Freudentränen, die [Substantiv] - vor Freude vergossene Tränen
Wie schon so oft sitze ich auf dem geschlossenen Klodeckel und warte sehnsüchtig auf das Ergebnis des Teststreifens, den ich in meinen Händen halte. Samuel sitzt nachdenklich auf dem Rand der Badewanne und lässt seine Fingergelenke knacken. Das tut er jedes Mal, während wir warten und ich weiß auch, dass er mir gleich genau dasselbe sagen wird, wie jedes Mal, wenn der Test negativ ausfällt.
"Malea, wir haben noch so viel Zeit. Wir versuchen es einfach weiterhin und irgendwann funktioniert es." Diese beiden Sätze sagt er jedes Mal und immer bricht es mir aufs Neue ein Teil meines Herzens. Jeder negative Test erinnert mich an den Tod meiner Tochter.
Egal, wie viele verschiedene Firmen für Fruchtbarkeitstests ich schon ausprobiert habe und egal, wie oft mein Verlobter und ich in meinen fruchtbaren Tagen Sex hatten - ich werde verdammt noch mal nicht schwanger.
Es ist wirklich wie verhext. Damals wollte ich nicht schwanger werden und es hat auf Anhieb funktioniert und jetzt, wo wir es uns sehnlichst wünschen, haben wir einfach kein Glück.
Der Timer meiner Armbanduhr beginnt, zu klingeln. Es ist das Zeichen dafür, dass der Test nun endlich ausgewertet sein sollte. Ich stoppe den Alarm und nehme noch einmal tief Luft, um mich auf das negative Testergebnis und einen weiteren Riss in meinem Herzen vorzubereiten.
Doch der Riss bleibt aus. Stattdessen wickelt sich eine warme Decke um mein Herz und scheint alle abgebrochenen Teile wieder zu fixieren.
Ich schlage mir die Hand vor den Mund und lasse meinen Freudentränen freien Lauf.
"Wir werden Eltern, Sam", flüstere ich überwältigt. Sam kommt freudestrahlend zu mir, nimmt mich fest in den Arm und streicht mir liebevoll über den Rücken. Im Anschluss küsst er meinen Scheitel leicht.
Der Moment steckt voller Liebe. In mir drin wächst ein kleines Wunder - unser kleines Wunder.
"Meinst du, wir bekommen für unsere Hochzeit noch einen Termin auf dem Standesamt, bevor ich aussehe wie ein Walross?", fällt mir plötzlich auf und ich löse mich schlagartig aus Sams Armen, um sein Gesicht sehen zu können. Er grinst.
"Ich heirate dich immer. Egal, wann, wo oder wie. Und außerdem sahst du schwanger wunderschön aus. Ich heirate dich auch kugelrund und in einem Kartoffelsack, wenn dir kein einziges Brautkleid mehr passen sollte. Das ist mir alles ganz egal, weil ich dich liebe. Die Hauptsache ist, dass du und unser kleines Wunder bei mir seid."
Ich verdrücke erneut ein paar Tränen und drücke meine Lippen auf Sams.
"Ich liebe dich!", flüstere ich leise gegen seine Lippen und küsse ihn dann direkt erneut.
Dieser Moment ist einfach perfekt.
~
Sam und ich haben einen Termin für unsere Hochzeit vom Standesamt bekommen. Die Vorbereitungen laufen super und heute treffe ich mich mit Elia in einem Brautmodengeschäft. Elia ist extra dafür aus New York angereist, obwohl ich das Kleid auch alleine besorgt hätte. Aber Elia meinte, es wäre schon seit wir klein sind ihr Traum, mit mir "meinen Traum in Weiß" zu finden.
Ich fürchte nur, dass sich das als schwieriger erweist, als wir denken, da ich mittlerweile im vierten Monat schwanger bin und es an der Hochzeit im siebten sein werde. Und ich habe keinen blassen Schimmer, wie so die Auswahl an Umstandsbrautkleidern ist.
Ich stelle den Wagen vor dem Geschäft ab und sehe Elia schon aufgeregt davor stehen und mir zuwinken. So wie ich sie kenne, ist dieser Tag für sie aufregender und bedeutender als für mich.
Nach einer kräftigen Umarmung betreten wir den Laden und werden sofort von einer freundlich lächelnden Verkäuferin in Empfang genommen.
"Hallo, mein Name ist Lessy. Kann ich euch helfen?"
"Hi, meine beste Freundin bräuchte ein Hochzeitskleid", platzt Elia heraus und grinst völlig dämlich. Na klar, brauche ich ein Hochzeitskleid, sonst wären wir wohl kaum in einem Brautmodengeschäft...
"Umstandsmode, bitte", lächle ich freundlich, da ich mir nicht sicher bin, ob Lessy die bisher nur geringe Wölbung unter meinem relativ weiten Top schon bemerkt hat.
"Natürlich, das sollte kein Problem sein. Bitte folgen Sie mir."
Auf dem Weg zur Abteilung der Umstandsmode frage ich Lessy, wie das denn mit den Umstandsbrautkleidern ginge, da mein Bauch bis zur Hochzeit ja vermutlich noch einiges an Umfang zulegen würde und ich schließlich dann noch in mein Kleid hinein passen will.
"Wir können uns mal verschiedene Modelle ansehen." Sie nimmt eines der Kleider von der Stange. "Bei diesem zum Beispiele ist ein Gummizug eingearbeitet worden. Oder bei dem hier ist das Kleid unterhalb der Brust eingeschnitten worden und verläuft ab dort sehr breit und luftig geschnitten, sodass der Schwangerschaftsbauch genug Platz hat."
Nach ein paar Anproben, hormongesteuerten Tränen und einigen Malen Kreischen von Elia habe ich mich für ein Kleid entschieden, es bezahlt und in einen Kleidersack eingepackt bekommen.
"Kommen Sie dann bitte zur finalen Anprobe noch einmal in der Woche vor der Hochzeit vorbei und dann sehen wir, ob alles richtig sitzt mit dem Babybauch, ja?", fragt Lessy. Ich antworte ihr mit einem Nicken und einem Lächeln.
"Oh, bei ihrer ersten Schwangerschaft hatten ihre Brüste auch ganz schön zugenommen. Ich hatte manchmal Angst, dass sie mir ins Gesicht springen, so groß waren die. Also da würde ich mir eher Sorgen machen, dass die nicht mehr ins Kleid passen", lacht Lia und stupst mir neckend in die Seite.
"Du bist echt doof", lache ich und schubse Elia leicht zum Ausgang des Ladens. "Ich danke Ihnen für die tolle Beratung, Lessy. Bis dann."
Dann verlassen wir den Laden. "Manchmal bist du echt unmöglich, Elia."
Elia legt einen Arm um mich, während ich das Kleid im Kofferraum meines Wagens verstaue.
"Und genau deswegen liebst du mich", grinst Lia schelmisch.
"Da hast du wohl Recht", seufze ich und gebe mich einer ordentlichen Umarmung mit Elia hin.
"Jetzt bist du ja fast schon bereit für den schönsten Tag in deinem Leben", flüstert Lia mir ins Ohr und bringt mich damit noch mehr zum Grinsen.
Was wird wohl der schönste Tag in meinem Leben werden? Die Hochzeit mit Sam oder die Geburt unseres zweiten Kindes? Kann man denn mehrere schönste Tage in seinem Leben haben?
Ganz egal, ich werde Sam lieben - in guten, sowie in schlechten Zeiten; an unseren schönsten und an unseren schlimmsten Tagen. Da bin ich mir sicher.
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Verschütteter Kaffee macht schwanger!
General FictionFür Sophia bedeutete es große Freiheit, dass sie nun endlich 4.000 Kilometer von ihren bestimmerischen Eltern entfernt wohnte und zusammen mit ihrer besten Freundin Elia alles tun konnte, was sie wollte. Doch diese Freiheit hielt leider nur knappe e...