Kapitel 5

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Wir landeten auf einer kleinen Lichtung umgeben von riesigen Bäumen. Ein großes blaues Haus stand seitlich am Rande einsam und verlassen.
Ich rutschte von dem Greif und landete zwar etwas ungeschickt aber sicher auf den Füßen.

"Hier lebt ihr?",fragte ich skeptisch und drehte mich einmal um mich selbst.

Philo sprang neben mir ab. "Naja, so halb. Hier haben wir  drei Monate lang versucht dich ausfindig zu machen und nebenbei den Umgang mit Waffen trainiert."

Ich hob erstaunt die Augenbraue. Der kleine Junge sah nicht wirklich so aus, als würde er ein Schwert halten können, aber mir merkte man schließlich auch nicht an eine Magierin zu sein.
Also nickte ich kurz und stellte meine zweite Frage: "Wieso macht ihr das Ganze? Ich meine,  wieso trainiert ihr hier und wieso vor allem sucht ihr mich drei ganze Monate lang?!"

Ich verschränkte skeptisch die Arme vor der Brust.

Dako und Nelio gesellten sich zu uns. "Jetzt kommen wir zum heiklen Thema.", stellte der blonde 17-jährige fest und musterte mich von oben bis unten.

"Und das wäre?", fragte ich scharf und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen.

Nelios Blick glitt zu meinen Händen.
"Tja, ähh...Magie? Was weißt du darüber?"

Ich verschluckte mich heftig und musste husten.
"Bitte?"

"Magie. Du weißt etwas darüber oder?"

Ich blickte vom einen zum anderen. Mein Herz pumpte. "Möglicherweise? Warum?"

"Du stammst von ihnen ab. Von den Runae. Besitzt du Magie?"

Ich starrte ihn an. "Was.....Wie? Woher wisst ihr das?"

"Nicht wichtig. Viel wichtiger ist, dass dein Bruder es ebenfalls weiß."

Ich spitzte die Ohren.
"Was ist mit meinem Bruder? Woher wisst ihr überhaupt von Nevarian. Wieso ihr überhaupt mehr als ich?"

Wut und Nervosität machte sich in mir breit. War Nevarian irgendetwas geschehen?

Nelio biss sich auf die Lippe.
"Weißt du, dass dein Bruder ebenfalls von den Runae abstammt?"

"Was?", flüsterte ich. Das konnte nicht sein. Ich schüttelte den Kopf.

"Doch er hat seine Kräfte nicht wie du sinnvoll genutzt, sondern seine Seele für noch mehr Macht Dämonen verkauft. Sie besetzten seinen Körper vollständig und trieben ihn zu Schrecklichem.
Um ihr Ziel aber erreichen zu können, brauchen sie noch einen zweiten Nachfahren. Und da du die einzige noch lebende bist.... "
Er brach ab, als er merkte, dass ich nicht mehr zuhörte. Mein Herz setzte für einen Schlag aus.

Das konnte nicht die Wahrheit sein. Das durfte nicht die Wahrheit sein. Ich taumelte. Meine Sicht verschwamm.
"Du lügst!", schrie ich die Jungen an. "Nevarian ist nicht böse! Er besitzt überhaupt keine Kräfte! Ihr lügt mich alle an!"

Meine Stimme überschlug sich mehrmals aus Wut und Frustration. Ohne, dass ich es realisierte bildete sich ein Kreis aus Feuer um meine Hände und trieben meinen Zorn noch höher. Wie in Trance schleuderte ich flammende Kugeln auf die Jungen,  weil ich tief in meinem Inneren schon immer gewusst hatte, dass Nevarian Elemente besaß. Doch das er sie zum Bösen eingesetzt hatte,  machte mich irgendwie traurig.
Dako, Nelio und Philo hatten sich derweil zurückgezogen und warteten geduldig ab, bis ich mich wieder beruhigt hatte.
Meine Würde verebbte schnell wieder und würde durch ein trauernden Gefühl ersetzt.

Ich entschuldigte mich und kletterte wieder auf den Greif. "Was soll das werden?", fragte Philo skeptisch und griff nach den Zügeln, doch da war ich schon in der Luft.

Ich schaute auf ihn herab. "Ich werde meinen Bruder suchen gehen und mit ihm reden!"

Der Greif flog auf meinen Befehl hin höher. Die Rufe von den Drei ignorierte ich völlig und konzentrierte mich darauf Nevarian gegenüber zu treten.

Drachenseele - Hoffnungstod Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt