F I F T E E N

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Harry und Evelyn waren nach ihrem kleinen Ausflug in Judy's Klassenzimmer in das des Weißhaarigen zurückgekehrt und besprachen nun ihr Vorgehen. Evelyn war sich verdammt sicher, dass mehr hinter dem Verschwinden ihrer Freundin steckte als zuerst angenommen. Dieses nagende Gefühl in ihrer Brust verschwand einfach nicht und wurde immer stärker, je länger sie darüber nachdachte. Sie hatte nicht vor den Anderen etwas davon zu verraten, zumindest vorerst nicht. Jeder der Überlebenden, von denen sie geglaubt hatte, sie wäre bei ihnen sicher, konnte dahinter stecken, der 'Verräter' sein, wie sie es inzwischen in Gedanken nannte. Sie konnte nicht riskieren, dass dieser jemand sich nun auch Harry oder sie selbst holte, nur weil die beiden jetzt wussten dass Judy nicht weggelaufen war. Und wenn Harry der Täter war, dann wäre sie eh erledigt.

Er teilte jedoch ihre Meinung zu dem Ganzen, wenigstens was das Verschweigen der Sache anging. „Wir können nicht zulassen, dass sich unsere Gruppe aus Angst und falschen Beschuldigungen spaltet. Das wäre unser Untergang. Wir müssen mehr Beweise für deine Vermutung finden und sollte tatsächlich jemand hinter Judys Verschwinden stecken, dann können wir den anderen Bescheid geben.” so seine Sicht auf die Dinge.

Die Hellblonde erhob keinen Widerspruch. Er half ihr immerhin, das war alles was zählte. Er hätte sie auch für schwachsinnig erklären und sich von ihr distanzieren können, aber er half ihr, oder stand ihr zumindest bei, bei dem was sie nun vorhatte zu tun. Sie beschlossen die Augen offen zu halten und sich gegenseitig alles zu berichten was sie als verdächtig empfanden.

Warum bist du eigentlich so sicher, dass sie nicht weggelaufen ist? ” fragte Harry nun und Evelyn musste zugeben, dass sie darauf keine konkrete Antwort geben konnte. Sie überlegte. Sie wusste nicht genau woher diese Erkenntnis gekommen war, dass einer von ihnen hinter der Sache steckte. Es war einfach so über sie gekommen, genauso wie ihr Wutanfall vor zwei Tagen. Unkontrolliert und so plötzlich wie ein Blitz-Einschlag. Aber das sagte sie nicht.

Weil ich Judy kenne.” entgegnete sie stattdessen selbstsicher. „Nichts von all dem was in dieser Nachricht steht passt zu ihr. Sie würde nie stehlen und auch diese kühle und egoistische Weise, wie sie uns sagt, dass sie die Vorräte mehr braucht...ach, das passt einfach hinten und vorne nicht!” Evelyn atmete frustriert aus. „Aufgefallen ist mir dieser ganze Mist aber erst als ich dir von meinen...Problemen erzählt habe”

Harry nickte. Er wusste jetzt tatsächlich über die häusliche Gewalt, das Mobbing und über ihre tiefe Freundschaft zu Judy bescheid. Was sie allerdings bewusst ausgelassen hatte war ihr früherer Aufenthalt im Wald und der Fuchs. Warum? Auch das wusste sie nicht. Irgendetwas sagte ihr, dass es besser so war. Eine leise Stimme aus den Tiefen ihrer Gedanken, die ihrer Freundin erschreckend ähnlich klang. Oder weil sie die Vorahnung hatte, dass er ihr dieses Mal nicht glauben und sie für verrückt oder 'Aufmerksamkeits-geil' abstempeln würde.

„Zieh keine voreiligen Schlüsse” warnte der Weißhaarige ernst. „Bitte, nimm es mir nicht übel, aber es könnte auch sein, dass du dir das alles jetzt einbildest und Judy dich einfach für den Abschied 'Evelyn' genannt hat.”

„Wir werden sehen...”  die Hellblonde stand von ihrem Stuhl auf und schritt auf die Tür zu. „Ich Versuche Mal noch ein wenig zu schlafen. Ich bin hundemüdesagte sie noch abschließend, dann ließ sie Harry in seinem Zimmer zurück um in das ihre zu gehen und tatsächlich legte sie sich wieder hin. Doch einschlafen konnte sie nicht.

Als die Sonne langsam wieder aufging befand sich Evelyn bereits im Gemeinschaftsraum 1-C und wartete auf die Anderen. Ihr Aussehen hatte sich verändert. Sie sah jetzt wieder gesund aus, ihre zerzausten Haare hatte sie grob mit den Fingern durchgekämmt und zu einem hohen Zopf zusammen gebunden. Sie trug wieder ihre normale Kleidung, was hieß, dass der Pulli, den sie sich in ihrem Schüttelfrost übergezogen hatte, wieder zu einer Schrankleiche degradiert worden war und nur ihren schwarzen Pullover, ihre Jeans und die grüne Jacke übrig gelassen hatte.

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