Kapitel 8

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nett [Adjektiv] - freundlich und liebenswert, im Wesen angenehm; hübsch und ansprechend, sodass es jemandem gefällt

Mein Herz hämmerte gegen meinen Brustkorb. Ich hatte mich auf die Chef-Etage begeben und stand nun vor dem Büro von Mister Millstone.

Ich wollte ihm mitteilen, dass ich das Angebot, welches er mir gestern gemacht hatte, leider ablehnen musste. Ich kann es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, den Job anzunehmen und dem wirklich netten CEO meine Schwangerschaft vorzuenthalten. Das wäre ungerecht von mir.

Letzte Nacht haben Elia und ich die ganze Zeit gequatscht, bis sie gegen kurz vor vier einfach eingenickt war. Sie hat mir versichert, dass sie mir beistehen und helfen wird, wo sie nur kann. Etwas anderes hatte ich aber eigentlich auch gar nicht von ihr erwartet. Ich weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann.

Elia war auch eigentlich nicht überrascht, als ich ihr das Ultraschallbild gezeigt hatte. Sie war es ja auch, die die Vermutung erst in den Raum stellte.

Jetzt musste ich erst einmal mit Mister Millstone sprechen und danach würde ich mich einer weiteren Mission widmen, die mir Elia auferlegt hatte.

Ich nahm meinen Mut zusammen und klopfte am Büro. Lange musste ich nicht warten, bis ich herein gebeten wurde.

Nachdem ich die Tür geöffnet hatte und eintrat, sah mich Mister Millstone überrascht an.

"Miss Garcia, Sie hatte ich heute gar nicht erwartet!" Er steht auf und kommt zu mir, um mir die Hand zu schütteln. Dann bedeutet er mir, mich zu setzen.

"Lindsey... Eh, Miss Chromea meinte, ich solle einfach durchgehen zu Ihrem Büro, das sei in Ordnung", stammele ich. Warum bin ich bloß so nervös?

"Ist es auch. Was kann ich denn für Sie tun?", lächelt mich Mister Millstone an.

Ich nehme den Arbeitsvertrag aus meiner Tasche und lege ihn vor den CEO auf den Schreibtisch. Mister Millstone sieht mich verwirrt an.

"Haben Sie etwa schon unterschrieben? So schnell hatte ich das gar nicht erwartet..."

"Ich habe nicht unterschrieben." Ich seufze, bevor ich weitersprechen kann. "Hören Sie, das ist wirklich ein super tolles Angebot, aber ich kann es leider nicht annehmen. Ich danke Ihnen trotzdem."

Ich fühle mich unwohl. Ist es unhöflich, wenn ich jetzt aufstehe und das Büro wieder verlasse, ohne auf seine Antwort zu warten? Ja! Deshalb tue ich es nicht.

"Warum nicht? Wer hat Ihnen denn ein besseres Angebot gemacht?", fragt Mister Millstone verdutzt und knetet seine Hände nervös.

"Niemand hat mir ein weiteres Angebot gemacht, Sir. Es ist nur..."

"Was? Über die Bezahlung können wir noch verhandeln, Miss Garcia. Das ist gar kein Problem. Ich bin bereit, Ihnen mehr zu zahlen!" Mister Millstone rauft sich fast schon verzweifelt die Haare. Warum will er mich so unbedingt als seine Mitarbeiterin?

"Das ist es nicht, das Gehalt ist mehr als genug." Ich nehme all meinen Mut zusammen. "Aber ich habe gestern Nachmittag erfahren, dass ich schwanger bin."

"Das ist doch schön! Herzlichen Glückwunsch, Miss Garcia." Der CEO scheint sich wirklich für mich zu freuen. "Aber Sie denken doch nicht ehrlich, dass Ihre Schwangerschaft für mich ein Problem sei, oder?"

Als ich nicht antworte, spricht er lächelnd weiter. "Sie machen hier ja keine körperlich sehr anstrengenden Aufgaben, Sie lesen ausschließlich Skripte. Und bis Sie in Mutterschutz gehen müssten, ist es doch noch eine Weile. Außerdem lassen Skripte sich auch super von Zuhause aus lesen, finden Sie nicht?"

Liebe Presse, schreiben Sie sich hinter die Ohren, dass der CEO des Random House Verlags der netteste und korrekteste Kerl ist, den ich je getroffen habe!

~

Nachdem ich meinen Arbeitsvertrag doch noch unterschrieben hatte und nun sogar mit Will Millstone per Du bin, machte ich dann auch Feierabend für heute. Schließlich musste ich noch meine zweite Mission in Angriff nehmen, die Elia mir heute Nacht auferlegt hatte.

Das Kind sollte nicht ohne Vater aufwachsen müssen. Deshalb rief ich mir den Weg vom Vanilla Gorilla Café zu Sams Wohnung in Erinnerung und stand tatsächlich nach nur einem Mal falsch abbiegen vor der Wohnungstür. Ich war mir ziemlich sicher, dass es diese Wohnung sein musste.

Die Fußmatte, die vor der Wohnung auslag, war mir bei meinem ersten Besuch hier gar nicht aufgefallen. Vielleicht musste Sam einfach mal frischen Wind in die Bude bringen.

Auf dem Klingelschild stand der Name "Murphy". War das nicht ein irischer Nachname? Sam Murphy. Passt irgendwie nicht zu ihm.

Malea-Sophia Murphy. Das hört sich auch nicht gerade berauschend an. Da wird Sam im Falle einer Hochzeit wohl meinen Namen annehmen müssen!

Sam Garcia. Klingt schon besser!

Bevor meine Gedanken noch weiter abschweiften, nahm ich meinen Mut für diesen Tag erneut zusammen und drückte das Klingelschild ein Stück ein, bis ich den Ton aus dem Inneren der Wohnung hören konnte.

Ich weiß nicht, was mir lieber ist - wenn Sam da ist und ich mit ihm reden kann oder wenn er nicht da ist.

Mir rutscht das Herz in die Hose, als die Tür sich öffnet. Aber da steht nicht Sam, sondern eine wunderschöne, nett lächelnde, rothaarige Frau, die ein Kleinkind auf dem Arm hatte.

Für mich brach eine Welt zusammen. Sam hatte mit mir wohl also doch seine Frau betrogen, wie es scheint. Von mir und unserem Kind wird er dann wohl nichts wissen wollen.

Mir stiegen Tränen in die Augen.

Adieu, kleine heile Familie meiner Träume!

Verschütteter Kaffee macht schwanger!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt