Vorstellungsgespräch, das [Substantiv] - Gespräch mit den Verantwortlichen in einer Firma, bei der man sich beworben hat
Nun saß ich hier im Hörsaal und hörte mir das langweilige Gelaber der Professorin an. Mehr oder weniger.
Ich musste die ganze Zeit an den Braunhaarigen denken. Gibt es die Liebe auf den ersten Blick etwa doch?
Der Fakt, dass ich Sams Shirt unter meinem Blazer trug, machte es auch nicht besser. Ich muss diesen Typen irgendwie wieder aus meinen Gedanken verbannt bekommen. Das geht so wirklich nicht, ich muss mich darauf konzentrieren, nachher dieses Praktikum zu bekommen!
Und einfach so an Sams Wohnung aufkreuzen konnte ich schließlich auch nicht. Wie würde ich denn dann rüberkommen? Sein Shirt sollte ich behalten, meinte er, er hätte genug weiße Shirts. Also wollte er mich doch gar nicht wiedersehen, oder?
Ich blickte nervös auf meine Uhr. In zehn Minuten ist die Philosophievorlesung vorbei und dann musste ich mich beeilen, in 30 Minuten zum Verlag zu kommen. Das wird bestimmt auch einen super Eindruck machen, wenn ich da total abgehetzt ankomme. Wenigstens hatte ich keine dreckige Bluse mehr an und außerdem war ich richtig froh gewesen, dass Elia mich heute Morgen überzeugen konnte, eine Bürste und eine kleine Tasche mit Makeup in meine Unitasche zu packen.
Die konnte ich nach meinem kleinen Techtelmechtel mit Sam nämlich wirklich gebrauchen.
~
"Miss Garcia, wie schön, Sie kennenzulernen!", begrüßte mich die Sekretärin des CEO.
"Vielen Dank. Die Freude ist ganz meinerseits", lächele ich die Dame an, die direkt hinter ihrem Empfangstresen hervor kommt, um mir die Hand zu geben.
"Mein Name ist Lindsey Chromea. Mister Millstone ist heute leider verhindert, deshalb hat er mir die Aufgabe übergeben, das Vorstellungsgespräch abzuhalten. Ich hoffe, das ist in Ordnung für Sie."
"Natürlich ist es das", lächele ich aufrichtig zurück. Ich bin sogar eher froh, dass ich mich nicht direkt dem CEO stellen muss.
"Perfekt, dann folgen Sie mir bitte!" Sie stellt noch ein Schild mit der Aufschrift "Ich bin in Kürze zurück!" auf den Tresen und leitet mich dann zu den Aufzügen. Wir fahren hinauf in den dreizehnten Stock, wo sie mich in eine Art Konferenzraum führt, in dem wir an einem Tisch Platz nehmen. Meine Bewerbungsmappe liegt vor Miss Chromea. Sie sieht kurz auf ein paar Notizen, bevor sie mir die erste Frage stellt.
"Sie haben sich für ein sechswöchiges Praktikum bei uns beworben, welches Sie für die Universität absolvieren müssen, richtig?"
"Das ist korrekt, ja."
"Zweites Semester Philosophie und Literatur, eine schöne Kombination." Sie sieht vom Blatt auf. "Warum denken Sie, dass Sie das Zeug dazu haben, bei uns als Praktikantin angenommen zu werden?"
Ich schlucke. Was ist das denn für eine Frage? Ich räuspere mich.
"Nun ja, ich bin sehr ehrgeizig und lese gerne. Ich interessiere mich wirklich für meinen Studiengang und die Arbeit in einem Verlag. Außerdem bin ich eine schnelle, aber aufmerksame Leserin. Deshalb denke ich, dass ich ausgezeichnet darin bin, Skripte auszusuchen oder Korrektur zu lesen."
"Okay und wo sehen Sie sich in fünf Jahren?" Das ist doch diese typische Frage bei Vorstellungsgesprächen, oder?
"Ich würde gerne ein abgeschlossenes Studium in der Tasche haben und im Verlagswesen tätig werden. Ich interessiere mich auch sehr für das Schreiben von Büchern und habe einige Ideen, die es wert sein könnten, gedruckt und verkauft zu werden." Ich spiele leicht mit meinen Fingernägeln, weil ich nervös bin.
"In Ordnung, dann sind wir hier schon fertig!" Miss Chromea macht sich gerade noch eine Notiz und sieht mir dann in die Augen. "Mister Millstone war sofort begeistert von Ihrer Bewerbung, deshalb war es auch gar nicht schlimm, dass er dieses Gespräch nicht wahrnehmen konnte. Es stand eigentlich schon fest, dass Sie den Praktikumsplatz bekommen werden. Ich sollte nur noch einmal mit Ihnen sprechen, schließlich kann man in einer Bewerbung alles von sich behaupten."
Ich sah Miss Chromea wohl etwas verstört an. "Also hab ich das Praktikum?"
Miss Chromea nickt. "Ja, herzlich Willkommen beim Penguin Random House Verlag! Kommen Sie, ich zeige Ihnen sofort Ihr Büro für die nächsten sechs Wochen."
"Ein Büro?", frage ich ungläubig.
"Natürlich. Sie brauchen doch eine angenehme Atmosphäre, damit Sie in Ruhe lesen können. Über Ihr Gehalt wird Mister Millstone ebenfalls noch sprechen wollen, wenn er wieder vor Ort in der Firma anzutreffen ist."
"Gehalt? Es ist doch bloß ein Praktikum!", behaupte ich überrascht. Kann dieser Tag denn noch besser werden?
"Mister Millstone ist sehr begeistert von Ihnen. Eine gewisse Summe erhalten Sie in jedem Fall und je nach dem, wie Sie sich anstellen, macht sich Mister Millstone Gedanken über eine angemessene Bezahlung."
Miss Chromea führte mich aus dem Konferenzraum hinaus und den Flur entlang. Am vorletzten Raum blieben wir stehen. "Hier ist es." Sie öffnete mir die Tür und übergab mir dann einen Schlüssel.
Der Raum war zwar nicht groß, aber er hatte alles, was man brauchte und eigentlich hatte ich auch gar nicht damit gerechnet, ein eigenes Büro zu bekommen, geschweige denn Gehalt. Ich drehte mich grinsend zu Miss Chromea um.
"Vielen Dank, Miss Chromea."
"Nennen Sie mich doch bitte Lindsey. Ich bin schließlich nicht viel älter als Sie. Sind Sie damit einverstanden, wenn wir uns duzen? Das machen eigentlich alle hier."
"Natürlich, ich bin dann Sophia für Sie... eh dich." Ich lächele. Ich bin stolz auf mich, dass ich so ein gutes Praktikum bekommen habe.
Es kann schließlich nicht jeder von sich behaupten für Random House arbeiten zu dürfen. Und noch dazu ist lesen eigentlich keine Arbeit für mich, sondern mein Hobby.
Ich muss Elia sofort alles, was ich heute erlebt habe erzählen, wenn ich zurück im Wohnheim bin! Da kommt sie einmal nicht mit zur Uni und ich erlebe so viel Aufregendes.
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Verschütteter Kaffee macht schwanger!
Genel KurguFür Sophia bedeutete es große Freiheit, dass sie nun endlich 4.000 Kilometer von ihren bestimmerischen Eltern entfernt wohnte und zusammen mit ihrer besten Freundin Elia alles tun konnte, was sie wollte. Doch diese Freiheit hielt leider nur knappe e...