Kapitel 12

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Frustration, die [Substantiv] - Gefühl der Enttäuschung und der Machtlosigkeit (das eintritt, wenn ein erwartetes, geplantes oder erhofftes Geschehen, Ereignis o. Ä. ausbleibt oder völlig anders als vorgesehen verläuft)

Ich zwänge mich gerade in eine Hose, als es an meiner Zimmertür klopft.

"Komm ruhig rein!", rufe ich. Sam hat mich ja eh schon nackt gesehen und eigentlich ist auch alles bedeckt, ich kämpfe nur noch damit, die Hose zu zubekommen. Mein Bauch wird immer größer und größer, deshalb muss ich dringend wieder ein paar neue Klamotten shoppen gehen. Irgendwie bringt mir die Umstandsmode auch nicht wirklich viel, habe ich das Gefühl.

Die Tür öffnet sich und Sam schneit herein. "Hey, bist du fertig?"

Ich schüttele frustriert den Kopf und seufze. "Nein, die Hose geht mal wieder nicht zu! Das ist doch alles scheiße!"

Ich setze mich verzweifelt auf mein Bett. Sam setzt sich zu mir und legt eine Hand auf meinen Bauch. "Prinzessin, du kannst so langsam aufhören, zu wachsen. Sonst wird deine Mama ganz aggressiv, weil sie nichts mehr zum Anziehen findet."

Ich finde es süß, wie er mit unserem Baby spricht. Sam ist der vollen Überzeugung, dass es ein Mädchen wird, aber wir wissen es noch nicht. Eigentlich wollten wir uns überraschen lassen, wollen es jetzt aber doch schon vorher wissen. Wir haben in fünfzehn Minuten einen Kontrollultraschalltermin und müssten eigentlich schon längst im Auto sitzen, aber ich bekomme einfach keine einzige Jeans mehr zu.

Sam konnte mich dann doch dazu überreden, eine Jogginghose zu tragen, obwohl ich eigentlich nicht im Chillerlook zum Frauenarzt wollte. Er konnte mich überzeugen, es doch zu tun, da ich mit Sicherheit auch nicht die einzige schwangere Frau sei, die in nichts mehr hineinpasse. Da hat er womöglich schon wieder Recht - so wie eigentlich immer.

~

Wenig später sitzen wir also schon in einem Behandlungsraum meiner Frauenärztin und warten auf diese.

"Es wird ein Mädchen, ich hab das so im Gefühl!", grinst Sam schon wieder über beide Backen.

Ich will ihm gerade etwas antworten, da kommt die Ärztin schon. Dann werden wir gleich Gewissheit über das Geschlecht unseres Babys haben!

Sie begrüßt uns freundlich und bittet mich dann, mich auf die Liege zu legen und meinen Babybauch freizumachen. Nebenbei stellt sie mir noch einige Fragen zu meinem Wohlbefinden und Ähnlichem.

Sie beginnt mit dem Ultraschall und sieht sich die erscheinenden Bilder genau an.

"Es ist alles in Ordnung mit dem Baby, sieht alles gut aus."

"Super!", freut sich Sam neben mir. "Und welches Geschlecht hat es?"

"Hm..." Die Ärztin bewegt weiterhin den Schallkopf über meinen Bauch. "Es liegt gerade ungünstig, aber ich meine, dass ich bei den letzten Untersuchungen gesehen habe, dass es ein Mädchen wird. Einen Moment, vielleicht bewegt sie sich ja noch ein Stückchen..."

Tatsächlich dauert es nicht lange, das Baby strampelt kurz und die Ärztin drückt schnell den Knopf auf dem Gerät, um das Bild aufzunehmen und auszudrucken.

Gleichzeitig zeigt sie auf den Bildschirm des Geräts. "Sehen Sie, hier ist die Vagina Ihres Kindes. Herzlichen Glückwunsch, Sie bekommen eine gesunde Tochter!"

Die Ärztin lächelt, während sie mir Tücher gibt, um meinen Bauch abwischen zu können.

Während ich das tue, sehe ich zu Sam, der fasziniert auf den Bildschirm des Ultraschallgeräts blickt. Es ist nicht meine erste Untersuchung, bei der er dabei ist, aber es scheint ihn ein bisschen aus der Bahn zu werfen, dass wir tatsächlich ein Mädchen bekommen.

Ich setze mich auf und ziehe mein Shirt wieder runter. Es werden noch einige Daten in meinen Mutterpass eingetragen und wir bekommen vorne am Schalter einen neuen Termin, bevor wir wieder nach Hause fahren können.

Sam hat sich mittlerweile wieder gefangen und lächelt nur noch, während er uns sicher durch den New Yorker Verkehr manövriert.

"Was hälst du davon, wenn wir nachher über ein paar Namen sprechen und morgen ins Möbelhaus und in den Baumarkt fahren, um Sachen für das Kinderzimmer zu besorgen?" Sam scheint jetzt schon Feuer und Flamme zu sein, also stimme ich lächelnd zu.

"Aber du bist doch nicht böse, wenn ihr Zimmer nicht pink oder rosa wird, oder? Ich finde dieses Ganze, dass Mädchen pinke Sachen und Jungen blaue Sachen bekommen, total doof..."

"Sehe ich genauso. Was hälst du davon, wenn ihr Zimmer in verschiedenen Blautönen gestrichen wird und die Einrichtung vielleicht dann so Richtung Mintgrün und Gelb geht?"

"Klar, wir können ja mal schauen, was wir bekommen!", stimme ich zu.

Vielleicht ist das ja gar keine so schlechte Idee! Ein bisschen "rebellisch" sollte man immer sein. Und was ist das überhaupt für eine blöde Gewohnheit und Ansicht der Gesellschaft, dass man Geschlechtern Farben zuordnet?

Verschütteter Kaffee macht schwanger!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt