Kapitel 25

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"Ja Dad, ich bin es!" schluchzte Milena und stürzte sich in die offenen Arme ihres Vaters. Von meiner Position aus sah ich, wie beide von ihren Schluchzern erschüttert wurden. Nur ich stand nutzlos umher und konnte keinen der beiden trösten. Ich liess ihnen einen Moment, um sich zu begrüssen und als sie sich voneinander lösten, räusperte ich mich. Als Milenas Vater bemerkte, dass seine geliebte Tochter nicht alleine gekommen war, legte er sofort die Arme schützend um sie. Ich signalisierte ihm, dass er keine Angst um seine Tochter haben musste und ging einige Schritte auf ihn zu, bis ich ihm die Hand reichen konnte. Anstatt meine Hand zu schütteln, spuckte er mir frech vor die Füsse. Ich sah ihn entgeistert an, doch sein Blick war so hasserfüllt und voller Zorn, als hätte ich seine Tochter direkt vor seinen Augen ermordet. Das hatte ich natürlich nicht vor und das sollte er auch wissen, denn schliesslich hatte ich ihm seine Tochter heil zurückgebracht. Was also hatte er gegen mich, obwohl ich noch nicht mal ein Wort gesagt hatte? Ich sah Milena an, sie wich meinem Blick aus und sah betreten zu Boden. Sie wusste, was hier läuft und hatte es nicht für nötig empfunden, mich vorher zu warnen. Na, vielen Dank auch. 

"Ich möchte nicht unhöflich sein und mich gerne vorstellen. Mein Name ist Captain Jack Sparrow und..." aber weiter kam ich nicht. Mr. Smith baute sich vor mir auf, er war bestimmt einen halb Kopf grösser als ich, und begann mich, in einer Affenlautstärke anzuschreien. 

"Ich weiss, wer du bist, du verdammter Mistkerl. Wieso kannst du nicht einfach meine Familie in Ruhe lassen? Lass gefälligst deine dreckigen Pfoten von meiner Milena und verschwinde. Ich möchte dich in meinem ganzen Leben nie wiedersehen!" Diese Worte spuckte er mir förmlich ins Gesicht. Wenn die Situation nicht so ernst gewesen wäre, hätte ich mich vor lachen nicht mehr halten können. Was wollte dieser Mann von mir? Ich hatte ihm oder seiner Tochter kein Haar gekrümmt und er hatte so eine enorme Wut auf mich. In meinem Kopf ratterte es, doch ich fand keinen plausiblen Grund dafür. Dann war es sein Problem und nicht meins. Als Mr. Smith merkte, dass er mit seinen Worten bei mir nichts erreichen konnte, wandte er sich an Milena. 

"Habe ich dich nicht nicht jeden Tag meines Lebens, vor diesem Piraten gewarnt? Habe ich dir nicht gesagt, du darfst dich auf keinen Fall mit ihm einlassen oder ihm auch nur zuhören? Habe ich dir nicht all die Geschichten über diesen grausamen Mörder erzählt? Und was machst du? Du wirfst dich ihm an den Hals. Wahrscheinlich lässt du dich auch noch von ihm vögeln. Bist du zu mir zurückgekommen, um mich zu demütigen? Ach Milena, du bist doch so naiv." beschimpfte er nun seine Tochter, die er noch wenige Minuten davor weinend im Arm gehalten hatte. Dieser Typ hatte echt einen Knacks. Milena wich langsam vor ihrem Vater zurück, konnte es aber nicht lassen, ihm zu widersprechen. 

"Lass das Vater! Hör auf so über ihn zu sprechen, obwohl du ihn nicht kennst. Er hat mir das Leben mehr als ein Mal gerettet und mich stets liebevoll behandelt. Es hat mir an nichts gefehlt und er hat mir geholfen, dich zu finden, Dad. Ja, naiv war ich mal, doch jetzt sehe ich die Welt aus einer andere Perspektive und so gefällt sie mir viel besser. Ich kann auch nichts dafür, dass du deine Probleme und Gefühle im Alkohol ertränkst und dabei depressiv wirst. Seit Mom weg ist, bist du nicht mehr derselbe Mensch." warf Milena ihrem Vater an den Kopf. Ich war gerührt von ihren Worten, doch ihr Dad schäumte nun vor Wut. Ich wich nochmals ein Stückchen weg von ihm. In diesem Zustand war jeder Mensch unberechenbar. 

"Sprich nicht über Mom! Du hast ja keine Ahnung!" schrie er und stürzte sich auf seine Tochter. Sie wollte ausweichen, war aber zu langsam. Er nahm ihren Kopf in beide Hände und schüttelte ihn wie verrückte. Jetzt reichte es mir. Ich stürmte auf den Vater zu, stiess in von Milena weg und stellte mich zwischen die Beiden. Dann konnte ich mich ebenfalls nicht mehr beruhigen und schrie Milenas Vater ins Gesicht:

"Jetzt hören Sie mir zu Mr. Smith. Sie werden sich sofort beruhigen und ich werde Sie an einen Baum binden müssen. Was fällt Ihnen ein, gegen ihre Tochter handgreiflich zu werden? Milena war krank vor Sorge um Sie. Sie konnte nächtelang nicht schlafen und hat viel geweint. Als wir erfahren habe, dass Sie noch leben, haben wir uns sofort auf den Weg nach Frankreich gemacht. Ich habe mir gefreut, den Vater dieser wunderbaren Frau kennenzulernen, doch wie ich feststellen muss, bin ich vergebens um die halbe Welt gesegelt. Ich verstehe nicht, was Sie gegen mich haben, aber ich kann damit leben. Machen Sie mir und sich einfach den Gefallen und lassen Sie Milena aus dem Spiel. Sie können froh sein, eine Tochter wie sie zu haben. Behandeln Sie sie auch so!", Mr. Smith wollte schon wieder seinen Mund öffnen, "halt, ich bin noch nicht fertig. Ich möchte Ihnen noch sagen, dass ich Ihre Tochter über Alles liebe und ihre Abscheu gegen mich, das nicht ändern kann." Ich hatte Mr. Smith alles gesagt, was ich sagen wollte. Es tat gut es auszusprechen und auf eine mysteriöse Weise hatte es Mr. Smith beruhigt. Er hatte mir nicht geantwortet, doch das erwartete ich auch nicht. Nun stand er ganz ruhig da, die Augen weit in die Ferne gerichtet. Physisch war er anwesend, psychisch aber sicherlich nicht. 

Ich nahm Milena an der Hand und führte sie zu einem kleinen Feldvorsprung. Ich musste dringend alleine mit ihr sprechen. Nun waren wir einige Meter von der Hüttenruine und Milenas Dad entfernt und ausser Hörweite. 

"Was zu Hölle war das gerade eben? Wieso ist dein Vater so wütend auf mich? Hast du davon gewusst?" Die Fragen brannten mir auf der Zunge. Milena fuhr beruhigend über meinen Arm, doch das brachte auch nichts. Das Einzige, was mich beruhigen konnte, waren Antworten. "Es tut mir leid, dass er so ausgerastet ist. Normalerweise ist er ein friedlicher und lieber Mensch, doch du scheinst ihm einfach ein Dorn im Auge zu sein. Er wird nur so emotional, wenn es um meine Mutter geht. Aber was er gegen dich hat, weiss ich nicht. Seit ich klein war, warnte er mich vor dir. Immer hat er mir Gruselgeschichten über dich erzählt. Natürlich weiss ich jetzt, dass du nicht so bist, wie er es immer erzählt hat." Sie sah traurig aus, aber das was sie sagte, machte mich wütend. "Wieso hast du mir nicht schon vorher gesagt, dass er mich so hasst? Dann hätte ich mich darauf vorbereiten können oder wäre unten im Dorf geblieben." Betroffen schüttelte sie den Kopf. "Aber ich wollte doch, dass er dich kennenlernt. Ich dachte, ich könnte ihm dein wahres Gesicht zeigen, sodass er seine Meinung für ein und alle mal ändert." Ach, meine Milena. Ich zog sie an mich und legte meinen Kopf auf ihren. Sie seufzte zufrieden und kuschelte sich an mich. Die Sonne verschwand langsam hinter den Tannen und es wurde kühler. Bevor der letzte Sonnenstrahl hinter dem Hügel verschwand, stand mein Entschluss fest. Ich hatte hier bei Milena und ihrem Dad keinen Platz. Ich gehörte hier nicht hin und das spürten alle beteiligten. Noch eine Nacht würde ich hier draussen schlafen und dann machte ich mich wieder auf den Weg zur Pearl und meiner Crew. Milena durfte mit mir mitkommen, wenn sie das wollte, doch mein Bauchgefühl sagte, mir dass sie hier bei ihrem Vater bleiben wird. Ich konnte es ihr nicht verübeln. 

Ich hatte mir ein kleines Nachtlager unter einer der Tannen eingerichtet. Ich wollte keines Falls mit Mr. Smith unter einem Dach schlafen. Er hatte es mir auch gar nicht angeboten, deshalb blieb mir nichts anderes übrig, als es mir hier gemütlich zu machen. Es roch gut und war angenehm kühl. Um einiges besser als in der Fischerhütte letzte Nacht. Lediglich Milena fehlte noch. Sie hatte sich noch nicht entschieden, wo sie schlafen wollte. Aber ich würde es ja merken, wenn sie sich zu mir gesellte. Die Müdigkeit überrollte mich wie eine Lawine und ich war im nu eingeschlafen.

Ich wurde von einem Rütteln geweckt. Es war stockdunkel. Vor mir atmete eine Person schnell. Der Mond erschien und ich erkannte Milenas blasse Gesichtszüge. Ihre Augen waren geschwollen und ihre langen Wimpern nass. Sie musste geweint haben. Sofort setzte ich mich auf. 

"Was ist passiert Prinzessin? Wieso hast du geweint?" Sie sah mir nur verstört in die Augen. Dann sagte sie etwas, was mein Herz brechen liess.

"Jack, du hast meine Mutter getötet."



The Curse of Love || Captain Jack Sparrow FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt