Kapitel 1

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Kaffee, der [Substantiv] - schwarzes, psychotropes, koffeinhaltiges Getränk, das aus gerösteten und gemahlenen Kaffeebohnen (den Samen der Frucht der Kaffeepflanze) und heißem Wasser hergestellt

"Mach's gut! Wenn etwas sein sollte oder du mich brauchst, ruf' mich an, ja?"

Ich sah Elia mahnend an, die mit einer knallroten Nase und glühenden Wangen in ihrem Bett lag. Sie sah wirklich nicht gut aus! Ich weiß nicht, welchen und wo sie sich dieses Virus eingefangen hat, aber es war eine gute Idee, wenn sie heute im Wohnheim blieb und sich ausruhte.

Deswegen machte ich mich heute ausnahmsweise alleine auf, um mir vor der Vorlesung noch einen Kaffee in Manhattan zu holen. Wohlbemerkt den besten Kaffee in ganz New York. Für ihn lohnten sich die drei Meilen, die ich jeden Morgen und manchmal auch noch einmal mittags zum Vanilla Gorilla Café lief.

Meine beste Freundin Elia trank lieber Tee als Kaffee, aber sie kam trotzdem immer mit, weil sie den Barista süß fand.

Elia und ich kannten uns praktisch schon immer und gingen zusammen durch alle Phasen unseres bisherigen Lebens. Manchmal waren wir uns so ähnlich, dass es schon gruselig wurde. Wir sind vor knapp einem Jahr zusammen aus Los Angeles weggegangen, weil wir die Welt erleben wollten. Außerdem wollte ich nach dem Highschool-Abschluss so schnell wie möglich weit weg von meinen nervigen Eltern.

Deshalb war der Tag, an dem Elia und ich jeweils unsere Zusagen von der New York University erhalten hatten, der schönste in meinem ganzen Leben. Denn diese Zusage bedeutete für mich endlich die große Freiheit. Klar, ich liebe meine Eltern auch irgendwie über alles, aber sie sind so dermaßen anstrengend und meinen, alles besser zu wissen.

Für Elia war es am Anfang schwer, ihre beiden kleinen Brüder und ihre Eltern in LA zurück zu lassen. Sie hatte eine wirklich tolle Familie, in der ich zum Glück auch jederzeit willkommen war und bin.

Vor kurzem hat hier nun unser zweites Studiensemester begonnen und ich war heilfroh, dass Elias und mein Zimmer im Wohnheim der University für das neue Semester nicht neu vergeben wurde. Wir hatten wirklich großes Glück, dass wir dieses gemeinsame Zimmer bekommen hatten.

Ich zog die Tür unseres Zimmers hinter mir zu und schulterte meine Tasche. Ich sah die Sonnenstrahlen schon durch die Fenster des Gebäudes fallen, was mir augenblicklich ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Ich hatte im Gefühl, dass heute ein guter Tag werden würde, auch wenn ich ein bisschen Bammel hatte, weil Elia heute nicht an meiner Seite sein konnte.

Ich ließ die großen und langen Treppen im Inneren des Wohnheimes hinter mir und verließ das riesige Gebäude. Einige Studenten - wahrscheinlich die Frühaufsteher - machten sich schon auf zum Campus, doch ich bog rechts ab.

Bevor ich in die Vorlesung gehen konnte, musste ich meinem Lieblingscafé noch einen Besuch abstatten. Wenn ich meinen morgendlichen Kaffee nicht bekam, war meine Aufmerksamkeitsspanne gleich null. Diese braune Brühe war praktisch mein Lebenselexier, denn ohne sie ging bei mir wirklich gar nichts.

Ich machte mich also auf den Weg zum Coffeeshop und beobachtete währenddessen meine Umgebung: Den hektischen Verkehr, die hupenden Autos, die gelben Taxis, die rasenden Fahrradfahrer. Es wunderte mich wirklich, dass ich in dieser Stadt noch keine Zeugin eines Unfalls zwischen Fahrrad und Auto geworden war.

Während ich so durch die Stadt lief, machte ich mir Gedanken über meinen heutigen Tag. Nach meiner letzten Vorlesung hatte ich einen Termin bei einem Verlag. Ich hatte mich bezüglich eines Praktikums, was ich dieses Semester absolvieren musste, dort beworben und war anscheinend in die engere Auswahl der Bewerber gekommen. Sonst würden sie mich doch heute Mittag nicht sehen wollen, oder? Eine Absage hätten sie mir ja auch einfach schriftlich mitteilen können.

Mein Termin war auch der Grund dafür, warum ich mich heute etwas herausgeputzt hatte. Ich trug einen schwarzen Rock, der mir etwa bis zu den Knien ging, eine weiße Bluse und einen grauen Blazer. An meinen Füßen befand sich das Schuhwerk, dass ich eigentlich immer trug: Meine ausgelatschten, aber heißgeliebten, schwarzen Ballerinas.

Ich war definitiv kein Fan von hohen Schuhe, bei denen einem die Füße augenblicklich höllisch weh taten. Wenn hohe Schuhe eine Arbeitsbedingung sein sollten, musste ich das Praktikum wohl oder übel ablehnen und mir etwas Anderes suchen. Zur Feier des Tages hatte ich tatsächlich auch ein dezentes Makeup aufgelegt, wobei Elia mich dirigiert hatte.

Um eine Ecke bog ich schließlich noch und dann war ich am Vanilla Gorilla Café angekommen. Ein Mann, der das Café gerade verließ, hielt mir die Eingangstür auf, wofür ich ihm lächelnd dankte und das Gebäude betrat. Die Schlange vor der Theke war heute zum Glück nicht allzu lang, sodass ich nicht lange warten musste, bis ich bei Logan angekommen war.

"Hey, Sophia! Wie immer?", fragte er grinsend. Wie jeden Morgen erwiderte ich seinen Gruß und seine Frage dann mit einem Nicken. Er machte sich ans Werk und stellte mir währenddessen eine Frage, die mich nicht wirklich überraschte. "Wo hast du denn Elia gelassen? Normal seid ihr doch unzertrennlich."

"Elia liegt krank im Bett. Ich weiß nicht, was sie sich eingefangen hat, aber sie sah heute Morgen gar nicht gut aus!", beantwortete ich Logans Frage. "Bist du etwa traurig, dass du sie heute nicht siehst?"

Logan, der meine Neckereien bezüglich Elia gewohnt war, schüttelte nur grinsend den Kopf. Dann stellte er mir meinen Kaffeebecher, den ich mitgebracht hatte, wieder vor die Nase. "Das macht dann 4 Dollar!"

"Weiß ich doch!", erwiderte ich, während ich in meinem Geldbeutel kramte. Ich sollte mir dringend einen Job suchen. "Danke, hier. Stimmt so!" Ich legte Logan einen 5-Dollarschein hin. Er konnte ja schließlich nichts für meine Geldnot und verdiente sein Trinkgeld wirklich.

"Danke dir! Richte Elia alles Liebe von mir aus!"

"Mach ich, bis morgen!" Ich lächelte ihn ein letztes Mal an, nahm meinen Kaffeebecher und verließ das Café. Oder sagen wir besser, ich wollte es verlassen. Jedoch stoß plötzlich ein großgewachsener Mann mit mir zusammen und sein Kaffee lief an meiner weißen Bluse herunter.

Ein Hoch auf meinen dicht verschlossenen Thermobecher, aus dem kein Tropfen Kaffee verloren ging. Den könnte sich dieser Typ echt auch mal zulegen!

Verschütteter Kaffee macht schwanger!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt