Seit meiner Audition waren zwei Jahre vergangen. Aria und Ich sind von Newcastle nach London umgezogen. Sie hatte mir versichert, dass sie mich niemals alleine lassen würde und ich glaube es ihr.
Sie hatte angefangen zu arbeiten während ich einen YouTube Channel erstellt hatte. Da mein Laptop mir alles vorliest, war es auch einfach, so etwas zu erstellen. Mittlerweile hatte ich schon über 10 Songs gecovert und viele lobten mich.
Es gibt immer Leute, die einen beleidigen, aber durch das werde ich nur stärker. Ich hatte mich verändert. Ich wurde stärker. Ich wurde selbstbewusster. Ich wurde unabhängiger. Aria kann mich alleine zuhause lassen, denn ich war vertraut mit der Gegend.
Ich saß gerade an unserem Esstisch und räumte mein Geschirr weg, als es plötzlich klingelte. Verwundernd ging ich zur Tür, denn wir erwarteten niemanden. Langsam öffnete ich die Tür und hoffte, dass die Person, die davorstand, bald reden würde.
„Ehm bin ich richtig bei Bella Edwards?“ fragte mich eine männliche Stimme. Ich kannte sie. Irgendwann hatte ich sie schon einmal gehört.
„Wer sind sie?“ fragte ich unsicher. Was ist, wenn er mich entführen will oder ein kranker Stalker der mich jetzt vergewaltigen will? Meine Beine fingen an zu zittern. Vorsichtig griff ich nach dem Baseballschläger den ich immer an die Tür gestellt hatte, denn man wusste nie, wer einmal vor der Tür stand.
„Du brauchst keinen Baseballschläger um mich zu KO zu schlagen. Ich soll dir im Namen der Musikuniversität Londons ein Angebot machen“ erklärte er mir und ich zuckte zusammen. Was war denn jetzt los? Spielen die mit mir versteckte Kamera nur weil ich nichts sehen kann?
„Kann ich reinkommen?“ fragte er mich wieder und ich zitterte wie verrückt. Warum wollte er hier rein? Wieso wollte er in mein einziges Versteck vor der grauenhaften Welt da draußen?
Die Welt, die ich so gerne sehen wollte, verletzte mich immer und immer wieder. Immer wieder kamen Menschen zu mir und beleidigten mich. Sie verspotteten mich und zerstörten mich. Sie brachten mich innerlich um. Es war, als würden sie mir mein erz beim lebendigen Leibe heraus reißen und mich zu Tode quälen.
„Hey, du brauchst keine Angst vor mir zu haben“ versuchte er mich zu beruhigen. Er nahm vorsichtig meine Hände in seine, woraufhin ich stark zusammen zuckte.
„Du bist ja ganz schön schreckhaft“ lachte er und wollte eintreten aber ich schubste ihn leicht weg.
„Geh“ flüsterte ich und mir stiegen Tränen in die Augen. Ich wollte nicht, dass mich noch jemand verletzt. Ich wollte nicht noch einmal alles durchmachen wie damals. Damals, als ich in Newcastle zu einer Audition aufgetreten war. In Newcastle, wo mich jeder verspottet hatte. Niemand bewertete mich nach der Musik und so würden sie es auch hier tun. Sie würden sehen, dass ich blind war. Sie würden mich verletzen. Immer und immer wieder.
„Hey, ich soll dir nur eine Einladung zu einer Audition geben“ versuchte er mich wieder zu beruhigen. Er nahm meine Hand und legte in sie einen Brief. Es war Papier, das knisterte sobald es in Berührung mit meiner Hand kam.
„Geh jetzt“ flehte ich schon fast und trat zurück. Ich wollte nicht, dass er noch länger hier war. Ich wollte nicht, dass er mich verletzt sah.
„Ich hoffe du kommst. Es würde mich freuen. Du kannst wundervoll spielen Bella“ flüsterte er schon fast und ging wieder. Ich schloss schnell die Tür und sank auf meine Knie. Mein Geist der Vergangenheit hatte mich mal wieder eingeholt. Ich wollte nicht zu einer Audition. Nicht schon wieder. Ich wollte es nicht.
Mir rannen Tränen der Verzweiflung übers Gesicht, ich wollte einfach nur noch meine Ruhe haben. Es interessierte eh keinen ob ich etwas sehen würde oder nicht, es geht nur darum mich mit diesem Fakt wieder zu verletzen.
DU LIEST GERADE
Blind Music
Teen Fiction„Du bist nicht meine Tochter" waren die letzten Worte meines Vaters, als er mich im Krankenhaus liegen sah. „Du bist hässlich und wirst nie etwas zustande bringen" waren die letzten Worte meines großen Bruders, die er mir an den Kopf knallte, als i...