The new Girl

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Tatsächlich kamen sehr viele Studenten nach der Stunde zu mir, und fragten, wie ich dazu kam, Musik zu studieren. Es war, laut ihnen, eine Neuheit. Ich berichtete mit einem Grinsen auf dem Gesicht, dass ich schon Gitarre spielte, als ich vier war und das bis jetzt liebte.

Chris stellte mich ein paar seinen Freunden vor: Jessi, die gerade wie er und ich neu auf die Uni kam, Toni, der schon im Abschlussjahr ist, und auch Chris großer Bruder ist, Kay, der im dritten Semester studierte und Leah die mit Kay zusammen studierte. Alles in Allem waren sie alle ziemlich nett, und sie waren auch lustig. Man merkte ihnen gar nicht an, dass sie nicht wussten, dass ich blind war. Denn sie wussten es, dank Chris, schon, bevor ich überhaupt aufgetaucht war.

„Chris hatte uns schon gar nicht mehr in Ruhe gelassen, weil er aus dem Häuschen war, dass er die neue Blinde betreuen darf. Er ist echt ein netter Kerl" hatte sein großer Bruder gesagt. Daraufhin hatte ich nur gelächelt. Ich musste ja nicht erzählen, dass ich schon so jemanden kannte: Louis.

Er würde heute wieder bei uns sein. Er wollte mich unbedingt darüber ausquetschen wie mein erster Tag an der Uni war. Bei dem Gedanken musste ich grinsen. Er war so fürsorglich und auch wenn wir einen schlechten Start hatten, so war unser Verhältnis jetzt total eng und vertraut.

„Hey Bella, warum grinst du denn so?" fragte mich Chris, der mir gerade die Hand auf die Schulter legte. Er holte mich so aus meinem Tagtraum auf und ich zuckte etwas zusammen. Man hörte Kay im Hintergrund lachen und ich lachte einfach mit. Plötzlich verstummte jegliches Lachen und alle, auch Chris, wurden still. Was war denn los?

Ich hörte ein verstärktes Klackern von Absätzen auf dem Steinboden und ging nur davon aus, dass eine Dozentin auf dem Weg zu uns war.

„Oh Hallo Chris" hörte ich eine quietschende Stimme sagen. Wie sich schon die Stimme anhörte. Ich sah zu dem Punkt, wo die Stimme herkam und sah eine große dünne Silhouette, die vor uns stand. Ich sah sogar die Absätze ihrer High-Heels.

„Wer ist denn das?" fragte diese quietschende Stimme wieder und ich sah wie sie den Arm ausstreckte und wahrscheinlich auf mich zeigte, denn ihr Finger richtete sich in meine Richtung. Sofort verstärkte sich der Griff um meine Schulter und ich spürte, dass Chris sich unglaublich angespannt hatte. Selbst mein Herz pochte dadurch schneller und ich hörte meinen Herzschlag schon fast in meinen Ohren. Meine Hände wurden nass und ich bekam Angst. War das seine Freundin? Ich wollte nicht zwischen einer Beziehung stehen.

„Dera, was willst du denn noch von mir?" fragte Chris herablassend. Okay, sie war schon einmal nicht seine Freundin.

„Was meinst du denn damit Chrissilein?" fragte sie total schüchtern. Ich hoffe, dass man die Ironie hört. Bei dem Namen Chrissilein musste ich lospusten. Es war einfach nur kindisch jemanden hinterher zu rennen, der einen sowieso schon abgeschossen hat und außerdem war der Name total kindisch und peinlich.

„Was hast du denn da zu Lachen du Schlampe?" fragte diese Dera plötzlich mich und mein Herzschlag beschleunigte sich. Schlampe. Dieses Wort weckte Erinnerungen an eine Zeit, die ich lieber vergessen wollte.

Meine Mutter öffnete die Tür zu unserem Zuhause und führte mich in das Haus. Es war ungewohnt still hier, und die Tatsache, dass ich nichts sehen konnte, macht die Situation auch nicht besser. Ich hatte die Hoffnung, dass mein Bruder mich akzeptieren würde, auch wenn es mein Vater nicht tat. Er hatte mir schon im Krankenhaus deutlich gemacht, dass ich für ihn gestorben sei. Auch meine Mutter war nicht begeistert, doch ich hatte immer noch die Hoffnung, dass wenigstens er mich akzeptierte.

„Wo ist die Schlampe?" schrie plötzlich die Stimme meines älteren Bruders herunter. Ich hatte noch immer die Hoffnung, dass er nicht mich meinte, doch als seine Silhouette vor mir erschien und er mir in die Haare griff und gewaltsam zu Boden riss, verpufften meine letzten Hoffnungen.

Blind MusicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt