stunden in drei Großstädten hintereinander der Strom für jeweils eine halbe Stunde lang ausgefallen wäre. Dann hätte man mithilfe von Magie alles zum ursprünglichen Zustand wieder herstellen können.

„Ist das nicht auf deinem Planeten, Tecna?", fragte Musa.

Die Angesprochene nickte.

Der Moderator hatte sich bereits einem anderen Thema zugewandt, weshalb Stella den Fernseher ausschaltete und sich dann zu Tecna umdrehte. „Ist so ein Stromausfall eigentlich normal dort?"

„Ja... ja so was kommt schon mal vor, aber auf Zenith ist man auf so etwas gut vorbereitet", antwortete diese lächelnd. „Wirklich, dort gibt es öfters Stromausfälle, als man denkt."

„Aber in so einem Ausmaß? Ich meine, wenn schon bei uns auf der Erde einmal in einer kleineren Stadt der Strom ausfällt, dann ist das schon nicht mehr normal", gab Bloom zu bedenken.

„Und es kann schon nicht normal sein, wenn davon in den Nachrichten berichtet wird", stimmte ihr Layla zu.

Doch Tecna zuckte nur mit den Schultern. „Klar, war das jetzt etwas ungewöhnlich, aber es ist nun alles wieder gut. Ich sagte doch, dass man bei uns gut auf sowas vorbereitet ist. Und jetzt", sie klatschte in die Hände und rieb die Handflächen aneinander, „sollten wir wieder mit den Hausaufgaben weitermachen."

„Och nö, ich will nicht...", quengelte Stella.

Da kam Layla zu ihr herüber und zog sie an den Armen hoch. „Ach komm, wir werden ganz bestimmt bald fertig."

„Bei all den Aufgaben...?" Dennoch ließ sie sich hochziehen.

Schon bald darauf lagen sie alle zusammen wieder auf dem Boden und blätterten lustlos in ihren Büchern herum. Nach all den neuen Informationen, die sie erhalten hatten, war ihnen so gar nicht danach noch weiter zu lernen. Einzig und allein Tecna schien sehr vertieft in die Aufgaben zu sein.

Bald darauf klappte sie ihren Füller zu. „So, ich bin fertig. Wenn ihr wollt könnt ihr abschreiben."

Sie legte ihr Heft in die Mitte, stand auf und ging zu ihrem Zimmer.

„Was willst du jetzt machen?", rief ihr Bloom hinterher.

„Ach, ich glaube, ich ruhe mich ein bisschen aus." Dann schloss die Fee die Zimmertür hinter sich.

Blooms dunkles GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt