Ausreden

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Es war einer dieser friedlichen Morgen, während alle noch schliefen. Vielleicht waren einige bereits wach und genossen die Stille. Die Ruhe bevor sämtliche Wecker oder Alarme losgingen und Schüler sowie Lehrer aus ihrem Schlaf gerissen wurden.

So saß Musa im Sessel des Gemeinschaftraumes, hatte ihre Augen geschlossen, den Kopf nach hinten gelehnt und lauschte dem Vogelgezwitscher während die Sonnenstrahlen, die durch die Fenster fielen, ihr Gesicht wärmten.

Sie atmete tief ein und aus und ihre Lippen verzogen sich zu einem kleinen, seligen Lächeln.

Ja, so klang für sie der frühe Morgen hier auf der Feenschule. Die geborgene Atmosphäre erinnerte sie ein wenig an ihr Zuhause. Als sie kleiner war, hatte sie keine Probleme damit gehabt, früh aufzustehen, denn sie wollte immer den kleinen Glöckchen in ihrem Garten lauschen, die den hereinbrechenden Morgen begrüßten. Als ihre Mutter noch bei ihnen war, hatte sie sich oft zu ihr gesellt und gelegentlich die zarten Töne mit ihrem wunderschönen Gesang begleitet. Ihr Vater war dann immer kurz darauf schlaftrunken zu ihnen gestoßen, denn um nichts auf der Welt wollte er sich die Gelegenheit entgehen lassen, seiner Frau beim Singen zu lauschen. Er konnte nie genug davon bekommen.

Nach dem Tod ihrer Mutter, hatte ihr Vater diese Glöckchen abgehängt und sie wusste bis heute nicht, wo sie waren. Auf ihre Fragen hatte er keine Antworten geben wollen. Somit hatte sie irgendwann das Thema fallen lassen.

Seitdem mochte sie es nicht so gerne früh morgens bei sich zu Hause in den Garten zu gehen. Die Stille war dort zu drückend.

Ihre Gedankenzüge fanden ein jähes Ende als der Wecker auf ihrem Schoß losschrillte. Für den Bruchteil einer Sekunde wollte sie ihn gegen die nächstbeste Wand schleudern, konnte sich aber noch rechtzeitig davon abhalten. Schnell schnappte sie sich ein Buch, schlug es auf einer beliebigen Seite auf und versteckte den Wecker indem sie so tat, als ob sie lesen würde. Schnell murmelte sie noch eine Formel woraufhin augenblicklich Ohrenstöpsel erschienen. So musste sie sich dieses unerträglich laute Schrillen des Weckers nicht mehr anhören.

Sie zählte von drei herunter. Wie erwartet schlug die Tür zu Stellas Zimmer mit Wucht auf, und obwohl sie das Geräusch nur dumpf hörte, spürte sie die Vibrationen durch den Boden. Stella kam herausgestürmt und blieb mit erhobener Faust vor dem Tisch stehen. Erst da bemerkte sie die Abwesenheit des Weckers obwohl er immer noch schrillte.

Was tun?

Fluchend das Mistvieh suchen.

Sie schmiss alle Sofakissen zu Boden, schaute hinten und sogar unter dem Sofa nach und krabbelte auf allen Vieren unter den Tisch.

Seelenruhig blickte Musa in das Buch, konnte sich aber nicht davon abhalten über den Rand zu spähen. Sie bemerkte da die Anwesenheit von Layla und die Abwesenheit der anderen drei Feen.

Layla war natürlich hellwach und stand mit verschränkten Armen da. Mit hochgezogener Augenbraue betrachtete sie das Herumgewusel von Stella. Dabei fiel ihr Blick auf Musa. Als sie den pinken Ohrenstöpsel in ihrem Ohr bemerkte, schoss dann auch die andere Augenbraue in die Höhe.

„Komm schon, wo bist du", murmelte Stella während sie hektisch die Sachen auf dem Tisch durchwühlte „Du mieses kleines Ding, komm jetzt sofort raus!" Es folgten weitere wüste Beschimpfungen auf den armen Wecker.

So amüsierend das auch war, das Schrillen ging Layla langsam auf den Geist. Außerdem konnte Stellas Laune noch stinkiger werden und hinterher konnten sie die Sauerei dann wegräumen. Die Braunhaarige entdeckte den Wecker hinter Musas Buch, wie erwartet, und nahm ihn an sich, um ihn kurz darauf in die Höhe zu halten. „Hab ich dich."

Stellas Kopf schoss ruckartig in die Höhe, ihre Augen verengten sich zu Schlitzen, den Wecker nicht aus den Augen lassend. Auf einmal stürzte sie sich mit ausgestreckten Armen auf ihn. Layla konnte noch schnell ausweichen. Dabei schaltete sie den Alarm aus.

„Ah, ah, ah, nicht so hastig. Immerhin ist das mein Wecker."

„Hast du ihn etwa die ganze Zeit versteckt?", rief Stella empört.

„Wer sagt denn, dass ich das war?"

Die Blondine blickte zu Musa, die das Buch weggelegt hatte und die ganze Szene mit verschränkten Armen betrachtete. Mit den Händen in die Hüften gestemmt stolzierte sie herüber und baute sich vor der Fee der Musik auf.

„Du warst das also! Was fällt dir eigentlich ein, ihn zu verstecken! Und dann lässt du ihn auch noch weiterschrillen! Macht es dir etwa Spaß, mich in den Wahnsinn zu trieben? Na, also hör mal-!", schimpfte Stella darauf los.

Musa saß einfach nur still da, lässig zurückgelehnt und blieb ruhig. Eine Zeit lang betrachtete sie, wie sich ihre Freundin in Rage redete und als diese immer hektischer mit den Armen ausuferte während sich rote Flecken anfingen auf ihrem Gesicht zu bilden, konnte sie nicht anders und fing an zu grinsen.

Aus den Augenwinkeln konnte sie erkennen wie Layla ihre Hände auf den Mund gepresst hatte und ihre Schultern vor unterdrücktem Lachen bebten. Anscheinend wusste sie bereits, was es mit der Gelassenheit auf sich hatte. Das führte dazu, dass Musa nur noch breiter grinste.

Da zog sich Musa die Ohrstöpsel endlich heraus. „Was hast du gesagt? Wiederhol bitte alles nochmal."

„W-Was?! Das ist doch jetzt nicht wirklich dein Ernst!", japste Stella.

„Doch. Doch das ist es!" Nun brachen Musa und Layla endgültig in Gelächter aus.

Stella schnaubte, sah einfach nur grimmig von der einen zur anderen.

Nach einiger Zeit beruhigten sich die zwei wieder.

„Ach ja, du schuldest mir noch einen Wecker", erinnerte sie Musa.

„Ja, ja, schon okay. Ich werde ihn dir besorgen, kein Grund zur Sorge."

„Sagt mal, weiß jemand von euch wo Tecna steckt?", fragte Layla.

„Oder Bloom und Flora?", fügte Stella hinzu als sie am Türrahmen zu Blooms und Floras Zimmer lehnte. Genau in dem Moment flitzte etwas aus dem Zimmer der zwei fehlenden Feen.

„Kiko! Erschrecke mich doch nicht so!", rief Stella, ihre Hand an die Brust gepresst.

Musa kniete sich vor den Hasen. „Weißt du vielleicht wo die beiden hin sein könnten?"

Der Hase nickte und fing an hektisch herum zu fuchteln.

„Ähm... etwas langsamer bitte?", bat Layla.

Kiko blickte kurz zu ihr, dann fing er von vorne an.

„Aha. Hm. Sie haben geredet. Dann... Ohrenschmerzen? Nein, sie haben was gehört. Okay. Was? Wozu haben sie das Fenster... ach die Tür! Mh-hmm. Sie... wie jetzt? Die Tür klemmte?", fragte Stella, ihre Hände auf den Knien abgestützt.

Der Hase schüttelte den Kopf dann machte er weiter.

„Sie beobachteten. Jemand... warte mal wieso tanzt du jetzt? Nein? Jemand schlich hinaus? Das musste Tecna gewesen sein! Ha, ich glaube kaum, dass jemand mitten in der Nacht hier tanzt... allen voran nicht Tecna! Okay. Sie sind ihr gefolgt."

In dem Moment nickte Kiko. Musa schnippte mit den Fingern und gab ihm eine Karotte. „Hier. Die hast du dir jetzt wirklich verdient, danke!"

Sofort schnappte sich der Hase das geliebte Gemüse und flitzte davon.

„Was? Das war es schon?", fragte Layla überrascht.

„Wenigstens wissen wir, dass sie einen guten Grund hatten-", da unterbrach sich Musa, als ihr klar wurde, dass sie gar keine Ahnung hatte, warum sich die Mädchen rausgeschlichen hatten. Und vor allem wusste sie nicht, warum sie noch immer nicht zurück waren.

Layla verschränkte nur die Arme. „Ah ja, ein sehr guter Grund. Ein guter Grund für was, wenn ich fragen darf?"

Auf einmal piepte etwas.

„Sorry, meins", entschuldigte sich Stella und holte ihr Handy hervor. „Wahrscheinlich eine SMS von Brandon."

Sie blickte auf das Display.

„Und was schreibt dein Schnucki?"

Stella reagierte gar nicht auf Musas Frage, denn sie starrte mit weiten Augen auf die Nachricht, die sie erhalten hatte. „Leute, das müsst ihr euch ansehen!", quietschte sie und zeigte dann den beiden, was sie meinte.

Es war eine Nachricht von Tecna: „Tut mir leid, dass wir so überstürzt gegangen sind, aber da ist etwas sehr Wichtiges, was wir erledigen müssen. Es hat mit meinem Heimatplaneten zu tun. Wir werden euch später alles berichten. Bitte haltet Deckung."

Die Mädchen wechselten einen überraschten Blick.

„Und was wollen wir jetzt machen?"

„Ganz einfach, Musa", sagte Layla, „wir warten bis sie zurückkehren."

„Und bis dahin, erzählen wir Miss Faragonda einfach, dass sie krank sind", fügte Stella hinzu.

„Und was ist wenn sie überprüfen kommt?"

Die Blonde lächelte. „Das überlasse ruhig mir."

○●○


„Das kann doch nicht wahr sein! Erst bringen sie mir nicht diese Bücher und dann verschwinden sie auch noch auf dem Weg dorthin!", rief Melanie wütend und pfefferte einen ihrer Gürtel auf den Boden.

„Unverschämtheit. Aber das ist mal wieder typisch", stimmte ihr Raven zu.

„Leute, jetzt übertreibt mal nicht, das ist überhaupt nicht typisch und das wisst ihr ganz genau", sagte ein braunhaariges Mädchen mit pinken Strähnchen. Sie funkelte beide Mädchen mit ihren bernsteinfarbenen Augen an. „Vielleicht ist ihnen was zugestoßen."

Melanie atmete tief ein und aus. Dann hob sie ihren Gürtel wieder auf und legte ihn zurück zu den anderen auf den Sessel. Prüfend ließ sie ihren Blick über die Auswahl wandern. „Vielleicht hast du recht, Nis. Ich bin nur leider nicht in der Stimmung..."

„Du kannst von meinen Hausaufgaben abschreiben", meinte Nadia und hielt ihr ein Heft unter die Nase.

„Du bist ein Schatz", lächelte die Blondine während sie das Heft entgegennahm.

„Ja, und was sollen wir jetzt machen?", fragte Rita während sie ihr schwarzes Haar bürstete.

„Na, vielleicht die beiden decken", schlug Narissa, das Mädchen mit den pinken Strähnchen, vor.

„Das ist doch wohl nicht dein Ernst, oder? Die beiden machen das für extra!", rief Raven.

„Okay", stimmte Melanie zu.

„Was?!" Ungläubig drehte sich Raven zu ihr um.

„Na, wir erzählen Miss Faragonda einfach, dass sie krank sind." Da begann Melanie fies zu grinsen. „Aber wenn sie zurückkommen, sind sie mir dafür etwas schuldig, denn so einfach lasse ich sie nicht ungeschoren davonkommen."

Nadia verzog die Mundwinkel. Musste das echt sein? Aber was konnte sie schon dagegen tun? So war Melanie nun eben. Und die beiden wurden mit Abstand am schlechtesten von allen Mitgliedern von Melanie behandelt. Bloß weil sie nichts gegen die Winx hatten. Wie immer hielt sie aber lieber ihre Klappe, als selbst zur Zielscheibe der Stimmungsschwankungen der blonden Anführerin zu werden.

„Kommt, gehen wir, sonst verpassen wir den Unterricht", kommandierte Melanie. Letzten Endes beschloss sie, dass ihr Outfit auch ohne Gürtel gut aussah. Somit stolzierte sie voraus, an ihrer Seite ihre beste Freundin Raven, der Rest hinter ihnen her. Rita starrte Raven grimmig in den Rücken, während Narissa und Nadia einen Blick wechselten.

Kurz darauf betraten sie das Klassenzimmer, wo drei der Winx Club Feen bereits saßen, mit derselben Entschuldigung für ihre fehlenden Freundinnen, wie die Estrellas.


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Helou ^^ Vielen vielen, vielen, vielen Dank für all die Votes und die lieben Kommentare!

Ihr seid echt die besten ^^

Das nächste Kapi dürfte länger ( und spannender!) sein ^^


Blooms dunkles GeheimnisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt