T H I R T Y F O U R

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Evelyn hörte einen dumpfen Schlag, ein schmerzerfülltes Stöhnen, wieder ein Schlag und dann einen Aufprall, als stürzte jemand zu Boden. Dann noch ein Schlag. Sie öffnete die Augen einen Spalt breit. Zuerst fiel ihr Blick auf Harry. Der Weißhaarige hatte sich bereits wieder aufgerichtet und verfolgte nun mit schreckgeweiteten Augen was vor sich ging. Darauf fiel Evelyns Blick als nächstes.

~Was zur~

Alles in ihr erstarrte, ihr Körper weigerte sich, sich zu bewegen. Sie lag Rücklinks auf dem rauen Boden, mitten auf einer Straße, in der Nähe des ausgemachten Treffpunktes. Zombies liefen hier frei umher und töteten alles was nicht leise genug war. Ihr Rücken tat weh, ihr Kopf dröhnte, ihre Handflächen waren aufgeschürft und ihre linke Wange blutete heftig, aber all das interessierte sie augenblicklich herzlich wenig.

„Was fällt dir ein?” donnerte Lawrence wütend, holte mit seinem Baseballschläger aus und ließ ihn wieder auf den am Boden liegenden Mann hinabsausen. Die Haut am Schädel des Fremden war schon lange aufgeplatzt, Blut lief ihm übers Gesicht, den Baseballschläger und den Boden. Er regte sich nicht mehr. Doch Lawrence hörte nicht auf.

„Für wen hälst du dich eigentlich!” rief er dem bereits Toten Mann in das blutige, zerschlagene Gesicht, während sein Schläger immer und immer wieder darauf auftraf, es immer mehr eindrückte. Man hörte das helle Knacken einer brechenden Nase, das morsche Knirschen splitternder Zähne, ein merkwürdiges Schmatzen, als einer der Augäpfel tief in seine Höhle gedrückt wurde und doch war es Lawrence noch immer nicht genug. In seinen Augen funkelte etwas, was Evelyn nicht hätte deuten können, wenn sie in sein Gesicht geblickt hätte. Dieses Etwas war dunkel. Ein glitzerndes Schwarz, in dem das flackernde Irrlicht kalt aufglühte und verzückt zu flimmern begann, während er Gewalt an einem Körper übte, der schon lange nicht mehr dazu im Stande war sich zu bewegen.

Und genau auf diesem Körper lag Evelyns Aufmerksamkeit nun, zu schrecklich, zu faszinierend, zu furchtbar, als dass sie ihren Blick abwenden hätte können. Entsetzen, Abscheu und Übelkeit schwabbten über sie hinweg, prallten gegen ihren Leib und überzogen ihn mit einer Gänsehaut, drangen durch Mund und Nase in sie ein und füllten ihre Nasenhöhlen mit dem metallisch pulsierenden Gestank vergossenen Blutes, tränken ihre Zunge mit jenem bleischweren Geschmack und ließ ihren Magen sich zusammenkrampfen.
Sie war nicht fähig sich von dem Gesicht des Mannes abzuwenden.

Es war seltsam eingebeult, völlig verformt und von einer alles verschlingenden roten Schicht bedeckt, aus der an einigen Stellen harte, helle Zacken hervoragten. Das Blut ~Oh, Herr bitte hilf mir, es ist einfach überall, es ist überall, es ist an mir, in meinem Gesicht, in meinem Mund, ich habe es im Mund!~ bildete eine eine tiefrote Pfütze am Boden, die sich stetig ausbreitete und dunkle Streifen einholte, die einfach hingespritzt worden waren und mit jedem weiteren Schlag kamen neue Spritzer hinzu. Es war auf dem Baseballschläger, der inzwischen weitestgehend so aussah, als hätte man ihn bis zum Schaft darin eingetaucht und sprudelte auch sonst in alle Richtungen.  Lawrence sah aus wie ein wahnsinniger Serienkiller, von oben bis unten rot gesprenkelt und er machte nicht den Eindruck bald mit seinem Tun inne zu halten.

„Lawrence...” Harry schien sich erst richtig fassen zu müssen, seine Stimme klang leise, benommen, war beinahe nicht hörbar, dann wurde seine Tonlage kräftiger. „Lawrence! Hör auf!” befahl er und hörte sich so fassungslos und verschreckt an, wie Evelyn sich fühlte. Lawrence beachtete ihn nicht. Er holte noch ein letztes Mal mit seiner Waffe aus und schlug mit einer solchen Wucht auf das Haupt seines Opfers, dass alle Körperflüssigkeit aus dem Schädel herausgedrückt wurde, wie Wasser aus einem vollgesogenen Schwamm. Etwas feuchtes klatschte gegen Evelyns Wange und riss sie aus ihrer Trance. Reflexartig griff sie danach und fühlte etwas heißes, dickes auf ihren Fingern. Schnell zog sie die Hand zurück und besah sich, zunehmend in sich zusammensackend, die schrecklich dunkle, schrecklich glatte, schrecklich glitzernde Flüssigkeit. Sie schauderte.

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