"Konzentriere dich!" , befahl der alte Mann jetzt nun schon zum dritten Mal. Langsam waren meine Nerven am Ende. " Ach, ich schaff das nicht!", maulte ich nun ebenfalls schon zum dritten Mal in Folge.
. "Versuche deine Kräfte auf die Glühbirne vor dir zu lenken und sie dann mit den Händen auszustrahlen." , erklärte der alte Mann bedächtig. Ich seufzte und schloss die Augen. Für einen kurzen Moment hatte ich alle meine Gedanken zu einem Haufen geknüllt und in die hinterste Ecke verstaut. Ich atmete flach und formte die Hände zu einem Ball. Es knisterte ,Blitze zuckten aus meinen Händen und schnellten von der einen Hand in die andere und wieder zurück. Ich atmete erleichtert aus. Dieser Schritt war geschafft. Nun berührte ich ganz vorsichtig, mega vorsichtig, die kleine Glühbirne. Es krachte und Glas zersplitterte. Ich öffnete meine Augen. Die Birne lag zerstört auf dem Boden. Verstreut in alle Richtungen. Der alte Mann nahm eine Scherbe von seinen Schuhn und sagte nickend: "Schon besser! Viel besser sogar! Das nächste Mal mit etwas weniger Power. Gut, ich denke, die Stunde ist vorbei. Morgen machen wir weiter."Ich ging schlecht gelaunt aus dem Zimmer. Schon seit einigen Monaten war ich nun in der Akademie und trainierte um Nevarian zu besiegen. An meine Drachenseele hatten sich mitlerweile alle gewöhnt. Inklusive ich. Jetzt störte es niemanden mehr, dass ich minütlich meine Gestalt wechselte. Dennoch hatte ich die Nase voll von hier. Ich wollte wieder eine Piratin sein. Wollte wieder aus Meer hinaus. Wollte einfach wieder frei sein.
Schließlich beschloss ich einen waghalsigen Plan. Ich würde hinausgehen. Ich wusste ganz genau, dass es mir verboten war hinauszugehen, da Nevarians Spione und Handlanger in jeder Ecke lauerten. Dennoch hatte ich gehörig die Nase voll von diesem Ort.
Ich rannte zu Philo. Vor seiner Tür blieb ich stehen und versuchte mein pochendes Herz zu beruhigen. Es sollte so aussehen, als ob ich rein zufällig in das Zimmer gekommen wäre. Lässig betrat ich den Raum. Philo saß auf dem Boden und polierte Wurfsterne. Er hob den Kopf, musterte mich von oben bis unten und fragte dann: "Du willst in die Stadt?" Ich schaute ihn fassungslos an.
"Ähm.... Nö....! Wie kommst du denn darauf?", sagte ich scheinheilig und schaute zur Decke. Auf keinen Fall wollte ich ihm in die zusammen gekniffenen Augen schauen. Philo zuckte mit den Schultern, nickte und antwortete: "Du weißt, dass du nicht unter Menschen darfst?" Ich nickte.
Er fuhr fort : " Na schön, ich komme mit! Aber heimlich! In zwei Stunden sind wir wieder da. Wenn ichs mir Recht überlege, brauchst du ein neues Outfit!"
Ich lachte und schauen dann peinlich berührt an mir herunter. "Okay, dann komm halt mit!", versuchte ich so heruntergekommen wie möglich zu sagen. Es scheiterte. Philo lächelte und gemeinsam schlichen wir nach draußen.
"Wir können meinen Drachen nicht benutzen!", sagte Philo verärgert. "Sobald Dako oder Nelio mitbekommen, dass der Drachen fehlt, werden sie uns sofort verpfeifen! Glaub mir, ich kenne die, sie nutzen jede Möglichkeit, um uns zu ärgern", seufzte Philo schmunzeln. Wurde dann aber wieder ernst.
Ich überlegte. Zu Fuß konnten wir die weite Strecke bis nach Port Royal nie zurück legen. Wir brauchten einen Drachen. Schließlich grinste ich: "Wozu brauchen wir deinen Drachen, wen doch einer direkt vor dir steht?"
"Das ist nicht dein Ernst?"
"Doch!"
"Aber, Alisha, du bist noch nie geflogen!"
"Höchste Zeit es auszuprobieren!"
Philo seufzte. Ich konzentrierte mich. In weniger als zwei Sekunden spürte ich, wie meine silbernen Schuppen wuchsen und der Schwanz zum Vorschein kam. Begierig breitete ich meine Schwingen aus. " Na los. Wartest du auf eine Einladung? Steig schon auf!", forderte ich meinen Freund ungeduldig auf und zuckte mit dem Schwanz. Kopfschüttelnd stieg Philo auf meinen Rücken. " Hoffentlich bereue ich das nicht!", murmelte er halblaut und hielt sich an meiner vordersten Zacke fest. Ich spannte freudig die Oberschenkel an und schnellte in die Luft. Nun schwebten wir an die fünfzig Meter über dem Boden. Aber nur für genau zwei Sekunden. Dann sackte ich. "Was muss ich denn jetzt tun? ", fragte ich panisch und ruderte mit den Krallen. Philo zog an meiner Zacke und schrie: "Schlag mit den Flügeln, Drache!! Na los! Schlag mit den Flügeln! Mach schon!"
Angst breitete sich in mir aus, dennoch tat ich wie mir geheißen. Schnell gewannen wir wieder an Höhe und schon bald glitt ich in einen sanften Gleitflug. Ich schnaufte erleichtert. Philo ließ sich nach hinten fallen. Ich spürte deutlich seinen Rücken auf meinem. "Oh mein Gott!", flüsterte er geschafft, "Wenn das mal gut geht..."
Ich grinste in mich hinein. So schwebten wir nun eine ganze Weile über den Wolken und entspannten. Philo döste in der warmen Mittagssonne und ich genoss voll und ganz den Flug.
Nach einer halben Stunde richtete sich Philo plötzlich auf und sagte: "Wir müssten jetzt über dem Meer sein" . Ich klappte meine Augen gespannt auf und tauchte durch die Wolkendecke. Tatsächlich! Das endlose Blau des weiten Meeres erstreckte sich direkt vor mir. "Schau, da ist das Dorf! Das ist Port Royal! ", rief Philo, doch ich hörte ihm nicht zu. Meine Gedanken kreisten einzig und allein un das Meer und seine fantastische Pracht. Begierde und Verlangen machte sich in mir breit und zog schwer an meiner Seele. Ohne zu Denken, fast mechanisch, schlugen meine Flügel schneller und schneller. Philo begriff, was ich vorhatte, riss erschrocken die Augen auf, klamnerte sich verzweifelt an meine Zacke und schrie : "Neeeeeiiiiinnn!" Doch ich sauste schon vom Himmel herab. Wie eine Schraube schossen wir immer weiter auf Port Royal zu. Philo schrie aus Angst und ich aus Vergnügen. Mit eng angelegten Schwingen stürzten wir vom Himmel. Die Welt begann sich zu drehen. Nach einigen Schreckminuten erst bemerkte ich, dass die Piratenstadt nur wenige Meter von uns entfernt war. Ich riss erschrocken die Augen auf, war aber nicht in der Lage etwas zu tun. "Philo. Mach doch was!", brüllte ich gegen den tosenden Wind an. Philo schüttelte sich, riss an meinen Hörnern, stellte meine Flügel aufrecht und lenkte mich hinter einen Hügel. Philo schloss die Augen, löste seine krampfhaften Finger von meiner Zacke und sprang. Er rollte sich ab. Ich kam unsanft auf dem Boden auf, kullerte ein ganzes Stück nach vorne, schlug einen Purzelbaum nach dem anderen, krachte schließlich mit voller Wucht gegen eine Hokzkarre und wurde von den berstenden Holzstücken vergraben. Benommen blieb ich liegen. Philo schoss auf mich zu, schaffte die Splitter zur Seite und zog mich hervor. Ich schüttelte mich. "Was war das denn eben?", fragte ich und nahm wieder Menschengestalt an. "Krasser Sturz! Müssen wir wiederholen! " Philo verdrehte die Augen, lachte und seufzte: "Na, komm schon. Lass uns hier ein bisschen rumtreiben und dann wieder gehen"
Ich nickte, schüttelte mich noch einmal und folgte ihm dann nach Port Royal. Der Hauptstadt aller Piraten.
Port Royal war ein riesiges Kaff. Überall wurde gefeilscht und gehandelt, getrunken und gegessen. Eine relativ aufregende Stadt. Nachdem dem Philo und ich ein wenig hier spaziert sind und dann ein wenig dort gelaufen sind, machen wir und schließlich auf den Heimweg. " Hoffentlich hat nienand unsere Abwesenheit bemerkt!", hoffte Philo und betraten die roten Tore der Akademie. Ich nickte.
Philo erstarrte. Sein Körper spannte sich an. "Scheiße! ", murmelte er. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und verkrampfte mich. Dort standen breitbeinig Dako und Nelio mit verschränkten Armen und finsteren Blicken. Die beiden sechzehnjährigen waren vordem alten Mann unsere Aufpasser eingeteilt worden, da er es in der Stadt nicht sicher genug fand.
Ich schluckte. "Na, wen wir denn da?", spottete Dako und grinste hämisch. "Lasst ihr euch auch mal wieder blicken?", fragte Nelio mit einem spöttischen Lachen und seine Augen blitzten. " Ihr wollt doch keinen Ärger bekommen, oder?" Philo seufzte schwer, warf mir einen vernichtenden Blick zu und sagte dann: "Was wollt ihr, damit ihr uns nicht verpetzt?" Dako und Nelio kehrten uns den Rücken zu und tuschelten geheimnisvoll. Ich verdrehte die Augen. Schließlich beschloss Nelio: "Wir wollen euch trainieren sehen!"
"Was?", fragte ich skeptisch, doch Philo hatte es verstanden und schrie: "Haltet sie!" Aber es war schon zu spät. Die 16-jährigen jagten bereits zu dem buntem Zimmer. Wir sprinteten hinterher. Dako und Neli tauchten breit und hämisch grinsend hinter seinem Rücken auf. Der alte Mann war stink sauer und Philo und ich mussten uns einen halbstündigen Vortrag über Port Royal und dessen mögliche Gefahren anhören, bevor es uns zu einem fünftägigen Training verdonnerte. Schlimmer konnte es nicht mehr werden. Maulend trottete ich aus dem Zimmer. Nelio lachte in sich hinein. "Rache!", zischte ich, lachte dann aber und ging, immer noch ein bisschen schlecht gelaunt nach draußen. "Rache würde es geben! Oh ja! Rache!"
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Drachenseele - Hoffnungstod
FantasyNur ein einziges Wort und du wirst Teil deines größten Abenteuers Nur ein einziges Lied und dein Körper beginnt zu wandeln Nur ein einziger Satz und du wirst für immer eine Heldin bleiben. Sag jedoch nur eine einzige falsche Silbe und dein Herz hat...