Kapitel 29

128 8 0
                                    

Artikel, der [Substantiv] - detaillierte, schriftliche Darstellung eines objektiven aktuellen Geschehens

Ich bin gerade vertieft in ein sehr tolles Manuskript, als mein Diensthandy klingelt.

'Harry Millstone' steht in dicken Buchstaben auf dem Display geschrieben. Sofort nehme ich den Anruf mithilfe des grünen Hörers an und schalte den Lautsprecher meines Telefons an.

"Sophia, hallo!", begrüßt mein Vorgesetzter mich freudig.

"Hallo, Sir. Was kann ich für Sie tun?", frage ich und nehme anschließend einen Schluck Kaffee.

"Der Artikel von Samuel Adams ist eben erschienen. Haben Sie ihn schon gelesen? Er ist fantastisch!", schwärmt Millstone.

"Wirklich? Das freut mich. Ich werde mir den Artikel gleich ansehen", verspreche ich und knibbele nervös an meinen Fingernägeln. Ich habe Sams Schreibstil immer gemocht.

"Wissen Sie, ich kenne Samuel schon länger. Er hat früher in New York gelebt und dort schon Artikel über unseren Verlag geschrieben. Er hatte eine schwere Zeit, es ging ihm gar nicht gut und er ist nach Seattle umgezogen. Aber ich bin froh, dass er sich wieder so gefangen hat und nun sogar Chefredakteur ist."

Mir verschlägt es die Sprache. Samuel 'hatte eine schwere Zeit'.

"Ich weiß", seufze ich. "Ich kenne Samuel auch."

"Wirklich? Das ist ja ein toller Zufall. Dann muss ich mir ja keine Gedanken mehr über Pressemitteilungen aus Seattle machen", lacht Millstone. "Waren Sie befreundet in New York?"

"Nein, Sir. Erinnern Sie sich daran, dass ich vor fünf Jahren meine Tochter bei der Geburt verloren habe? Samuel ist ihr Vater und wir waren damals zusammen - bis er abgehauen ist."

"Oh, Sophia, entschuldigen Sie, wenn diese Frage zu privat war. Samuel hat nie mit mir über private Angelegenheiten gesprochen, deshalb wusste ich nie, warum es ihm so schlecht ging", erzählt Millstone.

"Und mit mir hat er nie gerne über seine Arbeit gesprochen. Deshalb wusste ich bis vorgestern nicht, dass Samuel für unseren Verlag Artikel schreibt."

"Herein!", höre ich Millstone am anderen Ende der Leitung rufen und weiß schon, dass es nicht für mich bestimmt war. "Sophia, tut mir leid, ich muss auflegen. Lindsey hat mir gerade gesagt, dass ich gleich einen Termin reinbekommen habe. Ist es denn ein Problem für Sie, mit Samuel zusammen zu arbeiten?"

"Nein, natürlich nicht. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!"

Mir blitzen Bilder von gestern in meinem Kopf hervor. Nein, es ist definitiv kein Problem für mich, mit Sam zusammen zu arbeiten...

"Das wünsche ich Ihnen auch, Sophia. Bis dann!" Schon tutet es nur noch in der Leitung.

Ich öffne sofort den Browser und rufe Sams Artikel über den Pitch auf. Schon beim ersten Satz des Artikels, in dem er meinen Namen erwähnt, überkommt mich ein wohliger Schauer und ich versinke im Lesen.

~

Immer noch verzaubert von den Buchstaben, die Sam in solch tolle Folgen gebracht hat, suche ich im Internet nach einer Telefonnummer, mit der ich zur Seattle Times durchdringen kann.

Dann greife ich zum Hörer meines Bürotelefons und wähle diese Nummer. Gespannt warte ich, bis das Tuten erloschen ist.

"The Seattle Times, Sie sprechen mit Shondra de la Clarke. Was kann ich für Sie tun?", fragt mich eine sehr nette Stimme.

"Guten Tag. Hier ist Sophia Garcia vom Penguin House Verlag. Ich möchte gerne mit Samuel Adams sprechen."

"Oh, es ist mir eine Ehre, mit Ihnen zu telefonieren, Miss. Sind Sie nicht zufrieden mit dem Artikel über Ihren wahnsinnigen Projekt-Pitch?", fragt mich die Dame aufgeregt.

Verschütteter Kaffee macht schwanger!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt