Versöhnung

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„Ich habe es zwar vorher noch nie getan, aber ich werde niemals in meinem Leben Zahnbürsten von unserer Schule benutzen!"

Flora seufzte etwas genervt. „Stella, schrubbe einfach weiter, okay? Sonst werden wir nie fertig!"

„Aber das ist so was von unfair!", kreischte die Blondine und pfefferte ihre Bürste auf den Boden.

Flora sagte nun nichts mehr, sondern wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Sie saßen schon seit einer Stunde da und schrubbten den Boden mit Zahnbürsten.

Wie es dazu kam?

Ganz einfach: Als sie von ihrer Rettungsaktion zurückgekommen waren, wurden sie von sechs ziemlich wütenden Spezialisten bereits erwartet. Diese waren einfach an ihnen vorbeigegangen und Sky hatte ihnen bloß mitgeteilt, dass sie von der Rektorin in ihrem Büro erwartet wurden. Dann waren sie ohne ein weiteres Wort in ihr Schiff gestiegen und waren weggeflogen.

Das Verhalten der Jungs war natürlich etwas erstaunlich gewesen, denn die Mädchen hatten ein gewaltiges Donnerwetter erwartet.

Hätten sie bloß gewusst, was sie danach erwarten würde...

Sie waren natürlich zur Rektorin gegangen. Eigentlich hätten sie sich all diese Entschuldigungen und Ausreden im Schiff gar nicht ausdenken müssen. Sie hatten noch nicht einmal die Chance gehabt, etwas zu ihrer Verteidigung zu sagen, da wurden ihnen, ohne ein Wort, die Kräfte genommen, Eimer mit Wasser, Seife und Zahnbürsten in die Hände gedrückt und sie wurden dazu verdonnert, dies als ihre Strafe für unerlaubtes Verlassen des Schulgeländes anzusehen.

Ausgerechnet heute gingen alle Schülerinnen mit ihren Lehrern auf eine Expedition. Wohin, spielte mittlerweile keine Rolle, da die sechs sowieso damit beschäftigt sein würden, den Großen Saal und die Flure im Erdgeschoss blitzeblank zu schrubben. Wenn alle am Abend wieder zurückkamen, sollten sie schon fertig sein. Am nächsten Tag würde die Direktorin wieder mit ihnen sprechen.

Dieses Verdammnis hatte Stella besonders hart getroffen. Die blonde Schönheit wollte nur ungerne ihre Hände beschmutzen und auf dem Boden herumkriechen. Außerdem wurden Expeditionen an der Schule nicht gerade oft durchgeführt und es war immer eine entspannende Abwechslung zu den ganzen Schulaufgaben, die sie jeden Tag über sich ergießen lassen mussten. Außerdem schien es, als würden die Winx die meisten Expeditionen wegen so blöden Strafarbeiten verpassen. Sei es wegen unerlaubten Abstecher in gefährliche Situationen oder wegen unerlaubten Verlassens des Schulgebäudes generell.

Und nun würden sie den ganzen Tag damit beschäftigt sein, zu putzen bis sie umfallen würden. Das war sogar viel schlimmer als der Unterricht bei Griselda!

Die Mädchen hatten sich in zwei Gruppen aufgeteilt: Bloom, Stella und Flora in der einen, die restlichen in der anderen Gruppe. Sie kamen nur langsam voran und Stellas Gejammer trug auch nicht gerade zum Besseren bei.

„Da rette mal einer einen ganzen Planeten vor dem Untergang und das ist der Dank dafür: Die ganzen Böden in der Schule mit Zahnbürsten putzen! Wenn das so weiter geht, mache ich da echt nicht mehr mit! Von mir aus können die Bösen Vier die Magischen Dimensionen unterjochen! Da können die, die uns nicht glauben wollten ja sehen, wie sie damit umgehen! Anstatt uns helfen zu lassen, oder besser noch, uns zu glauben-!"

„Stella, es reicht jetzt!", brach es aus Flora heraus und sie warf ihre seifige Zahnbürste nach der Blondine.

Normalerweise war sie die Ruhe in Person, aber Stella schaffte es, dass sogar Flora zum Rande des Wahnsinns getrieben wurde.

„Hey, weißt du wie dreckig die ist? Außerdem brauche ich immer lange um mein Haar dann gründlich durchzuwaschen und das weißt du!" Beleidigt stand Stella auf, nahm ihren Eimer mit ihrer Bürste und verzog sich in die hinterste Ecke des Großen Saals. Außer Reichweite von Floras Wurfkünsten.

Die Fee der Natur seufzte und wandte sich ihrer Arbeit zu. Nun war es endlich einigermaßen still... außer dem Schrubben der Bürsten natürlich, das im Saal nachhallte.

Flora blickte kurz hoch und sah sich im Saal um, ohne ihr Putzwerkzeug niederzulegen. Sie hatten noch ganz schön viel Arbeit vor sich...

Ihr Blick fiel auf Bloom. Ihr war aufgefallen, wie merkwürdig still die Fee war. Sie hatte noch kein einziges Wort gesprochen und ihren Blick stets gesenkt gehalten. Selbst als die Mädchen mitsamt Putzutensilien hinausgeschickt wurden und sich fast jede von ihnen über diese ungerechte Behandlung beschwert hatte, war die rothaarige Fee stets schweigsam geblieben. Sie schien noch nicht einmal ihre Umgebung wirklich wahrzunehmen. Selbst jetzt schien sie komplett weggetreten zu sein.

Und das bereitete Flora Sorgen. Irgendetwas musste passiert sein, das ihre sonst so fröhliche Freundin so ernst gestimmt hatte.

Nach einiger Zeit seufzte sie und hielt in ihrer Tätigkeit inne. Sie konnte sich das nicht mehr mit ansehen. „Bloom, was ist denn los? Seit wir wieder zurückgekehrt sind, bist du so merkwürdig schweigsam."

Bloom aber hörte nicht auf zu schrubben. Sie schien noch nicht einmal bemerkt zu haben, dass Flora gesprochen hatte.

„Bloom?"

Jetzt setzte sich die Fee kerzengerade auf und blickte verwirrt um sich. Ihr Blick fiel kurz darauf auf Flora.

„Hm? Was hast du gesagt?"

„Du bist so still."

Bloom blinzelte mehrmals hintereinander, dann lächelte sie. Oder versuchte es zumindest. „Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut."

Flora wollte noch etwas sagen, als sich auf einmal die Tür zum Saal öffnete und Musa ihren Kopf durch den Türspalt steckte. Zuerst sah sie nur Bloom und Flora. „Wo ist Stella?"

Stumm deutete die Fee der Natur in die entsprechende Ecke, wo Stella ihre Stirn gegen die Wand legte und einen kleinen Schrei der Verzweiflung ausstieß.

Musa hob nur die Augenbrauen und wand sich dann wieder den beiden zu.

„Das heißt wohl, ihr seid noch nicht fertig."

„Nein, wir haben noch nicht einmal die Hälfte geschafft."

Die dunkelhaarige Fee lächelte gequält. „Macht nichts. Wir sind mit der Hälfte des einen Schulflügels fertig. Fehlt nur noch die andere Hälfte... und der andere Flügel."

„Wird spaßig", murmelte Bloom, während sie weiter schrubbte. Ihr Blick hatte wieder diesen abwesenden Ausdruck angenommen.

Musa warf Flora einen fragenden Blick zu. Die zuckte nur mit den Schultern.

„Na ja, ich gehe dann mal den anderen weiterhelfen. Bis dann..." Die Tür fiel hinter der Fee der Musik zu.

Wieder hörte man nur noch das Schrubben von den Zahnbürsten.

Blooms dunkles GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt