Das Fest der Magie Teil 1

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Die Zeit war wie im Flug vergangen. Es kam ihr so vor, als wäre es erst gestern gewesen, wie Miss Faragonda ihren Schülerinnen angekündigt hatte, sie würden die nächste Woche freibekommen.

Tatsächlich war es aber bereits Sonntag, der Tag an dem das »Fest der Magie« überall in der Magischen Dimension stattfinden sollte.

Blooms Freundinnen waren alle schon zurück auf ihre Heimatplaneten gekehrt. Eigentlich war die ganze Schülerschaft mittlerweile bei sich zu Hause, was hieß, sie war heute mutterseelenallein aufgewacht. Selbst Kiko konnte ihr heute keine Gesellschaft leisten, da sie ihn noch unter der Woche zu ihren Adoptiveltern gebracht hatte. Ein paar Lehrer waren zwar noch in der Schule, aber bald würden auch sie ihren Heimweg antreten.

Sie hatte also nicht gerade viel Zeit um sich fertig zu machen.

Zum Glück hatte sie sich noch am Abend ihre Kleidung zurechtgelegt, was ihr das hektische Suchen am Morgen erleichterte. Sie hatte heute einen überfüllten Zeitplan und je früher sie die Schule verließ, desto früher konnte sie all die Orte abarbeiten, die es heute zu besuchen galt.

Nachdem sie sich schnell zurechtgemacht hatte, eilte sie aus dem Gebäude nach draußen.

Normalerweise hätte sie ja den Shuttlebus genommen, aber leider fuhr heute keiner an Alfea vorbei. Wahrscheinlich gingen die von der Annahme aus, alle Feen wären auf ihren Heimatplaneten.

Bloom stand vor den Schultoren und beobachtete leicht unglücklich den Weg vor sich. Unmöglich. Sie konnte nicht den ganzen Weg zu Fuß durch den Wald gehen! Es würde viel zu lange dauern und ihre Schuhe passten so gar nicht für eine Waldwanderung!

Also flog sie kurz darauf in ihrer Feenform verwandelt über die Baumwipfeln hinweg. Sie stieg noch etwas höher, um eine bessere Aussicht genießen zu können und siehe da erblickte sie die Stadt in ihrer ganzen Pracht. Bereits von dieser Entfernung aus konnte sie die ganzen Dekorationen erkennen. Ab und zu blitze etwas auf, als sich die Sonnenstrahlen in den Verzierungen verfingen und sie konnte zwei rote Luftschiffe erkennen, die die Stadt umkreisten. Ob sie wieder Rosen von oben niederregnen lassen würden, so wie damals am Tag der Rosen?

Sie ließ ihre Flügel schneller schlagen.

Noch während sie flog, wanderten ihre Gedanken zu den vorherigen Tagen dieser Woche.

Miss Faragonda hatte mit ihrer Verkündung nicht übertrieben, dass jeder seinen Teil zu diesem Fest beitragen sollte. Niemand war die letzten Tage ohne Arbeit geblieben. Nicht eine Fee hatte sie irgendwo in einer Ecke sich langweilen stehen sehen. Schon am Anfang dieser Woche war der größte Teil der Adeligen an dieser Schule zu ihren Eltern heimgekehrt, um bei den Vorbereitungen dort mitzuhelfen. Stella, Layla und Melanie miteingeschlossen. Raven darunter auch, da sie nicht nur Melanies beste Freundin war, sondern auch ihre Hofdame.

Die zurückgebliebenen Schülerinnen hatten dann mitgeholfen, die gesamte Feenschule auf Vordermann zu bringen. Ebenso auch den Hof. Sie hatten zum Glück auch ein bisschen Magie zur Hilfe verwenden können, sodass sie alle zusammen relativ schnell fertig wurden. Zumindest schneller, als wenn sie das alles wirklich selbst mir ihren eigenen Händen hätten vollenden sollen. Es war wie ein Mini-Frühjahrsputz gewesen.

Dass sie aber schneller, als erwartet, vorangekommen waren, lag nicht nur an der Magie. Miss Griselda hatte es sehr gefallen, die armen Schülerinnen nach ihrem Belieben herumzukommandieren und am Ende des Tages waren dann alle zu erschöpft gewesen, als dass sie nachts auf die Idee kamen, sich hinauszuschleichen, anstatt zu schlafen.

Mit jedem Tag waren immer mehr Mädchen mit vollbepackten Koffern aus der Schule gegangen. Immer weniger waren da gewesen, um mitzuhelfen. Aber sie hatten es trotzdem geschafft. Es war harte Arbeit gewesen, dafür war das Ergebnis umso zufriedenstellender. Das Gebäude schien nur so vor neu gewonnener Energie zu glühen und sah noch schöner aus, als sonst.

Und um die Stimmung noch weiter zu heben, hatte sich etwas Großartiges in dieser Zeit ereignet: Die Schülerinnen, die vorher an Alpträumen gelitten hatten, waren endlich erwacht!

Bemerkt wurde das zuallererst von einer Fee namens Conny, die ihre Schwester noch einmal vor der Abreise besuchen wollte. Sie war gerade im Begriff gewesen das Zimmer zu verlassen, da hatte das vermeintlich ohnmächtige Mädchen einen Laut von sich gegeben und ihre Hand nach Conny ausgestreckt. Sie wollte nicht, dass sie ging. Conny hatte stundenlang im Zimmer verbracht und war erst viel später wieder rausgekommen um der Direktorin die tolle Nachricht zu überbringen. Natürlich hatte sie ihre Abreise um einige Tage verzögern lassen, bis ihre Schwester wieder imstande war, das Bett zu verlassen. Kurz nach diesem Geschehnis waren auch die anderen, eine nach der anderen, aufgewacht. Sie hatten zwar einen ziemlich mitgenommenen Eindruck gemacht, doch soweit schienen sie keine gravierenden Schäden davongetragen zu haben. Man hatte sich die letzten Tage sehr großzügig um sie gekümmert und erst gestern hatten sie die Erlaubnis bekommen, auf ihren Wunsch hin, nach Hause zurückzukehren. Dort würden sie auch nach dem Fest bleiben, so lange bis sie wieder erholt waren und am Unterricht teilnehmen konnten.

In der gesamten Woche hatten Flora, Musa und Tecna ihr Gesellschaft geleistet. Gelegentlich hatten sie sich auch mit den verbliebenen Estrellas-Mitgliedern getroffen und diese Treffen waren weitaus entspannter ohne Melanie und Raven vergangen. Rita war zwar etwas wortkarg gewesen, doch sie hatte ihnen keine Probleme bereitet.

Die Jungs hatten die Winx auch einmal besucht. Oder zumindest Helia, Riven und Timmi. Sky hatte nicht kommen können, aber das war natürlich verständlich. Immerhin hatte er viele Pflichten als Kronprinz. Dafür würde sie ihn auf dem Fest wiedersehen, denn er hatte sie nämlich auf den Ball auf Eraklyon eingeladen.

Bloom hatte wirklich viele Einladungen erhalten. Zuerst die unerwartete Einladung auf einen Ball von Prinzessin Cyan, dann die von ihren Freundinnen und zuletzt die von Sky. Sie wusste nicht, wie sie es schaffen sollte, alle diese Planeten zu besuchen, ohne zu lange auf einem zu verweilen und dann eine der anderen Einladungen zu verpassen. Sie hatte sich schonmal einen groben Plan zusammengelegt, in welcher Reihenfolge sie vorgehen würde. Sie hoffte wirklich sehr, dass sie die Zeit gut eingeteilt hatte.

Somit fing sie mit Magix an. Sie würde nur schnell die Straßen ablaufen, dann würde sie zu der Station mit den Portalen gehen und von dort aus würde sie nach Zenith gehen.

Bloom flog etwas tiefer. Sie steuerte geradewegs das Zentrum der Stadt an und als sie wieder festen Boden unter ihren Füßen hatte, verwandelte sich zurück. Lautes, fröhliches Gerede umgab sie, während sie im Hintergrund irgendwo Musik spielen hörte . Es waren zwar bereits eine Menge Leute auf den Straßen, aber glücklicherweise gab es noch genug Raum um normal zu laufen.

Bloom wollte gar nicht erst darüber nachdenken, wie es hier am Mittag sein würde.

Sie ließ ihren Blick wandern und bestaunte ihre Umgebung. So viele Girlanden hingen aus, kein einziges Haus blieb ungeschmückt. Die Blumen schienen nur so strahlen. Alles sah so gepflegt aus, nirgendwo gab es Dreck. Das hier war ein Märchen im Vergleich zu den Großstädten auf der Erde. Wenn sie sich daran erinnerte, wie verschmutzt die Straßen dort teilweise waren, überzog sie ein Schauer.

Anstatt Plakaten waren wichtige Ankündigungen, sowie Programme, an ausgewählten Stellen in der Luft geschrieben – wortwörtlich. Fasziniert beobachtete sie, wie die leuchtend weißen Wörter, Buchstabe um Buchstabe, von einem unsichtbaren Stift geschrieben wurden. Auch Bilder tauchten auf eine ähnliche Weise auf: Es sah so aus, als würde jemand diese schnell auf eine transparente Leinwand malen.

Die Leute waren allesamt von ihren Alltagsklamotten gewichen und hatten sich stattdessen sehr anständig angezogen. Bloom war heilfroh, dass Stella ihr davon abgeraten hatte, ihr reguläres Outfit zu tragen, und sie stattdessen dazu gezwungen hatte, ihr weißes Kleid mit blauem Blumenmuster anzuziehen. Luftig bauschte es sich knapp über ihren Knien und die weißen Sandaletten passten perfekt dazu.

An verschiedenen Orten sah sie Gruppen von Magiern oder Tänzern auf den Straßen auftreten. Jeder konnte heute zeigen, was er drauf hatte und wenn man Glück hatte, könnte das Schicksal einem dazu verhelfen, später berühmt zu werden.

Eine besonders große Menschenmenge um einen Platz herum erweckte Blooms Aufmerksamkeit. Etwas weiter oben erblickte sie einen großen Bildschirm, der gerade die Gesichter von den verschiedenen Jungs auf ihren jeweiligen Hover Bikes zeigte. Sie alle waren gerade dabei, ihren Helm anzuziehen.

Unwillkürlich trat sie näher, um einen besseren Blick auf den Bildschirm zu haben.

Sky und den anderen hätte es sicherlich Spaß gemacht, hier mitzumachen, dachte sich Bloom.

Dann ertönte der Startschuss. Sofort gaben die Jungs Vollgas und waren bereits hinter der nächsten Kurve verschwunden. Der nächste Schnitt wechselte zu einer Kamera, die den Rennfahrern durchgängig folgte. So konnte man das heiße Kopf-an-Kopf Rennen genauestens mitverfolgen.

Blooms Augen hatten sich nach einiger Zeit an den Fahrer mit dem blauen Helm geheftet. Wie gebannt starrte sie ihn an, erinnerte sich zurück an den Tag der Rosen in ihrem ersten Jahr. Sky hatte damals auch so einen ähnlichen Helm getragen, als er sein Bestes gegeben hatte, das Rennen zu gewinnen. Wie lange das doch schon her war.

Die Spezialisten hatten schon lange nicht mehr an so einem Wettbewerb teilgenommen.

Sie war so sehr in ihren Gedanken versunken, dass sie die plötzliche Bewegung neben sich kaum wahrnahm. Erst als die Person anfing zu sprechen, wurde ihre Aufmerksamkeit von dem Fahrer mit dem blauen Helm weggerissen.

„Ich werde nie verstehen können, wie Leute an solchen unnützen Wettkämpfen Gefallen finden können."

Erschrocken drehte sich die rothaarige Fee zu dem Mann neben sich um. Ihre Augen weiteten sich umso mehr, als ihr Blick leicht gelangweilt von eisblauen Augen erwidert wurde. Sie fühlte Panik in sich aufsteigen.

Was tat er denn hier? War er komplett verrückt geworden?!

Schnell sah sie sich um. Niemand schien zu ihnen herüber zu starren, alle Augen waren auf die Rennfahrer gerichtet...

Sie hörte ihn aufseufzen. „Du traust mir doch nicht etwa so eine Dummheit zu. Ohne einen Verbergungszauber würde ich wohl kaum neben dir stehen." Letzteres hatte er ihr mit gesenkter Stimme mitgeteilt.

Sie versuchte tiefe Atemzüge zu nehmen, um ihren wilden Herzschlag zu beruhigen. „Du kannst nicht einfach so hier aufkreuzen! Was wenn dich trotzdem jemand erkannt hätte!"

Er hob leicht eine Augenbraue an und seine Mundwinkel zuckten. „Du müsstest mittlerweile wissen, dass mir selten ein Fehler unterläuft. Noch dazu so ein grober. Warum also die plötzliche Sorge, Bloom?"

Sorge? Um ihn?

Sofort richtete sie sich auf. „Träum weiter. Ich möchte nur nicht, dass hier Chaos ausbricht", erwiderte sie nüchtern.

Er wandte seinen Blick belustigt von ihr ab. „Wie du meinst..."

Kaum war er aufgetaucht, ärgerte er sie jetzt schon. Natürlich fand er das alles amüsant.

Sie wollte ihm noch einen finsteren Blick zuwerfen, hielt jedoch inne. Jetzt, wo sie sich einigermaßen wieder beruhigt hatte, bemerkte sie, dass etwas an ihm verändert war.

Er sah... anders aus.

Zwar trug er immer noch altmodische Kleidung, aber nicht das, was sie sonst von ihm gewohnt war. Seinen langen Mantel hatte er für einen einfachen, dunkelblauen Gehrock ausgetauscht. Seine schlichte, schwarze Weste passte farblich zu seiner Anzugshose und das weiße Jabot, sowie das weiße Hemd untendrunter, boten einen ausgeglichenen Kontrast zum dunklen Outfit. Dazu trug er schwarz polierte Schuhe.

Ob die Leute um ihn herum dasselbe Outfit sahen, wie sie? Wenn ja, dann war das immer noch zu riskant!

Erst da bemerkte sie das kleine Büchlein in seiner Hand.

„Wozu brauchst du das Buch?", fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

„Zum Lesen."

Sie runzelte die Stirn. „Bist du nicht hierhergekommen, um dir das Rennen anzuschauen?"

Er sandte ihr einen irritierten Blick zu.

„Richtig, »unnütze Wettkämpfe«... Wieso bist du dann hier? Wohl kaum um mitten in der Menge im Stehen zu lesen", stellte sie fest.

„Wahre Aussage." Er klappte das Büchlein zu und ließ es kurz darauf verschwinden. „Ich bin rein zufällig hier."

„Wirklich?" Sie glaubte ihm kein Wort.

„Nun, vielleicht war ich darauf gefasst, dir über den Weg zu laufen. Ich hätte nur nicht erwartet, dass du heute ohne Begleitung unterwegs sein würdest."

Sie verschränkte die Arme. „Alle meine Freunde sind bei sich zu Hause und feiern das Fest. Ich wollte sie heute besuchen." Ihr Blick fiel auf die Zeit, die neben dem Bildschirm angezeigt wurde. „Eigentlich sollte ich mich jetzt auf den Weg machen. Wenn du mich entschuldigen würdest..." Sie hatte auf einmal das starke Bedürfnis von ihm wegzukommen. Valtor war wohl kaum einfach so hier, und sie hatte keine Lust ihren Plan für heute umändern zu müssen. Es konnte einfach nichts Gutes dabei rauskommen, wenn er sie ausgerechnet jetzt auf eine weitere Mission mitnehmen würde.

„Warte." Sie war gerade im Begriff gewesen wegzugehen, als er sie unerwartet an ihrem Handgelenk festhielt. Beinahe schon sofort ließ er sie wieder los, sobald sie innehielt. „Du musst nicht unbedingt die Portalstation nutzen. Heute würdest du dort sowieso kaum vorankommen, da viel zu viele Leute anstehen."

„Und was schlägst du vor?", fragte sie skeptisch.

„Es gibt einfachere Transportiermöglichkeiten", sagte er nur. Mit einer Kopfbewegung deutete er ihr an, dass sie ihm folgen sollte. Immer noch ziemlich misstrauisch, setzte sie sich zögernd in Bewegung und folgte ihm. Sie war sich nicht sicher, was sie von diesem Angebot halten sollte. Noch waren ihr seine Beweggründe für so eine Geste unklar. Wer weiß, möglicherweise war das nur eine Masche, damit sie ihm willentlich folgte und er sie letzten Endes irgendwo ans anderen Ende des Universums transportieren konnte, um wieder einen Gegenstand zu stehlen.

„Du wirst mich zu meinen Freundinnen bringen?", fragte sie nach. Ihr Ton verriet wohl, dass sie ihm nicht über den Weg traute.

„Nicht sehr vertrauensvoll heute", stellte er fest. „Ich kann dir versichern, heute wird es keine Missionen geben, also kannst du ruhig das Fest heute genießen. Ich erleichtere dir sogar die Reise zwischen den Planeten."

Seine Worte machten sie sogar noch misstrauischer, anstatt sie zu beruhigen.

Sie hatten mittlerweile die Menschenmenge hinter sich gelassen und bogen gleich darauf in eine Gasse ein. Dort blieben sie voreinander stehen. Seine Augen fixierten sie. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, wie er seine Hand hob und diese ihr entgegen hielt. Zögernd ahmte sie seine Bewegung nach. Bevor ihre Finger seine Haut streifen konnten, hielt sie inne.

„Was denn? Kein Lichtstrudel?"

„Teleportation genügt schon, um von einem Ort zu einem anderen zu kommen", erklärte er leicht ungeduldig. „Man muss dafür nicht jedes Mal ein ganzes Portal erschaffen."

Ja, das machte Sinn.

Sie nickte, dann legte sie ihre Hand endgültig auf seine Handfläche. Er umschloss diese und sein Griff war merkwürdig beruhigend.

Zumindest war das ihr Gedanke bevor sie gewaltsam von ihren Füßen gerissen und durch Raum und Zeit geschleudert wurde. Die Reise dauerte wahrscheinlich nur ein paar Sekunden, doch diese Sekunden waren die längsten in ihrem ganzen Leben. Als sie wieder festen Boden unter sich hatte, musste sie sich stark zusammenreißen, um nicht umzukippen. Seine Hände hielten sie aufrecht und verhinderten somit den Sturz. Sie war ziemlich froh, dass sie sich nicht übergeben hatte.

Bloom wollte ihr schönes Kleid nun wirklich nicht ruinieren.

„Nächstes Mal", keuchte sie, „ nehme ich die Portalstation."

„Woher hätte ich wissen sollen, dass du so reagieren würdest", sagte er unbeeindruckt.

Es dauerte eine Weile, bevor sie sich wieder gesammelt hatte. Erst da ließ er sie wieder los und trat einen Schritt zurück.

Sie nahm einen tiefen Atemzug und erst jetzt nahm sie ihre Umgebung wieder wahr. Sie waren wieder in einer Gasse. Aber nicht die, in die sie vorhin eingebogen waren. Über sich konnte Bloom gewaltige Gebäude hinaufragen sehen. Ein Gewirr aus aufgeregten Stimmen drang an ihre Ohren. In der Ferne hörte sie Verkündungen für diverse Eröffnungen oder Shows...

„Wo sind wir?"

„Zenith."

Überrascht sah sie zu ihm auf, dann richtete sie ihren Blick wieder nach vorne. Langsam schritt sie nach vorne, aus der Gasse heraus. Draußen angekommen, war sie überwältigt von dem Anblick der sich ihr anbot. Alles war einfach so gigantisch. Die Wolkenkratzer schienen um die Wette in den Himmel emporzuschießen. Auf einigen von ihnen schlängelten sich bunte Muster entlang und schienen von Gebäude zu Gebäude zu springen. Bunte Werbung wurde ebenfalls auf ihnen ausgestrahlt und die Programmzeiten wurden an massiven Tafeln ausgeleuchtet, sodass sie auch wirklich niemand übersehen konnte. Die Tafeln an sich waren durchsichtig und so kam es einem vor, als stünde die Schrift, wie auch in Magix, in der Luft geschrieben.

So viele Leute waren unterwegs. Sie fühlte sich auf einmal so winzig inmitten dieser beeindruckenden Großstadt.

„Bloom?"

Sie wirbelte zu der bekannten Stimme herum. Ihre Augen weiteten sich. „Tecna?"

Die Angesprochene lächelte ihr zu, während sie zu ihr rüberkam. „Ich dachte, du hättest verschlafen und kommst heute nicht."

„Als ob! Ich lasse mir doch so etwas nicht entgehen!" Sie gestikulierte in alle Richtungen, um ihre Worte zu unterstreichen. Währenddessen huschte ihr Blick von der einen Seite zur andern.

Von Valtor war keine Spur zu sehen.

Erleichtert wandte sie sich wieder ihrer Freundin zu und ließ sich von ihr durch die Straßen ziehen. Sie hatte Tecna von Anfang an Bescheid gegeben, dass sie leider nicht so viel Zeit haben würde, wenn sie noch die anderen Planeten besuchen wollte. Tatsächlich war es sogar so gewesen, dass ihr die Fee der Technik bei ihrer Zeiteinteilung höchstpersönlich geholfen hatte.

Noch während sie liefen, erzählte ihr Tecna von den ganzen Highlights, die am heutigen Tag hier auf Zenith zu erwarten waren. Leider waren sie alle fast ausschließlich erst mittags oder abends angesiedelt - genau dann, wenn Bloom woanders sein würde.

So sehr sich die rothaarige Fee auch bemühte, ihrer Freundin aufmerksam zuzuhören, sie konnte nicht umhin, als immer wieder nach ihrer Drachenflammenverbindung zu lauschen um herauszufinden, wo genau sich Valtor befand. Sie bezweifelte, dass er komplett verschwunden war. Allen voran deswegen nicht, da es sich so angehört hatte, als würde er planen, sie den ganzen Tag über zu begleiten.

Aber nein, sicherlich war das nicht der Fall.

...oder?

Sie wurde wieder aus ihren Gedanken gezogen, als Tecna sie in den sogenannten »Play-Room« schleppte. Anscheinend wurde er erst vor kurzem eröffnet und dort hatte man die Möglichkeit, wie der Name schon andeutete, viele digitale Spiele auszuprobieren. Zusammen hatten sie sich ein Gerät über den Kopf gezogen, das ihnen einen Bildschirm direkt vor ihre Augen brachte. Kopfhörer waren auch bereits angebracht gewesen. Daraufhin mussten sie spezielle Plättchen an Händen, Armen, Beinen und an der Stelle über dem Herzen anbringen, ehe sie dann auf eine spezielle Plattform gebracht wurden, die sich scheinbar mit den Geschehnissen in dem Spiel mit bewegen würde.

Und dann durften sie das Spiel endlich starten.

Es war verrückt gewesen!

Man kam sich wirklich vor, als wäre man in dem Spiel drin! Die Graphik war täuschend echt, die Geräusche der gezeigten Umgebung waren perfekt imitiert gewesen und sowohl die Sensoren, als auch die Plattform hatten dazu beigetragen, dass sie die digitale Umgebung sogar spüren konnten!

Am Ende des Spieles erlitt Bloom beinahe einen Realitätsverlust, als sie die Geräte wieder auszogen.

Tecna konnte darüber nur lachen.

Sie waren noch ein wenig durch die Straßen geschlendert, danach verabschiedeten sie sich.

„Wenn du in diesem Tempo weitermachst, wirst du nie im Leben alle deine Freundinnen besuchen."

Sie zuckte zusammen und wirbelte zu ihm herum. „Wo warst du?"

„Nicht allzu weit weg."

Sie schüttelte den Kopf. Natürlich konnte er ihr mal wieder keine konkrete Antwort geben. Warum machte sie sich die Mühe, ihn überhaupt noch was zu fragen?

Nach Zenith war sie zu Layla gegangen. Und daraufhin zu Stella. Während auf Laylas Planeten viel Magie mit Wasser vorgeführt wurde, Shows an Wasser gehalten wurden und Meerleute an die Wasseroberfläche geschwommen waren, um zusammen mit den Landbewohnern zu feiern, wurden auf Solaria Künste mit dem Licht vorgeführt. Zu diesem besonderen Tag waren sogar König Radius und Königin Luna zusammengekommen, was Stella natürlich ganz aus dem Häuschen gebracht hatte.

Layla hatte wenig Zeit gehabt, da sie als Kronprinzessin vielen Pflichten nachzugehen hatte, wofür sie sich auch mehrere Male entschuldigt hatte. Stella hatte das Ganze viel lockerer gesehen. Sie hatte Bloom sogar persönlich in eine der beliebtesten Boutiques dieses Planeten begleitet und ihr noch ein Kleid ausgesucht, das sie „auf jeden Fall auf Eraklyons Ball für ihren geliebten Traumprinzen" tragen sollte. Die Verkäuferin hatte zwar einen leichten Schock erlitten, als sie Solarias Kronprinzessin höchstpersönlich vor sich stehen sehen hatte, aber ansonsten war der Einkauf ganz lustig gewesen.

Das einzig Verstörende an diesen Trips war ihr schweigsamer Begleiter gewesen, der immer kurz vor der Begegnung mit einer ihrer Freundinnen auf mysteriöse Art und Weise verschwunden war, nur um sie nach ihrem Treffen wieder abzuholen.

Sie wusste immer noch nicht, was er eigentlich für ein Ziel verfolgte.

Auf Melody begrüßten sie Musa und Harper. Da beide in derselben Stadt lebten, hatten sie beschlossen, das Fest zusammen zu genießen. Bloom war genau zum richtigen Zeitpunkt aufgetaucht, denn es wurde in dem Moment eines der traditionellen Theaterstücke aufgeführt, die in der Heimat von Musa und Harper sehr bekannt waren. Der rothaarigen Fee fielen gewisse Kulturmerkmale auf, die sie an asiatische Länder wie China oder Japan erinnerten - etwas was sie ins Grübeln brachte. Gab es da vielleicht einen Zusammenhang zwischen Erde und Melody? Hatte es möglicherweise sogar einen Berührungspunkt in der fernen Vergangenheit gegeben?

Leider war sie nicht dazu gekommen, ihre Fragen zu stellen, denn sie musste schon bald wieder gehen. Sie nutzte dafür die erste Pause aus, die zwischen dem ersten Akt und dem zweiten Akt angelegt wurde.

Und jetzt war sie hier.

Auf Lynphea.

Valtor war mal wieder irgendwo abgeblieben und Flora war, soweit sie sehen konnte, noch nicht da.

Sie nutzte die Zeit, um die Umgebung zu betrachten. Blumen in wunderschönen Farbkombinationen säumten den Weg und gaben solch berauschende Düfte von sich, dass sie sich beinahe so leicht wie eine Feder fühlte. Ihr wurde sogar leicht schwindelig davon. Blumengirlanden verbanden die Bäume miteinander und weiter oben waren mehrere Kletterstationen für die Besucher angebracht.

Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie so einen riesigen Kletterwald gesehen. Kombiniert mit Magie, ließen sich die phantasievollsten Stationen zusammensetzen.

Das schöne Wetter ließ die Blätter in den verschiedensten Grüntönen erstrahlen, die Blütenblätter schienen zu glühen. Man kam sich vor, wie in einem Märchenwald voller Wunder.

Etwas streifte ihre Schulter. Bloom wandte sich um, konnte jedoch niemanden in unmittelbarer Nähe erkennen. Kurz darauf spürte sie etwas an der anderen Schulter und daraufhin schwebte etwas von oben herab und kitzelte ihre Nase. Dann wurden es mehr. Sie blickte nach oben und konnte kaum ihr Keuchen unterdrücken. Im Wind lösten sich einige Blütenblätter von den Girlanden und regneten auf sie herab. Ein Lachen entfuhr ihren Lippen und sie begann sich langsam mit ausgestreckten Armen um sich selbst zu drehen. Ihre Augen hatte sie dabei geschlossen.

Sobald sie weiteres Gelächter hörte, öffnete sie sofort ihre Augen und hielt inne. Flora lachte nur noch mehr bei ihrem verdutzten Blick.

„Ich sehe schon, du genießt das Fest vollkommen. Es ist schön hier, nicht wahr?"

„Atemberaubend!", stimmte ihr Bloom strahlend zu.

„Du hast noch nicht einmal alles gesehen", kicherte Flora.

„Dann würde ich vorschlagen, du zeigst mir den Rest!"

Flora stimmte ihr munter zu und führte sie durch den Wald. Sie durchquerten eines der vielen geschmückten Dörfer und begegneten auf dem Weg Miele, Floras kleinen Schwester, die sie ziemlich enthusiastisch begrüßte. Einige Zeit lang begleitete sie sie auf ihrem Weg und erzählte ihnen, was sie soweit erlebt hatte. Sie gab ihnen auch kleine Tipps, was sie alles besichtigen sollten. Danach hatte sie sich noch von Bloom und Flora verabschiedet und war mit ihren Freundinnen zu einer Magievorstellung losgezogen.

„Die ganzen größeren Shows werden heute größtenteils in der Hauptstadt gehalten", erzählte Flora.

„Das macht überhaupt nichts. Die Vorstellungen, die ich bisher auf den anderen Planeten gesehen habe, waren echt super gewesen!"

„Erzähl, hast du schon den größten Teil deiner Einladungen durch? Hat es mit dem Zeitplan geklappt?"

„Ja, hat es tatsächlich! Ich muss nur noch zwei weitere Einladungen abhaken und dann bin ich durch."

Flora nickte, dann warf sie ihr einen Seitenblick zu. „Kennst du diese Prinzessin Cyan?"

Bloom zögerte leicht, während sie überlegte, was sie ihr erzählen sollte. „Wir haben uns erst vor nicht allzu langer Zeit kennengelernt", sagte sie schließlich. Es entsprach sogar der Wahrheit.

„Muss wohl so gewesen sein. Ich habe nämlich gehört, dass sie über ein Jahrzehnt lang verschollen gewesen war und erst vor kurzem wieder aufgetaucht sei. Wie habt ihr euch denn kennengelernt?"

Sie wägte vorsichtig ihre Antwort ab. „Na ja, als ich sie zum ersten Mal gesehen habe, wusste ich noch gar nicht, dass sie die Prinzessin von Colaris ist. Wir haben zwar viel geredet, aber zu wenig Zeit gehabt. Wir haben daraufhin beschlossen, uns noch einmal wiederzusehen." Sie biss sich auf die Unterlippe. Es stimmte, anfangs hatte sie Cyan für die Rabenprinzessin gehalten, und nicht für Kronprinzessin Cyan Hesaphia von Colaris.

„Verstehe..." Auf einmal verlangsamte die Fee der Natur ihre Schritte. „Hör mal, Bloom, da gibt es etwas, das ich dir gerne sagen möchte."

Mit einem flauen Gefühl im Magen wurde auch Bloom langsamer. Dann blieben sie beide stehen. Sie hatte Flora nur selten so ernst gesehen. Und das machte sie nur noch nervöser.

Sie betrachtete, wie ihre Freundin tiefe Atemzüge nahm, bevor sie schließlich etwas aussprach, was Blooms Herz beinahe zu einem Stillstand brachte.

„Ich weiß Bescheid."

Alles um sie herum schien in dem Moment zu verstummen.


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Hallihallo, meine Lieben!

Ich bin wieder zurück! Und ich möchte euch alle mal so richtig feste umarmen, weil ihr einfach so wunderbar seid! Danke, für alle eure Kommentare und Votes!

Wenn ich jetzt so schaue, wie weit ich mit dieser Story bin, kann ich es irgendwie kaum fassen, dass ich es überhaupt bis hierher geschafft habe! Ich meine, ich hätte nie im Leben erwartet, dass ich jemals so viele Reads/Votes/Kommentare haben werde.

Also vielen, vielen herzlichen Dank an euch alle! ^^


Blooms dunkles GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt