Kapitel 8

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Meine Milena ist weg, schoss es mir durch den Kopf. Mein Puls raste in die Höhe, mein Atem ging schneller. Die Tatsache, dass Gibbs höchstwahrscheinlich bei ihr war, machte das ganze noch schlimmer. Er hatte sie entführt. Der Alptraum, von dem ich am Strand noch gesprochen habe, war wahr geworden. Die Männer, die im Kreis um mich standen, sahen mich ratlos an. Sie horchten auf Anweisungen von mir. 

"Habt ihr Milena und Gibbs gesehen? Sie sind nicht mehr hier! Sucht das ganze Gelände gründlich ab. Sobald ihr etwas sieht oder hört, will ich es sofort wissen! Angelica und der stärkste Mann meiner Crew will ich bei mir haben..."rief ich bestimmend.

Doch weiter konnte ich nicht sprechen, denn ich wurde von einem Schrei unterbrochen, der aus der Tiefe des Dschungels drang. Sofort wusste ich wer geschrien hatte. Es war Milena. Zwar hatte ich sie noch nie schreien gehört, aber ich kannte ihre Stimmlage. Ich konnte beobachten, wie die Piraten sofort in alle Richtungen ausströmten, um Milena und Gibbs zu suchen. Nun standen nur noch Angelica, ein Muskelprotz und ich an der Stelle vor der Falltür. Es war so schade. Eben noch freute ich mich so über den Fund des Rumes und jetzt musste ich mich um ein viel grösseres Problem kümmern. Ich konnte mich gar nicht richtig freuen. Aber jetzt hatte Milena die höchste Priorität. Passend dazu fragte mich der Muskulöse:

"Glaubst du, Gibbs wird ihr weh tun? Ehrlich gesagt traue ich ihm das gar nicht zu." Meine Nackenhaare stellten sich auf, bei dem Gedanken, was Gibbs alles mit Milena anstellen könnte. 

"Robert, so heisst du doch? Ich möchte mir das gar nicht vorstellen! Ich will sie einfach gesund wieder bei mir haben. Klar soweit? Lass und jetzt aufbrechen." 

"Ich gebe Jack Recht. Wir sollten noch nicht den Teufel an die Wand malen. Wir werden sie finden. " meinte Angelica, " Ich glaube der Schrei kam von dort drüben." sie deutete nach Norden.

Ich war erstaunt über Angelicas Antwort. Normalerweise war sie eher zickig und sehr unkooperativ. Wir liefen los und wanderten sicher einen halben Kilometer, als wir plötzlich ein Rascheln im Gebüsch neben uns hörten. Sofort zog ich meine Pistole und richtete sie auf das wackelnde Gesträuch. Von Hinten kam Angelica und schob mich frech beiseite. Sie bog die Äste auseinander und wir hielten alle drei die Luft an.

Doch zum Vorschein kam nur ein kleines Wildschwein, dass uns genauso schockiert anstarrte, wie wir es ansahen. Auf einmal sprang es, wie von der Tarantel gestochen auf, und lief zwischen den Büschen davon. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich ihm folgen sollte und so rannte ich wie ein Gestörter dem Schwein hinterher. Mir war ziemlich egal, was die anderen Beiden von mir dachten und ob sie mir folgten oder nicht. Schliesslich hörte ich aber wie es hinter mir keuchte und stampfte und ich ging davon aus, sie rannten mir hinterher. Wir irrten durch das Unterholz und ich hatte die Hoffnung schon fast verloren. Betrug mein Bauchgefühl mich? Das kam so gut wie nie vor. Auf meinen Bauch war Verlass. Das merkte ich auch, als wir wenige Augenblicke später auf eine Lichtung traten. Ich sah mich um und konnte einige herunter geknickte Äste und Zweige entdecken. Auch frische Schuhabdrücke konnte ich erkennen. Hier musste kürzlich Jemand gewesen sein. Oder vielleicht war er immer noch hier.

"Jack! Roberto! Kommt mal her. Ich habe Gibbs gefunden!"

Sofort stürmte ich zu Angelica und auch Roberto folgte mir. Gibbs lag vor den Füssen von Angelica. Er hatte die Augen geschlossen und an der Stirn eine dicke, blaue Beule. Dies zauberte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen, denn ich wusste, das musste das Werk von Milena gewesen sein. Auch Angelica pfiff anerkennend durch die Zähne und Roberto nickte beeindruckt. Ich war mir sicher, in Zukunft zeigten sie mehr Respekt vor Milena. Vielleicht war es dann endlich vorbei mit den elenden Pfeiffkonzerten, wenn sie übers Deck ging. Ich werde dafür sorgen. Fürs erste war ich aber sehr zufrieden mit meiner kleinen Kämpferin und auch unglaublich stolz auf sie. 

Jetzt musste ich sie nur noch finden, um ihr das auch persönlich zu sagen. In der ganzen Angst um sie ist mir nochmals klar geworden, wie wichtig sie mir war und welche Gefühle sie in mir auslösen konnte. Ich schwor mir, dass wenn ich sie lebend und gesund wiederfand, werde ich sie in einem geeigneten Augenblick küssen.

Wir beschlossen, dass Roberto beim bewusstlosen Gibbs blieb, dass er nicht abhaute, falls er wieder zu sich kam. Angelica und ich machten uns auf den Weg. Von weitem hörten wir ein Plätschern und diesem Geräusch folgten wir. Nach einiger Zeit gelangten wir an einen Wasserfall und schon von weitem hörte man ein Wimmern. Sobald ich die zierliche Gestalt und die langen, braunen Haare von Milena sah, sprang ich in den Fluss, um schnell zu ihr schwimmen zu können. Ich hatte die Strömung und den Wasserwiderstand eindeutig unterschätzt. Schon nach einigen Metern brannten meine Muskeln und ich war ausser Puste. Einzig und alleine meine Willenskraft sorgte dafür, dass ich erschöpft am anderen Ufer ankam. 

Als ich wieder bei Kräften war und die Augen öffnete, sah ich Angelica, die neben mit stand und hönisch grinste. Ich merkte, dass sie nicht klatschnass war wie ich, sondern volkommen trocken. Langsam setzte ich mich auf und musste ärgerlicherweise feststellen, dass einige Meter weiter, ein Baumstamm über den Fluss führte. Ich war so auf Milena fixiert, dass ich ihn gar nicht sah. Manchmal war ich so ein Idiot.

Da nahm ich Milenas Schluchzen wieder war und ich sprang auf um sie gleich in die Arme zu schliessen. Sie zuckte zusammen und wehrte sich zuerst, doch als sie merkte, dass ich es war und nicht Gibbs, entspannte sie sich wieder. Ihr weinen wurde stärker und ich drückte sie fest an mich, streichelte ihren Rücken und flüsterte beruhigende Worte. Schnell fing sie sich wieder und hatte aufgehört zu weinen. Ich war selber etwas stolz auf mich, weil wie es schien, wurde ich mit jedem Mal besser im trösten. Langsam löste sie sich von mir und begann stockend zu erzählen, was geschehen war.

"Jack, du musst mir glauben. Ich bin nicht abgehauen! Mr.Gibbs hat mich einfach gepackt, als wir in Richtung Falltür gelaufen sind. Er hat mir seine schmutzige Hand auf meinen Mund gepresst, damit ich nicht um Hilfe rufen kann. Ich bekam fast keine Luft mehr. Dann hat er mich in den Dschungel geschleppt und auf einer Lichtung abgeladen. Mit einem Stick hat er mich an eine Palme gefesselt und seine ekligen Lippe auf meine gepresst. Ich wollte das alles doch gar nicht! Zum Glück zog er die Fesseln nicht genug fest an. Ich konnte mich befreien und eine naheliegende Kokosnuss an seinen Schädel hämmern. Dann bin ich bis hier her geflüchtet." Sobald sie sich wieder an alles erinnern musste, stiegen die Tränen erneut in ihre Augen. Auch mir kamen die Tränen. Diesmal aber aus reiner Wut. 


The Curse of Love || Captain Jack Sparrow FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt