Kapitel 5

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Sie schlug ihre rehartigen Augen auf. Kastanienbraun trafft auf Haselnussbraun. Einen Moment lang sahen wir uns wortlos an und es schien magisch.

Doch dann weiteten sich ihre Pupillen und Wasser trat in ihre Augen. Sie wich von mir weg und suchte den Raum flüchtig nach einem Ausgang ab. Sie sah nur die Kajütentür, die ich mit einem Stuhl versperrt hatte, damit die anderen Piraten nicht hier hineinplatzten. Für sie musste es sich so ansehen, als wollte ich sie festhalten. Als sie keinen anderen Ausgang mehr finden konnte rollte sie sich in ihre Decke ein und begann leise zu schluchzen.

Jetzt war ich ehrlich gesagt ziemlich überfordert, denn ich hatte damit gerechnet, dass sie mich anschrie oder angriff. Mit weinenden Frauen hatte ich schon immer meine Probleme. Bis heute hatte ich noch nicht herausgefunden, wie ich in solchen Situationen am besten handeln sollte. Ich rutschte etwas näher zu ihr und begann ihr über den Rücken zu streichen. Wenn man es genau nehmen wollte, streichelte ich einen runden Haufen Decken. Ich konnte nur hoffen, dass sich an dieser Stelle auch ihr Rücken befand. Unter der Decke regte sich nichts. Ich wusste nicht ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war. Aber sie rückte nicht mehr von mir weg, daher sollte ich es wahrscheinlich als einen Erfolg ansehen. Ach, warum war ich nur so unsicher im Umgang mit Frauen? Ich wünschte Elizabeth wäre jetzt hier und könnte mir helfen. 

"Hey Kleines, warum weinst du? Ich will dir nichts tun. Du bist hier in Sicherheit!" Keine Reaktion. Doch da kam mir ein Gedanke.

"Hast du vielleicht Hunger? Wie wäre es, wenn ich dir etwas Feines zu essen holen würde?" Ich konnte eine leichte Bewegung unter der Bettdecke ausmachen, das wie ein Kopfnicken aussah.

So machte ich mich auf den Weg in die Schiffsküche um ihr eigenhändig eine Köstlichkeit anzurichten. Ein flaues Gefühl im Magen hatte ich schon, als ich sie so alleine in meiner Kabine liess, aber ich war mir sicher, dass sie noch zu schwach war, um hier nach unten zu laufen. 

Nach gut etwa einer Stunde hatte ich alles beisammen. Als Snack bereitete ich Tintenfischringe an einer Rumsauce vor. Zur Hauptspeise hatte ich noch eine Schweinskeule von Tortuga, die ich gekocht habe und dazu gab es Kartoffeln und etwas Kohl. Als Nachspeise konnte sie mich gerne vernaschen. Nein, das war natürlich nur Wunschdenken. Stattdessen schnitt ich eine zuckersüsse Mango auf und beträufelte sie mit wenig Kokosmilch. Jetzt musste ich nur noch hoffen, dass sie das alles mögen wird. 

Als ich mit den Speisen in den Händen im Türrahmen meines kleinen Reiches stand, durfte ich erstaunt feststellen, dass sie aufrecht in meinem Bett sass und mich auf Schritt und Tritt beobachtete. Ihre Tränen hatte sie weggewischt, stattdessen leuchteten nun ihre Augen. Kaum vorstellbar, wie starken Hunger sie haben musste. Wahrscheinlich trieb sie Tage- oder Wochenlang auf dem Meer herum und konnte froh sein, dass sie nicht verdurstete. Ich stellte die Speisen auf einen kleinen Holzhocker neben dem Bett und gab ihr mit einer Handbewegung das Zeichen, dass sie sich gerne bedienen durfte.

Zuerst beäugte die das Essen skeptisch, doch als sie den Duft roch, konnte sie nicht mehr widerstehen und griff nach einer Kartoffel, um diese mit Heisshunger zu verschlingen. Ihr musste schmecken, was sie ass, denn als nächstes griff sie zu einem Stück Schweinefleisch. Ich grinste leicht, so wie es aussah, hatte ich gut gekocht. Aber langsam merkte ich auch, wie mein Magen knurrte und ich beschloss einen Tintenfischring zu probieren. Zu meinem Erstaunen schmeckte er sogar ziemlich gut. Wir assen eine Weile aber als mein Hunger gestillt war, konnte ich nicht mehr warten. Ich musste sie einfach fragen.

"Wie konnte ich dein Vertrauen gewinnen? Du weisst nicht wer ich bin und was ich mit dir vorhabe?"

"Du hast ja keine Ahnung, natürlich weiss ich wer du bist, Jeder weiss das. Du bist Captain Jack Sparrow, Besitzer der Black Pearl. Ich bekam als Kleinkind schon zu hören, dass man sich vor dir fürchten soll. Doch du hast recht, ich weiss nicht, was du von mir willst, oder was du mit mir machen wirst. Aber was ändert das an der Situation? Wenn du mich töten willst, dann kannst du das tun, denn es wird mich Niemand retten kommen. Der Einzige, der mich retten kann bist du!"

"Es ehrt mich sehr zuhören, dass man sogar auf der Black Butterfly über mir redet. Auch kann Ich dich beruhigen und sagen, dass ich nicht vorhabe, dich zu töten, eher würde ich dich retten. Trotzdem möchte ich gerne wissen, welchen Namen diese schöne Dame trägt, die gerade eine Mango auf meinem Bett auslöffelt." Ich sah sie grinsend an. Diese Frau faszinierte mich. Wie sie mit ihrer Einfachheit so schön sein konnte. 

Bei meinem Kompliment errötete sie leicht, was aber nichts an der Standfestigkeit ihrer Antwort änderte. "Mein Name ist Milena Smith, aber bitte nenn mich einfach Milena." Ich nickte und fragte dann: "Milena, wie kommt es dann, dass du so alleine und bewusstlos auf dem Meer treibst?" 

"Du hast es schon gesehen. Ich komme von der Black Butterfly, aber ich bin nicht nur ein Crewmitglied, sondern die Piratenprinzessin. Mein Vater ist der Captain der Black Butterfly. So weit ich mich erinnern kann, hat uns ein französisches Schiff angegriffen. Sie hatten mehr Besatzung und viel stärkere Waffen. Aus dem Hinterhalt und ohne Vorwahrnung haben sie auf uns geschossen, wir hatten kein Chance. Irgendwann ging unser Schiff brennend unter. Ich konnte mich an einem Stück Holz festhalten und wurde auf das offene Meer getrieben. Nach einiger Zeit wurde ich bewusstlos, weil ich keine Kraft mehr hatte und plötzlich erwachte ich hier, bei dir. Es grenzt an ein Wunder, dass ich noch lebe, doch ich habe keine Ahnung was mit all meinen Freundinnen passiert ist. Aber vor allem vermisse ich meinen Vater! Jack, ich muss wissen ob er noch lebt oder nicht, ich muss ihn finden." Sie war den Tränen wieder viel zu nahe, aber zu meinem Glück konnte sie sich zusammenreissen. Ich mochte sie gerne, aber ich besass auch nicht die Geduld, sie den ganzen Tag lang zu trösten. 

Ich hörte ihr wortlos zu und nickte gelegentlich. Sie gähnte inzwischen, doch ich musste das ganze zuerst noch verarbeiten. Dass die Black Butterfly nun auf dem Grund des Meeres weilte waren sehr interessante Nachrichten für die Piratenwelt. Milena tat mir trotzdem sehr leid. Sie hatte ihre ganze Familie verloren und musste sich schrecklich fühlen.

Als ich mich zu ihr umdrehte, sah ich , wie sie wieder auf der Decke lag, in die sie sich vorher gewickelt hatte. Ihre Augen waren geschlossen, ich verfiel kurz in Panik, da ich dachte, sie wäre wieder bewusstlos. Doch ich merkte schnell, dass sie nur schlief und so zog ich sie von der Decke herunter, damit sie auf dem Lacken der Matraze lag. Sie erwachte kurz und grummelte vor sich hin, aber schnell war sie wieder in ihre Träume versunken. Eine Zeit lang musste ich Milena einfach beobachten. Sie war so friedlich und wunderschön wenn sie schlief. Ich spürte wie mein Herz seit langem wieder etwas wärmer wurde. Milena war einfach was Besonderes und das musse ich sofort gespürt haben, sonst hatte ich sie meinen Matrosen überlassen. Mein Gefühl sagt mir, dass zwischen uns eine Verbindung ist, die ich vorher noch nie hatte und auch nicht kannte. Diese Verbindung machte mir Angst aber gleichzeitig erfüllt sie mich auch mit so viel Glück. Nicht mal als ich das Aztekengold gefunden habe, war ich so glücklich. Für sie würde ich alles tun, damit sie glücklich und sicher war. 

Ich deckte sie leicht zu und zündete eine Kerze an, damit sie sich orientieren konnte, wenn sie aufwachte. Dann strich ich sanft über ihre Wange und flüsterte:

"Ich werde dich für immer beschützen mein Engelchen."  Und verliess leise die Kajüte.

The Curse of Love || Captain Jack Sparrow FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt