Einmal stritten die beiden Götter Shiva und Brahma miteinander. Sie taten das häufiger, denn sie waren sehr verschieden und jeder glaubte deshalb von sich selbst, dass er der mächtigste sei und darum häufiger und ehrfürchtiger von allen Wesen verehrt wurde: Der Gott Brahma war der Gott der Schöpfung, er konnte alles entstehen lassen, das die Grundlage der Existenz war, während Shiva der Gott der Zerstörung war und alles Alte vernichtete, um Platz für eine neue Schöpfung zu ermöglichen. Brahma war sehr eitel, ungeduldig und dachte nur an sich, während Shiva eher bescheiden, ruhig und auf das Wohl der anderen bedacht war. Brahma war sehr gefühlvoll, während sich Shiva in seinen häufigen, tiefen Meditationen stets den Gedanken zuwandte. Brahma handelte sehr oft körperlich, während Shiva eher geistig tätig war. Bei jedem ihrer Streits diskutierten sie heftig über eine ihrer vielen, unterschiedlichen Eigenschaften, welche die bessere sei.
Diesmal ging es um Gefühle und Gedanken, genauer gesagt, wie man die heiligen Gesänge richtig aussprechen und singen sollte. "Pah, na wie wohl? Natürlich voller Gefühle, am Besten Liebe und Dankbarkeit denn gerade diese zeugen von Hingabe und Respekt gegenüber uns Göttern!", meinte Brahma. "Hingabe und Respekt ist sehr wichtig, doch das kann man nur erreichen, indem man die Texte auch richtig ausspricht. Und dafür muss der Geist sich vollkommen auf diese konzentrieren, ohne irgendwelche ablenkenden Gefühle", antwortete Shiva. Brahma starrte ihn fassungslos an und rief aufgebracht: "Keine Gefühle?? Jeder Mensch, den ich geschaffen habe, lebt gerade durch die vielfältigen Gefühle, sogar die Tiere, die auch ihren Ursprung in mir persönlich haben. Die Gefühle habe natürlich auch ich selbst geschaffen, damit das Leben erst richtig wertvoll ist, denn ohne Gefühle ist es doch langweilig. Ohne Gefühle kann man ja gleich sterben, das macht dann keinen Unterschied!" Ungerührt von Brahmas Wutausbruch, erwiderte Shiva ruhig: "Das stimmt so nicht, Gefühle verwirren nur, durch ihre Vielfalt. Das wahre Lebensziel besteht darin, den Geist ruhig zu halten, damit er erleuchtet wird und man dadurch vollkommene Klarheit erlangt. Durch diese Klarheit kann man dann ganz leicht alles erreichen, was man sich vornimmt, doch es verletzt einen aber auch nicht, wenn man seine Ziele nicht erreicht. So ist man wahrhaft frei von allen Fesseln der Bedingungen und kann tun und lassen, was man möchte, in völliger Harmonie mit sich selbst und seiner Umwelt." Brahma stöhnte genervt: "Blah blah blah, du und dein ständiges philosophisches Geschwafel. Das nützt dir doch nichts, wenn du es nur weißt, aber nicht umsetzt! Und jede Tat, auch alle Gedanken, hat Gefühle als Antrieb. Ohne vorige Gefühle tut und denkt man nichts, wofür lohnt es sich dann noch zu sein?!" "Eben! Wofür will man sein? Gar nicht, wenn man keine störenden Gefühle hat, sondern nur den dann allwissenden Geist. Doch man will auch nicht nicht-sein. Alles wird als gleich erkannt und diese Erkenntnis heilt und befreit wahrhaftig und für immer", erklärte Shiva.
So stritten sie eine lange Zeit immer weiter und heftiger. Dabei wurde Brahma immer wütender, vor allem weil Shiva nicht nachgab, und schließlich erschuf er durch seine Wut mit seiner Schöpfkelle einen mächtigen Dämon, ein böses Wesen und ein stetiger Gegner der Götter, und sandte ihn auf Shiva aus. Shiva, davon unbeeindruckt, da er um seine unfassbare Stärke wusste, nahm seinen Dreizack, der alles zerstören konnte, und schickte dem Feind drei mächtige Feuerstrahlen entgegen, die ihn sofort verbrannten und somit zerstörten. Brahma, der Gott der Schöpfung, erschuf daraufhin noch weitere, mächtigere Dämonen, doch Shiva, der Gott der Zerstörung, vernichtete sie alle mit seinem Dreizack. Der Kampf dieser beiden allmächtigen Urgötter wurde auch immer wilder, sodass ein unendliches Gebiet um die beiden in totales Chaos verfiel, wovon alle Wesen in allen Welten nicht verschont blieben. Niemand wusste, was los war, doch alle hatten wahnsinnige Angst um ihr Leben. In jeder Welt bereiteten besonders weise, mächtige, einflussreiche und gottesfürchtige Wesen aufwendige Opfer zu und beteten lange, um die Götter freundlich und gnädig zu stimmen, doch sie hatten keinen Erfolg damit: Brahma und Shiva waren so in ihren Kampf vertieft, dass sie nichts anderes mehr wahrnahmen. Der Kampf war eigentlich aussichtslos, da beide gleich-stark waren, doch das wollten sie nicht wahrhaben, und so kämpften sie immer weiter gegeneinander und es war ihnen völlig gleichgültig, was dadurch geschah!
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Kunterbuntes Allerlei
RastgeleDas Cover sagt eigentlich schon ALLES! ;) Vielen, lieben Dank dafür an FantasyWriting14 (Achtung: eventuelle Aktualisierungen der Kapitel!)