T H I R T Y O N E

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W-Was....ich verstehe das nicht...wir waren doch alle unten...” Evelyns Stimme brach und sie machte ein paar unkoordinierte Schritte in den Raum hinein. Die Kälte, die scheinbar bereits seit mindestens einer Stunde durch das offen stehende Fenster eindrang, schloss sie ein und schmiegte sich aufdringlich um ihren abgemagerten Leib. „Evelyn” jemand trat hinter sie, legte ihr beide Hände auf die Schultern und führte sie zu einem der Stühle. „Setz dich hin” sagte Harry leise und strich ihr beruhigend über den Rücken. Unterdessen verfiel Hailey erneut in Panik. Sie schlug kopflos und blindlinks um sich und wollte offensichtlich in ihr Klassenzimmer flüchten, doch Lawrence reagierte schneller. Er packte sie grob an den Armen und drehte die Brünette so, dass sie gezwungen war ihm direkt in die Augen zu sehen.

Beruhige dich. Shh, hey, sieh mich an.” Seine Hand fand Haileys Kinn und drückte es in seine Richtung als sie sich abwenden wollte, ihre Finger krallten sich in sein Handgelenk. Sie stellte ihre Fluchtversuche ein. „Hailey, wenn du dich jetzt wieder in deinem Zimmer einsperrst, dann bist du dem Täter hilflos ausgeliefert, besonders wenn alle schlafen. Du bist am sichersten wenn du in der Nähe der Gruppe bleibst, verstehst du?” Hailey wimmerte und nickte. Lawrence wirkte zufrieden. „Gut. Setzt dich lieber auch hin....du bist blass” Er ließ von ihr ab und schritt wie auch die anderen das Klassenzimmer. Die Brünette schenkte Evelyn einen nervösen Blick und steuerte einen Stuhl auf der anderen Seite des Raumes an.

Die Hellblonde seufzte und blickte zu Harry welcher immernoch neben ihr kniete. Auch wenn sie nicht blutsverwandt waren, in den vergangenen Wochen hatte sie in ihm soetwas wie einen großen Bruder gefunden. Sie vertraute ihm mit ihrem Leben und wusste, dass er immer für sie da sein und ihr Wohl jederzeit über sein eigenes stellen würde. „Es geht wieder.” Evelyn stand auf und versuchte sich an einem Lächeln, doch ihre Gesichtsmuskulatur war wie eingefroren, kalt und starr.

Der Verräter dezimierte sie immer weiter. Am Anfang waren sie zu elft. Jetzt waren sie nur noch sieben. Es war wie in einem dieser alten Kinderlieder, in welchen es um eine Gruppe Zwerge oder Elfen ging und mit jeder Strophe wurde es einer weniger, bis am Ende nur noch ein einzelner übrig war. Und wer war es, der dieses grausame Lied sang? Das war der Verräter. Das 'Ungeheuer'. Und wer war es, der am Ende, am bitteren Ende übrig blieb? Nun, von allen die jetzt nicht mehr bei ihnen waren, waren die Leichen gefunden worden. Jay starb bei der Außenpatrouille, wurde von den Zombies dahingerafft. Scarlett aber wurde ermordet. Wenn man jetzt irgendwo Sues kalte Hülle, ihren leblosen Körper ausfindig machen würde, so konnte Evelyn sich sicher sein, dass es Judy war. Judy, die übrig blieb weil der Verräter 'verrückt vor Liebe' war. Das hatte der Fuchs gesagt. Judy die letzte Überlebende.

Evelyn trat an das geöffnete Fenster, erneut kam sie sich dabei nicht ganz wie sie selbst vor, es war als würde man sie an einer Schnur zu sich ziehen oder vielmehr, als würde sich das Fenster wie auf Schienen auf sie zu bewegen. Sie wollte es schließen. Es machte sie nervös. Außerdem war da immernoch jene dunkle Vermutung die es zu bestätigen, hoffentlich aber zu widerlegen galt. Eugene näherte sich ihr von der Seite, er hatte scheinbar ihren vernebelten Gesichtsausdruck bemerkt. Er griff nach ihrem Handgelenk und hielt sie fest, doch die Berührung alleine reichte aus um sie aus ihrer Trance zu reißen.

Alles in Ordnung?” fragte der Blonde und schien jedoch bereits zu wissen, dass diese Frage überflüssig war. Nein. Nichts war in Ordnung. Jetzt nicht und wahrscheinlich auch sonst nie. Das Leben konnte schön sein, aber es war wankelmütig. Es gab einen Satz, den Evelyn einmal irgendwo gelesen hatte, in einem Buch von Stephen King, der ihr jetzt in den Sinn kam. Ihr wollte der Titel im Moment nicht einfallen, aber an den Satz erinnerte sie sich noch genau.

~Das Leben hat Zähne und es kann damit zubeißen wann immer es will.~

Diese Geschichte handelte von einem Mädchen, erinnerte sich Evelyn vage. Um ein Mädchen das sich im Wald verirrt hatte. Und hatte nicht auch sie sich im Wald verirrt? Doch. ~Der Fuchs~ Es war als hätte sie das Gehölz nie ganz verlassen. Als wäre ein Teil von ihr immernoch dort. Als hätte sie ihn noch nicht losgelassen, oder als hätte er sie noch nicht losgelassen.
Evelyn erwiderte den beunruhigten Blick von Eugene bitter und schüttelte sacht den Kopf.

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