Kapitel 11

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Wir waren nun mehrere Tage unterwegs und Milenas Stimmung ging richtig den Bach hinunter. Sie war längst nicht mehr so gut gelaunt, wie am Anfang der Reise. Ich vermutete, das es die Angst war, die ihre Stimmung so bedrückte. Vielleicht kam auch noch der wachsende Druck und die Nervosität hinzu. Es kam vor, dass sie ohne Grund begann, herumzuschreien und völlig ausser sich zu sein. In solchen Momenten nahm ich sie wortlos in die Arme und das genügte häufig schon, um sie zu beruhigen. Manchmal weinte sie dann trotzdem noch an meiner Schulter bis mein Hemd durchnässt war, und ich ihre Tränen auf meiner Haut spüren konnte.

Sobald sie sich wieder beruhigt hatte, tat sie immer so als wäre nichts geschehen und lief wortlos davon. Ein Dankeschön wäre natürlich nicht angebracht. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, sie sei schwanger. Doch dass sie ein Kind von mir in sich trug, konnte ich zum Glück ausschliessen. Das sollte nicht so klingen, als fände ich es nicht schön, aber es käme gerade ziemlich ungelegen.

Heute war es besonders dramatisch. Mittlerweile sind wir ziemlich weit in das frühere Gebiet der Black Butterfly gesegelt. Nun kommen ihr sehr viele Erinnerungen, die sie recht oft  überwältigen.  Am Vormittag stand sie am Bug und schaute aufs offene Meer. Plötzlich zeigte sie stumm und mit weit aufgerissenen Augen auf eine kleine Insel. Ich geriet kurz in Panik, da ich dachte, hinter der Insel lauert Gefahr, da bracht Milena kurzerhand neben mir zusammen. Nachdem ich den ersten Schreck überwunden hatte, hob ich sie hoch und trug sie in meine Kajüte. Dort legte ich sie in mein Bett und deckte sie zu. Mit einem Stofffetzen, den ich in kaltes Wasser getränkt hatte, wischte ich ihr übers Gesicht, bis sie wieder zu sich kam. Dann gab ich ihr einen Schluck Wasser und fragte sie, was so Schlimmes geschehen war.

"Meine Eltern heirateten auf dieser kleinen Insel. Eine traumhaft schöne Kulisse! Ich war noch zwar noch ganz klein, vielleicht drei oder vier Jahre alt, aber ich kann mich noch ganz genau an den Tag erinnern."

"Willst du es mir erzählen?" fragte ich sie sanft. Ich wollte sie nicht schon wieder weinen sehen und ging darum ganz vorsichtig mit ihr um. Sie nickte und begann zu erzählen.

"Es war ein wunderschöner Tag. Die Sonne, der Himmel und das Meer waren so blau, dass es schien, als würden sie ineinander verschmelzen. Es ging eine sanfte Briese. Angenehm eben. Ich kann mich gut daran erinnern, wie mich meine Mutter immer wieder in den Arm genommen hat und sie mich glücklich ans sich drückte. Sie sang eine Melodie, die sie selber erfunden hatte und tänzelte vor Vorfreude mit mir im Raum herum. Damals verstand ich natürlich noch nicht, weswegen meine Mutter so glücklich war. Ich wusste aber dass sie glücklich war, und so war ich es auch. Auch konnte ich mich noch an das Kleid meiner Mami erinnern. Ein weisses, neutrales Kleid in einer A-Form. Dazu trug sie einen mit Diamanten besetzten Haarreif. Mein Vater hingegen trug nur ein weisses Baumwollhemd mit weissen Hosen. Er wollte meiner Mutter die Show nicht stehlen. Beide sahen fabelhaft aus und ich glaube, ich habe sie zuvor noch nie so glücklich gesehen, wie an diesem Abend. Aber kurz nach Sonnenuntergang begann der Horror. Ein feindliches Piratenschiff griff uns an. Wir waren natürlich nicht auf ein Kampf vorbereitet gewesen. Wir gaben alles und kämpften um unser Leben, doch in dieser Hochzeitstag verloren wir Mom. Das brach meinem Vater das Herz. Nach dieser Nacht war er nicht mehr derselbe Mann. Er musste ständig kämpfen. Wenn nicht um sein Leben, dann in seinem Innern gegen die Dämonen. Wir fielen beide in eine Depression, doch ich wusste, wie ich mit meiner umzugehen brauchte. Immer wenn es mir nicht gut ging, konnte ich singen und danach ging es mir besser. Ich hatte das Gefühl, dass ich nur frei atmen konnte, wenn ich sang. Vielleicht sollte ich das auch wieder einmal probieren. Nun ja, ich schweife ab. Heute sind wir an dieser besagten Insel vorbeigesegelt und alle Erinnerungen und Emotionen kamen wieder in mir hoch. Tut mir echt leid."

Ich nickte verständnisvoll und streichelte ihr zaghaft über den Rücken.

"Und Jack, ich muss dir noch was sagen."

"Ja, ich höre dir zu..."

" Ich habe Angst. Ich glaube, ich hatte selten so die Hosen voll im meinem ganzen Leben!"

Ich lachte und meinte danach:"Das habe ich gemerkt. Vor was hast du dann genau solche Angst?

"Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, ich habe am meisten Angst zu erfahren, dass mein Vater tot ist. Ich will nicht das Papa tot ist! Sonst bin ich doch ganz alleine hier." flüsterte sie ganz weinerlich und hilflos.

"Du bist doch nicht alleine, schliesslich bin ich doch bei dir. Milena, eines kannst du dir sicher sein, ich werde dich nie mehr allein lassen." Ich drückte sie fest an mich und genoss die Nähe. Die ganzen restlichen Stunden sassen wir auf meinem Bett und redeten über Gott und die Welt. Das tat uns Beiden sehr gut.

The Curse of Love || Captain Jack Sparrow FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt