Kapitel 13

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Ich schrie. Der Aeralfos zog etwas aus meinem Körper.  Meine Drachenseele.  " Gib das wieder her!", kreischte und tobte ich.

Plötzlich verschwanden die Bilder und eine neue Gestalt tauchte auf. '
" NEVARIAN! ", schrie ich wütend und trommelte mit meinen Fäusten gegen seine Brust. Es schien dem unheimlichen Jungen nicht das geringste auszumachen.  Stattdessen sprach er: "Ach, Schwersterchen! Bist so naiv! Glaubst du ernsthaft,  ich bin der Feind? Woher weißt du, dass es nicht Nelio oder Philo ist? Sie sind die Gegner. Wir sind Geschwister. Wir müssen zusammen halten. Gemeinsam kommen wir an die Macht."
Ich schüttelte immer wieder den Kopf. "Nein!! NEIN!!", kreischte ich. Nevarian lachte boshaft. "Du glaubst mir nicht. Du magst sie! Dann werden sie alle sterben! Ich werde sie ausrotten, zerstören,  niedermetzeln! Alle nacheinander!  Und du wirst diejenige sein,  die sie verfluchen. Sie sterben allesamt wegen dir! Du bist an ihrem Tod Schuld! Ein alter Mann ist deinetwegen gestorben! Du bist Schuld!"
Er richtete seinen Finger anklagend auf mich. " Du! Du! DUUUUU! MONSTER!!!!!"

Keuchend fuhr ich nach oben. Schweiß rann mir übers Gesicht und Arme. Meine Finger zitterten stark. "Es war nur ein Traum!", sagte ich aufmunternd zu mir,  während mein Herz sich langsam -ultra langsam- wieder beruhigte. Mit nassen Fingern strich ich mir übers zerzauste Haar. " Nur ein Traum!" Doch so ganz recht, glaubte ich nicht daran. Die Ereignisse des  vergangenen Tages spielten sich nochmal vor meinem Inneren Auge ab. Die gesamte Akademie war abgebrannt.  Philo und die anderen saßen ohne Drachen auf einem Flecken Asche fest. Und ich war... " Wo bin ich hier eigentlich! ",fragte ich laut, um die unerfreuliche Stille zu zerstören.

Ich saß in einem kleinen Raum,  vermutlich in Nevarians  Festung,  ohne Fenster, ohne Türen und ohne ein Stück meiner Seele fest. Das einzige Möbelstück war eine flackernde Fackel an einem Metallstück. " Scheiße! ", fluchte ich grimmig und zerriss,  wie so oft, in meinen Gedanken Nevarian. "DU DRECKSKERL!" Ich schrie immer weiter und verprügelte die Wand, bis meine Lunge am Ende war und ich schluchzend auf die Knie sank. "Was willst du von mir?", wisperte ich und zog die Beine eng an meine Körper.  So wiegte ich stundenlang sanft hin und her und saß in meiner Trauer fest.

Schließlich, nach einer Ewigkeit, stand ich fest entschlossen auf.  Vielleicht war das hier alles eine Prüfung, damit Nevarian mich ausrotten konnte. Doch so einfach würde ich es ihm nicht machen.

In weniger als zehn Sekunden schmiedete ich einen Fluchtplan und schaufte hoffnungsvoll. Wenn alles glatt ging könnte mein Plan sogar funktionieren. Dennoch standen die Chancen in einem super bewachten Castle aus einem Raum ohne sichtbaren Ausweg zu entkommen, 2:100. Trotzdem musste ich es versuchen.

Als erstes schritt ich zur Fackel und schnippste mit den Fingern. Zu meiner Erleichterung entstand tatsächlich ein winziger Funke. Hastig fing ich ihn ein und ließ einen kleinen Feuerball entstehen. Damit zündete ich das mittlerweile ausgegangene Holzstücke wieder an und nahm die Fackel in die Hand. Gut, wenigstens konnte ich noch ein bisschen Magie entfachen.

Mit dem Feuer in der Hand tastete ich die gesamte Wand nach einer Geheimtür ab. Ich war hiereingekommen, also musste ich auch irgendwie hier wieder raus kommen. 

Ich klopfte jeden Stein ab, untersuchte jeden Millimeter, sprang sogar an die Decke, aber ich blieb erfolglos. 

Seufzend ließ ich die Schultern hängen.

Plötzlich kam mir ein anderer Gedanke. Aufgeregt sprang ich auf. Der Aeralfos hatte mir zwar ein Stück meiner Seele weggenommen, aber das hieß nicht, dass meine Sinne nicht mehr funktionierten.  Ich blinzelte ein paar Mal und..... sprang vor Freude in die Luft. Ich sah alles tausendmal schärfer und wenn ich mich konzentrierte, konnte ich sogar durch die Wände schauen. Hektisch betrachtete ich meine Umgebung erneut.

Und war etwas. Etwas kleines.

Winziges. Ich kniff die Augen zusammen. Ein Stein war anders gebaut, als die gesamte Mauer.

Vorsichtig berührte ich den Backstein. Tatsächlich! Er war anders konstruiert. Es war mir vorhin nur nicht aufgefallen.  Triumphierend drückte ich den Fels ein und alles begann sich auf einmal zu drehen. Es wackelte und ruckelte im Boden.

Ich schlug auf dem Stein auf. Eine kleine Öffnung hatte sich in der Wand gemauert und bildete den Ausgang. Ich stieß einen Triumphschrei aus und hechtete aus meinem Gefängnis.

Vorsichtig lugte ich um die Ecke. Niemand war zu sehen. Mit zitternden Händen umfasste ich fest das Holz der Fackel und trat in einen nur spärlich beleuchteten Gang ein. 

Das hier musste tatsächlich Nevarians Schloss sein, denn überall hingen Bilder von zerfleischten und brennenden Städten. Schaudernd schlich ich weiter. 

Ich kam zu einer metallenen Tür und öffnete sie vorsichtig. Das Quitschen der Angeln hallte laut in dem Raum wider.  Verdammt! 

Ich wartete angespannt auf ein Zeichen darauf, dass jemand mich gehört hatte, aber es blieb ruhig. Noch.

Leise schlich ich weiter.

Plötzlich knackte es hinter mir. 

Bis vor kurzem hatte ich allen Ernstes angenommen unbemerkt zu entkommen.  Was bin ich doch nur für ein Lappen?  In der wahrscheinlich bewachtesten Festung ganz Karibik,  hatte ich gedacht,  ich würde verschwinden? 

Nicht in diesem Leben!

Langsam drehte ich mich um. Da stand breitbeinig und grinsend das Biest der Hölle. " Wo wolltesssst duu denn hin?", zischelte der Aeralfos und ballte die Hände zu Fäusten. 

Doch diesmal war ich einigermaßen vorbereitet. Ich stampfte auf. Ein erschütterndes Beben kroch auf die Kreatur zu und brachte es zu Fall. Mit je zwei Feuerbällen in der Hand umkreiste ich blind vor Wut das Geschöpf und bombadierte es mit Feuer und Blitzen. " Das ist für meine Eltern!", schrie ich. Ein Fels traf den Aeralfos.  "Das ist für die Akademie!"

Hagel ging auf ihn nieder. "Und das ist dafür,  dass ich in dieses Schlamassel hineingeraten bin!" Ich versetzte ihm einen heftigen Stoß in den Bauch, worauf die Höllenbrut benommen liegen blieb. " War das schon alles was du drauf hast", verhöhnte ich ihn und war für eine kurze Zeit unaufmerksam. 

Doch der Aeralfos schien keine Angst zu haben, im Gegenteil,  er lachte. Und er lachte schrecklich. Ich kniff die Augen zusammen. "Gibst du auf?", fragte ich.

"Nein!", zischte er und grinste hämisch.

Etwas kroch hinter meinem Rücken auf mich zu. Leise und ohne das ich es bemerkte. Langsam glitt es auf meine Füße zu und an meinen Beinen hinauf.

Erschrocken starrte ich nach unten.  Eine riesige pechschwarze Schlange umschlängelte mich. Sie zischte und die gespaltene Zunge fuhr immer wieder aus ihrem Maul. Ich versuchte das Reptil loszuwerden und wollte Eisbälle auf sie schleudern, doch plötzlich waren meine Elementarkräfte weg. Verpufft. " Was zum Teufel..."

Die Schlange zog sich fester um meine Hüfte und Arme.

Der Aeralfos stand lachend auf. "Eine Ssseelenkondra!",sagte er. " Ssssie sssschlängelt ssssich um ihr Opfer und zzzzehrt von deinen Krrrräften! Versssuchsst du Magie anzzzuwenden, zzzieht sssie sssich engerr um dich. Alssso lasss ess lieber!"

Ich keuchte entsetzt, also ich zunehmend schwächer wurde. Der Aeralfos stieß ein grauenvolles Lachen aus,  das eher einem Kreischen ähnelte.  " Endlich! Endlich hab ich dich!", rief er und schritt auf mich zu. Panisch versuchte ich davon zu laufen,  doch die Seelenkondra zog sich mit jedem Schritt fester zusammen. Keuchend und nach Luft ringend blieb ich stehen. Der Aeralfos lachte wieder.

Plötzlich erschütterte eine laute und tiefe Stimme den Raum. " Du sollst sie mir lebend bringen, Idiot! LEBEND!"

Die Kreatur der Hölle senkte den Kopf und rief gequält: "Jawohl, Meister des Dunkelmondes!"
Nevarian? , dachte ich und runzelte die Stirn.

Die geisterhafte Stimme verschwand. Der Aeralfos bewegte sich grimmig auf mich zu und wuchtete mich auf seine Schulter. " Lass. Mich. Los! ", schrie ich und strampelte mit den Füßen.  Der Aeralfos ignorierte das und schritt auf eine große, dunkelrote Tür zu. Knarrzend stieß er die gewaltigen Flügeln auf und trat ein.

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