T W E N T Y S I X

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Seufzend stieg Evelyn aus der Dusche. Es hatte eine qualvoll lange Zeit benötigt, bis sie sich gewaschen hatte, ihr Fuß machte ihr wirklich zu schaffen. Außerdem war es dunkel hier. Das einzige Licht, dass in den kleinen Raum fiel war das Mondlicht und zwar durch dieses schmale, an die Decke gequetschte Fenster neben der Duschkabine. Wenigstens war Evelyn nicht hingefallen.
Sie stützte sich unsicher an der Wand ab, während sie vorsichtig zu ihrem Handtuch und ihren Anziehsachen humpelte. Das Abtrocknen dauerte ebenfalls länger als sonst und auch das anziehen gestaltete sich anstrengender und wurde zu einer ausgewachsenen Hürde. Am Ende tat sie dies im Sitzen auf dem ausgebreiteten Handtuch. Ihr nasses Haar band sie zu einem Dutt zusammen, dann verließ sie das Zimmer und trat in die Umkleide, in welcher Hailey und Sue saßen und sich unterhielten.

Die Erschöpfung drückte von allen Seiten gegen ihren Körper und schien in jeden ihrer Muskeln und Knochen einzudringen. Sie hätte im stehen einschlafen können. Beinahe wortlos machten sich die drei zum Gemeinschaftsraum auf und während Hailey in ihr eigenes Klassenzimmer zurückkehrte, betraten Sue und Evelyn Zimmer 1-C. Auch hier sorgte nur das schwache Glimmen des Mondes für Beleuchtung, aber es reichte um Evelyn erkennen zu lassen, dass die Jungs bereits alle wieder da waren.

~Habe ich wirklich so lange gebraucht?~ fragte sich die Hellblonde erschrocken, aber da fiel ihr auch wieder ein, dass es in der anderen Umkleide erstens, drei Duschen gab, dass zweitens, die Jungs sich nur das Blut vom Körper gewaschen hatten und, dass drittens vor Evelyn auch Hailey geduscht hatte. „Hi” sagte sie leise, bevor sie die Tür hinter sich schloss. Alle Anwesenden, abgesehen von Ethan, der bereits tief und fest zu schlafen schien, winkten ihr, lächelten oder nickten ihr zu. „Hey, Evelyn.”, „Hey, Eugene.” Sie ging zu dem Blonden, der ihr ihren Rucksack hinhielt und entschied sich kurzerhand genau hier zu schlafen, neben ihm. Ein Bild, in welchem sie sich an ihn kuschelte und er einen Arm um sie legte tauchte vor ihrem Inneren Auge auf und ließ ihre Wangen heiß werden. Sie nahm ihren Rucksack an sich und kramte sich den Hoodie heraus, den sie auch getragen hatte, als sie krank gewesen war. Er war ihr viel zu groß und dunkelgrün, beinahe grau. Sie zog ihn sich über ihren schwarzen Pullover und beschloss sich mit ihrer Jacke die Beine zu zudecken.

Neben ihrer nagenden Müdigkeit war ihr auch noch eiskalt. Es war keine Kälte, die einen mit den Zähnen klappern und zittern ließ, es war eine Kälte, die sich langsam unter die Haut fraß und einzelne Stellen des Körpers taub machte, während man sich fühlte, als sei man mit einer hauchdünnen Schicht eiskalten Glases überzogen. Schaudernd ließ sie sich neben Eugene nieder und wandte den Blick ab. Nur ihr Gesicht glühte. Dieses Bild von Eugene und sich selbst bekam sie einfach nicht mehr los und sie befürchtete, dass der Blonde das grelle Rot auf ihren Wangen selbst durch die Dunkelheit erkennen würde, wenn sie aufsah.

Sue legte sich zu Evelyns anderer Seite auf den Rücken und besah sie mit einem verständnislosen Blick. „Ich hab Mal gehört, dass die Röte aus dem Gesicht weicht, wenn man sich vorstellt, das Blut liefe einem aus dem Kopf.” teilte sie der Hellblonden in einem Flüsterton mit, der wegen der Stille im Raum unangenehm laut und sehr gut zu hören war. Evelyn zuckte ertappt zusammen und sah fassungslos zu der Schwarzhaarigen.

~Ernsthaft??~

Sue gähnte herzhaft und drehte sich herum, sodass sie ihr nun den Rücken zeigte und mit der Zeit konnte man erkennen, wie ihre Atmung immer ruhiger wurde. Sue war eingeschlafen. Auch die Sechzehnjährige legte sich nun hin und nur wenig später machte Eugene es ihr nach. Evelyn benutzte ihren Rucksack, genau wie damals im Wald als Kopfkissen und obwohl ihr Sues Kommentar unglaublich peinlich war, probierte sie den Trick aus. Sie versuchte sich vorzustellen, wie das Blut aus ihrem Kopf zurück in ihren Körper sickerte. Sie war sich nicht sicher ob es funktionierte, aber nach einiger Zeit fühlte sie sich fähig sich zu dem Jungen neben ihr zu drehen.

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