tot [Adjektiv] - in einem Zustand, in dem die Lebensfunktionen erloschen sind; nicht mehr lebend, ohne Leben; als Mensch/Lebewesen nicht mehr existierend; gestorben
Während mir die Tränen in die Augen steigen, lächelt die rothaarige Frau weiterhin beseelt.
"Hallo, kann ich Ihnen helfen?", fragt sie mich, während sie dem Kleinkind erneut den Schnuller in den Mund steckt.
Kein Wort verlässt meinen Mund, nur eine kleine Träne kullert über mein Gesicht.
Bevor ich realisieren kann, was ich im nächsten Moment tun werde, ist es schon passiert.
"Ihr Mann ist ein riesiges Arschloch!", brülle ich unter Tränen.
Der nette Ausdruck aus dem Gesicht der Rothaarigen verschwindet. "Woher kennen Sie meinen Mann? Die Kleine und ich sind doch erst nach seinem Tod nach New York gezogen."
"Sam ist tot?", frage ich verblüfft. Es wird ja immer besser!
Moment, nein. Das kann ja gar nicht sein. Ihr Mann kann nicht Sam sein, wenn sie erst nach dessen Tod hierher gezogen sind. Schließlich hatte ich Sam ja hier kennengelernt!
"Hören Sie, ich kenne keinen Sam. Mein Mann hieß George."
Die Frau tat mir leid. Sie wusste überhaupt nicht, um was es hier für mich ging und ich hatte ihr an den Kopf geworfen, ihr Mann sei ein Arschloch, dabei kenne ich ihren verstorbenen Mann ja noch nicht einmal.
"Es tut mir leid!", murmele ich und stürme die Treppe ein Stück hinunter, bis mich die Stimme der Frau aufhält.
"Warten Sie doch! Sam scheint eine bedeutende Rolle in Ihrem Leben zu spielen, aber ich kenne den Vormieter leider nicht und weiß nicht, ob er New York verlassen hat oder nur in eine andere Wohnung gezogen ist. Aber wenn Sie wollen, können Sie reinkommen und wir trinken zusammen einen Tee. Vielleicht tut es Ihnen ganz gut, wenn Sie mit einer weiteren Frau sprechen können, die Ihr Problem von außen betrachten kann."
Als ich mich wieder zu ihr umdrehe, sehe ich erneut ihr Lächeln. Wie kann sie immer noch lächeln? Ich habe ihren toten Ehemann beleidigt und sie lächelt weiterhin selig, als wäre nichts gewesen.
Warum kann ich nicht so sein, wie diese Frau? So hübsch, so nett, so zuvorkommend. Na gut, an der Vatersituation meines Kindes würde dies ja leider nichts ändern.
Ich gehe die Treppenstufen zu Sams ehemaliger Wohnung also wieder hinauf. Die Rothaarige lächelt mir aufmunternd zu und hält mir ihre rechte Hand entgegen.
"Ich bin Kimberly und das ist meine Tochter Julie. Komm rein!"
Sie winkt mich hinein und geht dann einfach durch in die Küche. Dort setzt sie Julie auf eine Krabbeldecke, die dort auf dem Boden ausgebreitet wurde.
"Ich bin Sophia", stelle auch ich mich vor und sehe mich in der Wohnung um. Sie ist definitiv farbenfroher eingerichtet als letztes Mal. Letztes Mal, als Sam noch hier gewohnt hat.
"Schön, dich kennenzulernen, Sophia!" Kimberly lächelt immer noch, während sie Wasser in den Wasserkocher fühlt und diesen dann einschaltet. "Welche Sorte Tee trinkst du denn gerne?"
Eigentlich trinke ich überhaupt keinen Tee, sondern nur Kaffee. Aber vielleicht sollte ich meinen Koffeinkonsum während der Schwangerschaft etwas einschränken.
"Einfach irgendeinen Früchtetee", antworte ich also.
"Alles klar. Du kannst dich ruhig auch an die Theke setzen, du brauchst nicht stehen bleiben."
Ich nicke ihr zu, stelle meine Tasche auf dem Boden ab und setze mich dann.
"Es tut mir übrigens leid, was ich eben gesagt habe, Kimberly!", meine ich, während ich verlegen auf meine Fingernägel blicke. Die könnten es auch mal wieder vertragen, geschnitten zu werden.
"Ich glaube nicht, dass du George gemeint hast, also ist alles in Ordnung. Du hast doch diesen Sam gemeint, oder nicht?" Kimberly setzt sich zu mir und stellt die beiden Teetassen vor uns hin.
Ich nicke erneut. "Genau, Sam hat anscheinend vor dir hier gewohnt und ich dachte im ersten Augenblick, er hätte dich mit mir betrogen."
"Ah, verstehe." Kimberly nickt, bevor sie einen Schluck Tee aus ihrer Teetasse nimmt. Ich tue es ihr gleich.
"Übrigens danke für den Tee", lächele ich.
"Kein Problem, ich wollte mir eh einen kochen und da hast du gerade geklingelt. Wenn du mir erzählen willst, was es mit diesem Sam auf sich hat, höre ich dir gerne zu. Wenn du nicht mit mir sprechen willst, ist das natürlich auch völlig okay. Nur manchmal ist es ja vielleicht ganz gut, mit jemand Fremden über gewisse Dinge zu sprechen."
"Danke für das Angebot. Na ja, also Sam und ich haben uns vor etwa 6 Wochen in einem Café kennengelernt. Er hat mir seinen Kaffee ausversehen über die Bluse geschüttet, als wir zusammengeprallt sind. Ich hatte später an dem Tag ein Bewerbungsgespräch und bin wegen dem Kaffeefleck dann natürlich sauer auf ihn gewesen. Er hat mir dann angeboten, mir ein neues Shirt zu geben, weil er in der Nähe wohnte. Ich hab das Angebot angenommen und bin mit zu ihm. Ich weiß wirklich nicht, wie das passiert ist, aber wir haben dann hier miteinander geschlafen. Ich fand ihn irgendwie so anziehend. Normal mache ich das auch nicht, aber Sam war irgendwie anders."
"Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen, Sophia. Mir ging es bei George eigentlich genauso. Beim ersten Date gleich miteinander ins Bett zu gehen, ist normalerweise auch nicht so meins. Aber wie du eben gesagt hast, mit George war es eben anders."
Ich fand es toll, dass Kimberly mich verstand und nicht für verrückt erklärte. Aber das hatte Elia ja auch nicht getan.
"Jedenfalls ist irgendetwas schief gelaufen. Wahrscheinlich hatte ich im Stress der letzten Tage vergessen, meine Pille einzunehmen und das Kondom, was wir benutzt hatten, hat Sam zuvor in seinem Geldbeutel aufbewahrt."
Kimberly verzieht das Gesicht. "Das ist keine so gute Idee."
Ich nicke. "Da hast du recht. Auf jeden Fall bin ich jetzt schwanger und da ich vor Sam Ewigkeiten keinen Sex mehr hatte, muss das Baby von Sam sein. Deshalb hatte ich gehofft, ihn wieder hier anzutreffen..."
Ich nehme wieder einen Schluck von meinem Tee.
"Verstehe. Aber du möchtest das Baby behalten?" Kimberly sieht lächelnd zu Julie.
"Ja, da war ich mir sofort sicher. Eine Abtreibung oder eine Adoption kommt für mich gar nicht in Frage!"
"Schön zu hören." Kimberly lächelt selig. "Kinder zu haben, ist das Schönste."
Ich finde es toll, wie Kimberly über Julie spricht. Trotz des Todes ihres Mannes scheint sie eine starke Frau zu sein.
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Verschütteter Kaffee macht schwanger!
General FictionFür Sophia bedeutete es große Freiheit, dass sie nun endlich 4.000 Kilometer von ihren bestimmerischen Eltern entfernt wohnte und zusammen mit ihrer besten Freundin Elia alles tun konnte, was sie wollte. Doch diese Freiheit hielt leider nur knappe e...