Kapitel 6

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Heißhunger, der [Substantiv] - unbändiger Drang nach Süßem, Salzigem oder Fettigem; kann ein Symptom für körperliche oder psychische Erkrankungen oder hormonelle Veränderungen sein

Ich wachte in der Nacht auf, weil ich solch einen großen Heißhunger hatte. Ich schlug vorsichtig meine Decke zurück und stand bemüht leise auf, um Elia nicht zu wecken. Auf leisen Fußsohlen tapste ich zu der kleinen Koch-Ecke in unserem Wohnheimzimmer. Ich öffnete einen Küchenschrank nach dem anderen und war wirklich erleichtert, als ich eine große Packung Schokokekse fand.

Ich setzte mich zurück auf mein Bett und aß die Packung Kekse auf, während ich auf Instagram herumstöberte. Echt unfassbar, wie fake dort alle sind!

Als die Packung Kekse leer war, hatte ich schließlich aber immer noch Lust, etwas zu essen und ging zurück zum Kühlschrank. Die leere Kekspackung legte ich auf die Arbeitsfläche, weil der Mülleimer laut Quietschen würde, wenn ich ihn öffne. Elia sollte auf keinen Fall wach werden, da sie morgen eine Klausur schrieb.

Im Kühlschrank fand ich noch ein Glas saure Gurken, die ich ebenfalls alle aufaß. Ich weiß echt nicht, wo dieser Mordshunger herkam. Das leere Glas stellte ich auch schlichtweg auf die Arbeitsfläche. Ich würde morgen früh alles wegräumen.

Ich ging noch einmal auf Toilette, putzte meine Zähne erneut und stoß mir natürlich auf dem Rückweg zum Bett erstmal noch den kleinen Zeh am Schreibtisch an. Ich unterdrückte einen Schrei. Wow, tat das weh!

Nach meiner kleinen nächtlichen Wanderung legte ich mich noch einmal schlafen, schließlich hatte ich noch vier Stunden, bis mein Wecker klingeln sollte.

~

Als ich meine Augen öffnete, um meinen Wecker auszuschalten, sah ich Elia schon verwirrt in der Küchen-Ecke stehen. Sie sah auf das leere Gurkenglas und die leere Kekspackung herab. Hoffentlich war sie nicht sauer, weil ich ihre Lieblingskekse alle alleine aufgegessen hatte!

Als Elia meine Decke rascheln hörte, drehte sie sich misstrauisch zu mir um. "Hast du das gestern Nacht alles gegessen?"

Ich nicke müde und schlüpfe in meine Hausschuhe, die vor meinem Bett standen.

"Das ist eine komische Kombi. Du bist schon ein paar Wochen so komisch. Geht es dir gut?" Elia kam zu mir und legte ihre Hand auf meine Stirn. "Temperatur hast du nicht."

"Das hätte ich ja wohl bemerkt!", schnaube ich. Elia setzt sich zu mir auf mein Bett. Sie sieht besorgt aus und ich sehe förmlich die Rädchen in ihrem Kopf rattern. Dann wird sie schlagartig bleich.

"Sophia, hast du mittlerweile eigentlich deine Tage bekommen? Du hast mir doch erzählt, dass du deine Tage nicht wie geplant bekommen hast, nachdem du die Pille dafür wie normal ausgelassen hast", fragt meine beste Freundin vorsichtig nach.

"Nein, immer noch nicht. Deshalb wollte ich ja mal zum Arzt, aber du weißt ja, dass ich keine Zeit gefunden habe!", antworte ich, während ich vor meinem geöffneten Kleiderschrank stehe und mir ein Outfit für heute suchen möchte.

"Vielleicht bist du ja schwanger!", behauptet Elia nun prompt.

Ich lache auf. "Von wem denn?"

"Von diesem Sam, wie lange ist das her?"

"Fast sechs Wochen, aber wir haben verhütet. Ich nehme doch die Pille und er hatte ein Kondom drüber. Ich kann also nicht schwanger sein, Elia."

"Wenn du meinst. Aber dann muss es ja eine andere Erklärung geben, du solltest wirklich zum Arzt."

Ich gebe mich geschlagen und verspreche Elia, mich um einen Termin bei meiner Frauenärztin zu bemühen. Dann schnappe ich mir mein Outfit und verschwinde im Bad, um zu duschen und mich fertig zu machen.

~

Ich bin gerade vertieft in ein Skript, das ich seit zwei Stunden lese, als es an meinem Büro klopft. "Herein!"

Die Tür öffnet sich und Mister Millstone tritt ein. Augenblicklich setze ich mich gerade hin und streiche meine Bluse glatt.

"Oh, hallo. Was kann ich für Sie tun, Mister Millstone?", frage ich nervös.

"Hallo, Miss Garcia", begrüßt mich der Chef und setzt sich auf den Stuhl, der gegenüber meines Schreibtisches steht. Normal sitzt da nur Lindsey, wenn sie zum Quatschen in der Mittagspause vorbeikommt. "Ihr Praktikum ist übermorgen vorbei. Wie hat es Ihnen bei uns gefallen?"

"Ich finde es wirklich super hier. Das, was ich machen durfte, war auch genau das, was ich machen wollte. Für mich hätte es nicht besser laufen können!", antworte ich ehrlich.

"Das freut mich sehr. Ich bin auch sehr beeindruckt von Ihrer Arbeit. Sie lesen am Tag drei Skripte, aber Sie lesen diese wirklich und sehr aufmerksam. Das sieht man an Ihren Zusammenfassungen. Außerdem ist Ihr Urteilsvermögen über die Skripte wirklich gut. Circa 80 Prozent der Buchideen, die Sie in die weitere Lesung gegeben haben, werden tatsächlich auch abgedruckt und verkauft." Mister Millstone nimmt einen Umschlag aus seinem Jackett und übergibt ihn mir.

"Was ist das?", frage ich verwirrt und sehe den CEO kritisch an.

"Öffnen Sie den Umschlag und sehen Sie selbst!", weist mich Mister Millstone verschwörerisch grinsend an. Also öffne ich den Umschlag und hole einen Stapel Papier heraus. Mein Herz stoppt einen kurzen Moment, als ich auf der obersten Seite "Arbeitsvertrag" lesen kann.

"Ich würde Sie nach dem Praktikum gerne übernehmen. Vor ein paar Tagen ist eine studentische Hilfskraft abgesprungen und deshalb ist nun ein Platz für Sie frei. Sie hätten dann dieselben Aufgaben wie jetzt auch und würden drei Tage die Woche nach den Vorlesungen herkommen. Über das Gehalt müsste ich noch einmal drüber rechnen, aber ich gehe im Moment davon aus, dass ich Ihnen monatlich circa 550 bis 600 Dollar zahlen kann."

Ich schlucke und sehe den Chef vermutlich immer noch ungläubig an. "Vielen Dank für das Angebot, ich kann es gar nicht glauben. Darf ich noch ein paar Tage darüber nachdenken?"

"Natürlich, lassen Sie sich Zeit mit der Entscheidung. Kommen Sie dann einfach in meinem Büro vorbei!" Er erhebt sich und geht zur Tür.

"Mache ich, vielen Dank!" Ich lächele nun breit. Das ist ein tolles Jobangebot.

"Machen Sie ruhig Schluss für heute. Sie haben in den letzten Wochen oft Überstunden gemacht, weil Sie so vertieft in die Skripte waren!"

Ich bedanke mich lächelnd und warte mit meinem Freudenschrei, bis Mister Millstone mein Büro verlassen hatte. Ich war glücklich. Aber auch nur so lange, bis ich daran zurückdachte, was ich Elia heute Morgen versprochen hatte. Es war erst 2 pm, vielleicht würde ich noch einen Termin beim Frauenarzt bekommen.

Nach einem kurzen Telefonat hatte ich einen Termin für in einer Dreiviertelstunde und verließ das Büro also für den heutigen Tag.

Dann bin ich mal gespannt, ob und was die Ärztin findet. Nicht, dass ich traurig wäre, dass ich meine Tage nicht mehr bekomme, aber abgeklärt werden sollte es auf jeden Fall. Elia hatte ja schon Recht.

Verschütteter Kaffee macht schwanger!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt