Es ist nicht vorbei

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Seit dem Fest der Magie waren über drei Wochen vergangen.

Und Valtor hatte sie kein einziges Mal aufgesucht. Sie hatte erwartet, dass er sie, nach seiner Verkündung auf dem Ball von Colaris, schon sehr bald auf die nächste Mission mitnehmen würde, aber bis jetzt hatte er sich kein einziges Mal blicken lassen.

Und von den anderen Bösewichten war auch gar nichts zu hören.

Das machte die rothaarige Fee nur noch nervöser. Hatten sie etwa was Großes geplant? Kam Valtor deswegen nicht?

Sie hatte ein wirklich mieses Gefühl bei der Sache. Es war viel zu still.

Wortwörtlich.

„Bloom, hast du meine Frage verstanden?"

Sie blinzelte verwirrt auf und stöhnte innerlich auf. Warum kamen ihr auch solche Gedanken immer in Professor Wizgizs Unterricht?

„Ähm... tut mir leid, Professor, könnten sie die Frage wiederholen?", beeilte sie sich ihm zu antworten. Einige ihrer Mitschülerinnen kicherten.

Professor Wizgiz schüttelte nur enttäuscht den Kopf über sie. „Ich verstehe, dass wir gerade Vieles wiederholen, aber das heißt noch lange nicht, dass du nicht aufpassen sollst. Du bist in letzter Zeit ziemlich abgelenkt. Und nicht nur in meinem Unterricht, wie ich höre."

Sie spürte auf einmal ganz überdeutlich, wie sich die Blicke der anderen in ihren Rücken bohrten und ihre Wangen glühten. „Es tut mir leid, Professor, ich werde mich bessern", murmelte sie mit gesenktem Blick.

„Das hoffe ich." Daraufhin wandte er sich zu den anderen im Raum. „Möchte jemand anderes meine Frage beantworten?"

Sie konnte unmöglich noch tiefer in ihrem Stuhl sinken. Ausgerechnet heute musste ihr so etwas passieren. Das war nicht nur peinlich sondern auch ziemlich auffällig. Wenn sie das schon in anderen Unterrichtsstunden machte, und die Lehrer sich darüber untereinander austauschten, könnte es nicht lange dauern und Miss Faragonda würde Wind davon bekommen. Und sie würde dann schon bald vor der Tür zum Direktorenzimmer stehen.

Hätte sie nur bloß gewusst, wie bald.

○●○


Nach dem Unterricht verließ sie ziemlich geknickt das Klassenzimmer.

„Hey, Bloom, warte mal!" Musa holte sie ein und ging neben ihr her. „Was war denn mit dir los? Du hast wortwörtlich durch Professor Wizgiz hindurchgestarrt!"

„Ja, da stimme ich Musa vollkommen zu. Du stehst in letzter Zeit neben dir, kann es sein?", gesellte sich Layla zusammen mit dem Rest der Mädchengruppe zu ihr.

Bloom seufzte. „Nein, ist schon okay."

Tecna schickte ihr einen skeptischen Blick zu. „Nichts für ungut, aber wenn schon andere Lehrer auf dein Verhalten aufmerksam werden, dann ist das nicht wirklich okay."

„Komm schon, Bloom", Stella stieß sie leicht mit dem Ellbogen an, „uns kannst du es doch erzählen. Hat es was mit einem besonderen Prinzen zu tun? Hm?"

Die rothaarige Fee zuckte fast unmerklich zusammen. An Sky hatte sie gerade überhaupt nicht gedacht. „Nein, nein. Es ist nur... es passiert nichts."

Stella runzelte die Stirn. „Was genau meinst du damit?"

„Die Bösewichte. Sie sind zurzeit ungewöhnlich ruhig."

Layla nickte. „Das habe ich auch schon gemerkt. Es gab keine neuen Attacken oder ungewöhnliche Unruhen auf irgendwelchen Planeten. Da ist definitiv was faul."

„Und nicht nur das. Habt ihr gemerkt, dass die vorherigen Planeten, die von ihnen angegriffen wurden, darunter auch meiner, sich erstaunlich schnell wieder erholt haben?", warf Tecna mit ein. „Nicht, dass mich das nicht freuen würde, aber irgendwas ist da doch merkwürdig dran. Es kommt so plötzlich. Vor allem bei Lynphea war ich mir sicher, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Gegenmittel zu finden, wirklich gering war..."

Bevor Bloom wieder nervös werden konnte, gesellte sich nun auch Flora zum Gespräch dazu. „Nun ja, aber es wurde bereits in den interdimensionalen Nachrichten berichtet, wie ein junger Forscher den Durchbruch erlangt hat. Und für ihn ist das gar nicht mal so unüblich, er ist nämlich von klein auf schon ein Wunderkind gewesen!"

Die rothaarige Fee schickte ihrer Freundin einen dankbaren Blick zu, den diese mit einem unauffälligen Nicken zur Kenntnis ab.

Tecna seufzte. „Ja gut, das würde es auch erklären-"

„Da seid ihr ja!"

Die Winx wandten sich um und sahen Harper auf sich zu rennen. Atemlos blieb sie vor ihnen stehen. „Ich habe euch... schon überall gesucht!" Sie nahm tief Luft. „Miss Faragonda hat uns rufen lassen. Die anderen sind bereits dort."

Die Mädchen wechselten einen überraschten Blick, dann folgten sie Harper zügig zum Zimmer der Direktorin. Tatsächlichen saßen dort schon die restlichen Mitglieder der Estrellas-Clique wartend auf ihren Plätzen.

„Bitte, setz euch." Miss Faragonda schloss die Tür hinter sich. Die Mädchen befolgten ihre Bitte und nahmen Platz.

Bloom gab sich die Mühe diesmal so zu sitzen, dass man sie im verzauberten Spiegel nur schwer sehen konnte. Sie war ein wenig erleichtert darüber, dass sie damit auch nicht direkt vor der Direktorin saß, wie es sonst so üblich war. Miss Faragonda hatte die Gewohnheit, sie über längere Zeit direkt anzusehen, selbst wenn sie mit den anderen sprach. An sich war das eigentlich nicht schlimm, aber das letzte Mal hatte es die rothaarige Fee verunsichert. Und wenn das Thema Valtor betraf, wollte sie erst recht nicht, dass die Direktorin sie dabei anstarrte.

Und da sie sowohl die Winx als auch die Estrellas zu sich beten lassen hatte, würde dieses Gespräch definitiv über die Bösewichte, und damit auch über den Schwarzmagier, gehen.

„Ihr fragt euch sicherlich warum ich euch hierher rufen lassen habe", sprach Miss Faragonda, sobald sie ihren rechtmäßigen Platz am Schreibtisch genommen hatte. Sie lächelte, als sie die leicht unsicheren Blicke der Mädchen bemerkte. „Keine Sorge, ihr habt nichts falsch gemacht und es hat nichts mit Nachsitzen zu tun", fügte sie mit einem Augenzwinkern hinzu.

Raven rutsche bei dieser Anmerkung verlegen auf ihrem Sitz herum.

Miss Faragonda wurde wieder ernst. „Nein, der Grund, warum ihr hier seid, sind ein paar Fragen, die ich mit euch klären möchte. Und zwar wollte ich wissen, ob ihr seit unserem letzten Gespräch den Bösewichten wieder über den Weg gelaufen seid. Oder ob ihr zumindest etwas Verdächtiges von ihnen mitbekommen habt."

Die Mädchen blickten sich gegenseitig etwas verloren an. Blooms Blick fand den von Flora. Sie beide waren wohl die einzigen im Raum, die das letzte Mal beim Fest der Magie Valtor höchstpersönlich gegenüber gestanden hatten. Aber das würde natürlich keine von ihnen verraten.

„Also ich habe nichts gehört", machte Melanie schließlich den Anfang. „Weder in den Nachrichten, noch auf Magix und schon gar nicht auf meinem Planeten. Raven kann das bezeugen. Und die Winx wissen auch nichts, soweit ich weiß." Sie drehte sich um und blickte ausgerechnet Bloom mit hochgezogener Augenbraue an. „Oder etwa doch?"

Miss Faragonda folgte ihrem Blick und sah nun auch erwartungsvoll zu Bloom.

Manchmal würde sie Melanie am liebsten kräftig durchschütteln. Vielleicht würde sich dann in ihrem Kopf ein Schalter umlegen, und sie würde aufhören, Bloom jedes Mal versuchen in Verlegenheit zu bringen.

„Wir haben auch nichts mehr von ihnen gehört", bestätigte Bloom mit ruhiger Stimme. „Sie sind verdächtig still."

Miss Faragonda nickte resigniert. „Das ist genau mein Gedanke. Es gibt da aber noch etwas..."

Sie hob ihre Hände über die Tischplatte und machte eine Bewegung, wie als würde sie ein Buch aufklappen. Mit einem Mal lag dort tatsächlich ein dickes Buch aufgeschlagen vor ihnen.

Und Bloom erkannte es sofort. Und der Rest der Winx ebenso.

„Das ist doch-", Tecna unterbrach sich mit einem Seitenblick auf die Estrellas.

„Das Buch nach dem ich euch geschickt habe, ja", bestätigte Miss Faragonda. „Was mich zu meiner nächsten Frage führt: Wie viel wisst ihr über die magische Schockwelle, die Magix vor mehr als einem Monat erfasst hat?"

Auch darauf wusste keine der Mädchen eine Antwort. Bloom nagte unterbewusst an ihrer Unterlippe während sie das Buch anstarrte, ohne es wirklich zu sehen. Sie erinnerte sich noch daran, dass die Direktorin ihnen gesagt hatte, der Inhalt würde über uralte Magie gehen.

Uralte Magie war eine der Voraussetzungen für den magischen Bindungspakt gewesen, und die Schließung dieses Paktes hatte wiederum diese Schockwelle überhaupt produziert.

Stand etwas über diesen Pakt in dem Buch drin?

Und wusste Miss Faragonda, wie gefährlich nahe sie an die Wahrheit kam? Immerhin schien sie bereits eine Ahnung zu haben, dass etwas die Schockwelle mit uralter Magie verband.

„Glauben Sie, diese Schockwelle hat etwas mit den Bösewichten zu tun?", fragte Liane.

„Es ist eine Möglichkeit", sagte die Direktorin nur und ließ das Buch mit einem Wink wieder verschwinden. Das Thema schien sie nicht mehr weiter vertiefen zu wollen. „Danke, Mädchen, das wäre dann alles, was ich wissen wollte."

„Moment, wollen Sie uns nicht noch mehr sagen?", protestierte Layla. „Immerhin könnte das uns sehr wohl betreffen, wenn wir Valtor, Alastair und den Trix das nächste Mal-"

„Ausgeschlossen", schnitt die Direktorin ihr das Wort ab. „Ihr werdet euch diesmal nicht in Gefahr begeben, ich habe euch die Gründe deswegen bereits genannt."

„Aber Miss Faragonda-"

„Kein aber, Musa. Diesmal liegt es an uns Direktoren und Lehrern einen Plan zu erarbeiten, wie wir vorgehen werden."

„Wollen Sie etwa damit sagen, dass Miss Griffin und Saladin und alle anderen Lehrer ebenfalls Bescheid über die Rückkehr der Bösewichte wissen?", fragte Harper.

„In der Tat sind sie bereits darüber informiert. Wenn ich mich recht erinnere, haben sie ein paar ihrer Schüler ebenfalls mit dieser Sache anvertraut."

Sofort sprang Stella auf. „Die Spezialisten wissen Bescheid?"

„Bitte setz dich, Stella. Und ja, sie wurden von der Lage unterrichtet", gab die Direktorin mit einem leichten Schmunzeln von sich.

Stella unterdrückte ein begeistertes Quietschen.

Bloom wusste gar nicht, wie sie sich fühlen sollte. Hieß das, dass Sky auch mit eingeweiht war?

Glaubte er der Sache diesmal?, flüsterte es in ihr leicht bitter.

„Aber um noch einmal auf das eigentliche Thema zu sprechen zu kommen", ergriff Miss Faragonda erneut das Wort, „ich lege euch dringend ans Herz, meine Anweisungen zu befolgen. Jagd nicht der Gefahr kopflos hinterher. Verlasst das Schulgelände nicht unerlaubt. Ich weiß, euer Instinkt verleitet euch dazu, das Böse aufhalten zu wollen, so wie es die Natur einer Fee eben verlangt. Aber jetzt ist es einfach nur zu gefährlich. Überlasst diesmal uns Ältesten die Arbeit."

„Aber was wenn die Bösewichte uns heimsuchen?", sprach Rita leise. „Sie haben doch selbst gesagt, dass... dass Alastair oder Valtor ihre Rache an Melanie, beziehungsweise Bloom, vollstrecken wollen würden."

„Befolgt meine Anweisungen und entfernt euch nicht unerlaubt vom Schulgelände. Dann wird es solche Überraschungen auch nicht geben", beteuerte Miss Faragonda. „Glaubt mir, wir werden diese Details ebenfalls in unseren Plänen mit berücksichtigen."

„Haben Sie denn keinerlei Vertrauen in unsere Fähigkeiten?", fragte Layla herausfordernd. „Nach allem, was wir die letzten Schuljahre geschafft haben?"

Die ältere Dame bedachte sie mit einem strengen Blick. „Ganz im Gegenteil: Ich habe großes Vertrauen in sie. So groß, dass ich mir sicher bin, ich kann auf euch zählen, sollten die Schulen erneut angegriffen werden." Kurz darauf stand sie von ihrem Stuhl auf und ging zu den Fenstern, um einen Blick in den Himmel zu werfen. „Wir alle wissen, dass es noch lange nicht vorbei ist", sprach sie leise weiter. „Das mindeste, was ihr tun könnt, ist euch bereithalten. Ich fürchte, auf uns warten harte Zeiten."

Darauf wusste niemand etwas zu sagen. Jede von ihnen wusste, dass sie, entgegen Miss Faragondas Warnungen, trotzdem in den Plänen gegen die Bösewichte mit involviert sein würden. Lange würden sie sich nicht heraushalten können und das Schicksal liebte es nun mal, sie in Schwierigkeiten zu sehen.

Und Bloom saß schon viel zu tief fest. Es gab kein Zurück mehr für sie, denn sie war an Valtor gebunden.

Und er an sie.

„Ihr dürft gehen", sprach sie Miss Faragonda endgültig frei.

Die Mädchen standen auf und verließen noch etwas benommen den Raum.

Bloom warf einen letzten Blick auf die Direktorin, die immer noch mit dem Rücken zu ihr am Fenster stand.

Ich fürchte, Ihre Warnung kommt viel zu spät, Miss Faragonda. Es tut mir so leid. Ich hoffe nur, alles wird sich letzten Endes zum Guten zuwenden, sprach sie innerlich zu der älteren Dame.

Dann ging sie auf den Gang hinaus und schloss die Tür leise hinter sich zu.


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So Leuts, ob ihr es glaubt oder nicht, aber nur noch ein Kapitel und dann war's das.
...
Jep, ihr habt richtig gelesen, die Geschichte neigt sich ihrem Ende zu.

Ich möchte mich herzlich bei euch bedanken für all eure Votes und eure Kommentare. Ihr seid einfach nur die besten und ich kann euch gar nicht sagen, wie dankbar ich euch für eure lieben Worte bin!

Danke! ^^

Blooms dunkles GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt